Konflikt unter Kollegen eskaliert: Prozess um schwere Nötigung in Wien

Um das Arbeitsklima in einer Supermarkt-Filiale in Wien-Rudofsheim-Fünfhaus dürfte es bis vor wenigen Wochen nicht zum Besten bestellt gewesen sein. Eine Mitarbeiterin und deren Lebensgefährte mussten sich am Mittwoch am Landesgericht wegen schwerer Nötigung verantworten. Der 42-Jährige soll dem stellvertretenden Filialleiter aufgrund eines Konflikts mit der 31-Jährigen ein Stanley-Messer gegen den Bauch gedrückt und den 27-Jährigen mit dem "Abstechen" bedroht haben.
Ausgangspunkt des Ganzen war ein Fehlbetrag von rund 900 Euro im Tresor, in dem die Tageseinnahmen der Supermarkt-Filiale gelagert waren. Auf die 31-Jährige fiel offenbar der Verdacht, sie könnte das Geld an ihrem letzten Arbeitstag - sie wurde in eine andere Zweigstelle versetzt - an sich genommen haben. Als sie am 9. Jänner 2025 angerufen, in ihre "alte" Filiale bestellt und dort mit der Verdachtslage konfrontiert wurde, wies sie die Anschuldigungen zurück und rief danach ihren Freund an.
Der rückte wenig später erbost an und konfrontierte den stellvertretenden Filialleiter mit den aus seiner Sicht ungerechtfertigten Vorwürfen gegen seine Freundin. Dabei soll er laut Anklage ein Stanleymesser gezückt haben, nachdem ihm die 31-Jährige "Schatz, da ist er!" zugerufen hatte. Der 27-Jährige wurde laut Anklage mit angesetztem Messer aufgefordert, er solle zugeben, er habe das Geld aus dem Tresor genommen.
Angeklagte nicht geständig
"Ich war schon ein bisschen angefressen auf ihn, weil sie so oft geweint hat wegen ihm", schilderte der Angeklagte dem Gericht. Seit Wochen habe der Jüngere seine Freundin drangsaliert: "Sie leidet drunter. Er hat so eine Einstellung, Frauen haben nichts zu sagen." Er und seine Partnerin hätten angenommen, der 27-Jährige stecke hinter dem Diebstahlsverdacht, was an den Haaren herbeigezogen sei: "Es hat nie ein Euro gefehlt in keinem Geschäft, in dem sie je gearbeitet hat." Ein Stanley-Messer habe er zwar dabei gehabt, als Elektroinstallateur brauche er das "zum Kabeldurchschneiden". Gedroht habe er damit aber nicht.
Ihr früherer Arbeitskollege - die Angeklagte arbeitet mittlerweile fix in einer anderen Filiale - habe sich womöglich vor ihrem Partner gefürchtet, weil dieser "gehetzt" spreche, meinte die 31-Jährige: "Er hat das Problem, dass ihm leicht der Sauerstoff ausgeht. Wenn er redet, auch vom Gesichtsausdruck her, kann es sein, dass jemand glaubt, dass er böse ist. Wir können aber nichts dafür, wie wir ausschauen und wie laut unsere Stimmen sind."
Zeuge verwickelte sich in Widersprüche
Der 27-Jährige behauptete als Zeuge, er habe "das Messer an meinem Bauch gespürt." Er verwickelte sich in seiner Befragung jedoch in Widersprüche und rückte von seinen ursprünglichen Angaben teilweise erheblich ab. Außerdem zeigte sich, dass er offenkundig auf die Ex-Kollegin nach wie vor nicht gut zu spreche ist: "Sie hat die Arbeit nicht richtig gemacht. Sie hat einmal die Waren nicht eingeräumt. Sie hat sieben Stunden nichts gemacht."
Am Ende wurde das angeklagte Paar mangels hinreichender Beweislage im Zweifel freigesprochen. Die Anklagevertreterin gab dazu vorerst keine Erklärung ab. Die Freisprüche sind daher nicht rechtskräftig. Hinsichtlich des fehlenden Geldbetrags ist derzeit bei der Staatsanwaltschaft noch kein Ermittlungsverfahren anhängig.
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