Nach Messerattacke bei Rechtsanwalt: Kanzlei erhöht Sicherheitsvorkehrungen

Ganz unscheinbar liegt das grüne Tor, etwas nach hinten versetzt, zwischen einem Kleidungsgeschäft und einem Café. Seit Montagnachmittag aber stehen die Geschehnisse, die sich hinter diesem grünen Tor zugetragen haben, im Zentrum des Interesses – zumindest im Grätzl rund um den Rochusmarkt in der Landstraße.
Im Innenhof hinter diesem Tor kam es am Montag gegen 15.15 Uhr nämlich zu einem Angriff: Ein 53-Jähriger soll einer Mitarbeiterin der dort ansässigen Anwaltskanzlei zuerst einen Faustschlag versetzt, die 56-Jährige anschließend ins Stiegenhaus verfolgt und dort mehrfach mit einem Messer auf sie eingestochen haben.
Zustand stabil
Trotz schwerster Verletzungen konnte sich das Opfer in die Kanzlei retten, wo eine Kollegin die Polizei alarmierte. Die Frau wurde notfallmedizinisch versorgt und anschließend ins Krankenhaus gebracht. Ihr Zustand war zunächst lebensbedrohlich, am Dienstag wurde aber bekannt, dass sie stabil ist.

Ein Foto von dem grünen Tor am Montagabend nach der Tat
Der Verdächtige dagegen flüchtete nach der Tat zunächst. Am Abend fahndete die Polizei mit einem Lichtbild nach dem Mann. Nur wenige Stunden nach der Attacke wurde der Mann aber bereits entdeckt, als er sich seiner Wohnung in Wien-Landstraße näherte. Er wurde festgenommen.
"Es war viel Polizei da"
Vom Großeinsatz, der sich am Tag zuvor ereignet hat, merkt man am Dienstagvormittag am Tatort vor der Kanzlei nichts mehr. In dem Café rechts neben dem grünen Tor herrscht wieder reger Betrieb. Die Kellnerin erzählt, während sie Cappuccini vorbereitet, vom Vorfall. Zur Tatzeit war sie im Dienst: „Es war richtig viel Polizei da“, sagt die junge Frau. „Wir wurden auch befragt, was wir mitbekommen haben.“ Wirklich gesehen habe sie aber nichts. „Leider, wollte ich jetzt schon sagen. Aber eigentlich bin ich froh“, sagt sie.
Einige Schritte weiter, links neben dem grünen Tor, sortiert eine Verkäuferin die ausgestellten Kleidungsstücke auf der Kleiderstange. Sie war am Montag nicht im Geschäft, von dem Vorfall habe sie nur aus den Nachrichten erfahren. Aber: „Hier ist es öfter gefährlich. Es kommen Leute, die sich Geld abholen“, sagt sie.
Erwachsenenvertretung
Die Kanzlei tritt nämlich als Erwachsenenvertretung (ehemals Sachwalterschaft) auf: Für volljährige Personen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer ähnlichen Beeinträchtigung nicht alle Entscheidungen selbst treffen können, gibt es die Möglichkeit der Erwachsenenvertretung.
Konkret ist der Vertreter, also zum Beispiel der Anwalt, berechtigt, in einem bestimmten Lebensbereich Entscheidungen für die betroffene Person zu treffen. Etwa im Bereich der Einkommens- und Vermögensverwaltung.
Der Verdächtige wollte 400 statt 200 Euro
So war das auch im Fall des Verdächtigen: Seit August war die Kanzlei die Erwachsenenvertretung des 53-Jährigen. Gegen 12 Uhr am Montag sei der Mann – wie auch schon mehrere Male zuvor – in die Kanzlei gekommen, um sich Geld abzuholen. „Er bekommt 200 Euro, vorgestellt hat er sich aber wohl 400 Euro“, heißt es aus der betroffenen Kanzlei. Der Mann sei danach wieder gegangen und um kurz nach 15 Uhr zurückgekehrt. Dieses Mal vermummt, danach sei es zu dem Vorfall gekommen.
Vor der Tat habe es mit dem 53-Jährigen noch nie Probleme gegeben. Er habe zwar eine Intelligenzminderung, von der Kanzlei sei er aber als nicht gefährlich eingestuft worden, berichtet einer der Anwälte.
Sicherheitstechniker in die Kanzlei bestellt
Mit anderen Klienten habe es aber immer wieder Streitigkeiten aufgrund des Geldes gegeben. „Wir haben jetzt zum Beispiel eine Klientin, die sich einbildet, einen Song um 10.000 Euro aufnehmen zu wollen“, sagt der Anwalt. Er nennt aber auch ein anderes Beispiel: Am 23. Dezember habe ein Herr bemerkt, dass er für Weihnachten Geld brauche. „Weil die Kanzlei geschlossen war, hat er ein Fenster eingeschlagen“, so der Anwalt.
Sicherheitsvorkehrungen in Form von mit Code verschlüsselten Türen und Kameras gebe es bereits. Nach dem Vorfall von Montag habe er nun aber einen Sicherheitstechniker in die Kanzlei bestellt, erzählt der Anwalt.
In der Zwischenzeit wurde am Dienstagnachmittag der Verdächtige befragt. Näheres gab die Polizei noch nicht bekannt.
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