Stauraum
Mit der Radverordnung 2013 wurde die Transportkiste jedoch offiziell anerkannt. Ich selbst fühlte mich beim Kindertransport mit dem Lastenrad stets wohler als mit einem Anhänger (die Kinder sind dort für den Fahrenden nicht sichtbar, der Anhänger wird von Autofahrern manchmal zu spät wahrgenommen) oder mit einem Hochsitz (Kippgefahr wegen des hohen Schwerpunkts). Vor allem aber konnte man Schultaschen, Wasserbälle, ja sogar Roller oder die Kleinräder der Kids auf dem Weg zum Park oder Spielplatz noch in die Kiste packen.
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Der Anblick solcher Kleintransporter sollte sich in den Folgejahren ins Wiener Stadtbild einschreiben, zumindest dort, wo Jungfamilien, Grünflächen und ein Gelände ohne allzu große Steigungen dem Lastenradverkehr entgegenkommen. Ein starkes Auf und Ab bremst dann doch die Fahrfreude, insbesondere, wenn man (wie meine Familie) über keinen E-Antrieb verfügt. In der Leopoldstadt, wo laut Wiens Mobilitätsagentur seit dem Start im Herbst 2022 die meisten Lastenrad-Förderungen beantragt wurden, ist das eher kein Problem, ebenso wenig in der Brigittenau, wo ich lebe. Doch auch in Wien-Landstraße, in Ottakring oder der Donaustadt stieg zuletzt die Nachfrage.
Seine Stärke
Doch der Lastenrad-Aufschwung hat nicht allein mit der Eignung der Gefährte als Kinderkutsche zu tun: Denn auch wenn der Nachwuchs gar nicht vorhanden oder wie ein meinem Fall der Kiste entwachsen ist, erweist sich das Gerät als großartiger Begleiter für das Leben in der Stadt. Seine Stärke liegt dort, wo Wege fürs Auto zu kurz, zu Fuß, mit dem gewöhnlichen Fahrrad oder mit Öffis aber mühsam zu bewältigen sind.
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Das typische Beispiel ist der Wochenendeinkauf, den ich seit Jahren mit dem Lastenrad bewältige. Bei einer vierköpfigen Familie übersteigt die zu transportierende Menge (inklusive Pfandflaschen etc.) meist das Volumen, das sich mit Trolley durch die Gassen ziehen lässt. In der Lastenrad-Kiste ist es kein Problem – dass es im Auto bequemer sei, nehme ich den Personen, die parkplatzsuchend um Märkte und Supermärkte kreisen, leider nicht ab.
Bio im SUV
Und natürlich ist da das ökologische Argument: Man kann noch so sehr auf Regionalität und Bio-Produktion achten – wenn das Einkaufssackerl mit dem SUV nach Hause fährt, ist die Klimabilanz trotzdem fatal. Wie der Verkehrsclub Österreich 2015 errechnete, sind 80 Prozent aller Einkaufsfahrten mit dem Auto kürzer als fünf Kilometer, jeder zweite Einkauf ist leichter als fünf Kilo – und doch werden unnötig viele mit dem Auto erledigt. Bei einem Korb Bio-Waren, der in der Herstellung 2,5 kg CO2 verursacht, wird die doppelte Menge (5 kg) ausgestoßen, wenn ein 5-km-Weg zwischen Markt und Heim mit dem Auto zurückgelegt wird. Das Lastenrad verursacht: null.
Trotzdem würden viele nie auf so ein Rad steigen. Manchmal sprechen Gelände oder Verkehrslage dagegen. Manchmal ist es die Assoziation mit einem links-grünen Milieu, die manchem Selbstverständnis widerspricht. Es gibt aber schlimmere Dinge, als als Bobo abgestempelt zu werden. Etwa, im Sommer in Wien im Stau oder vor aufgelassenen Öffi-Stationen zu stehen, wenn man nur kurz noch einkaufen wollte.
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