Nach Vorwürfen gegen Influencer: Von der Lachnummer zur Gefahr

Blaulicht durch Handys galt lange als Hauptursache für Schlafstörungen.
Ein Foto zeigt den Kussmund eines Mannes, der wohl Anfang 40 ist, ein weiteres zeigt ihn oben ohne – sie sind ein Einblick in die Social Media Präsenz von „Mr Lova Lova“, auch bekannt als „2metermodel“ oder „Hibr8n“.
Vor rund zwei Wochen sorgte der Wiener Influencer für Aufsehen: Ihm wird vorgeworfen, unangemessene Kontakte mit Minderjährigen gepflegt zu haben. Das Landeskriminalamt geht der Sache nach. Im Rahmen einer selbst angekündigten Tour hat er zudem Schulen besucht. Das Bildungsministerium betonte gegenüber dem KURIER, dass diese Termine nicht genehmigt gewesen seien. Auch das Landeskriminalamt geht der Sache nach.
Wie die Reichweite aufgebaut wird
Offen bleibt allerdings, wie der Mann, der bei einigen jungen Menschen online als „Lachnummer“ bekannt war, dennoch ein so großes Publikum akkumulieren konnte.
„Das liegt im Wesentlichen daran, dass Grenzüberschreitungen und Provokationen online für Aufmerksamkeit oder Zuspruch sorgen“, erklärt Medienethikerin Claudia Paganini.
Zusätzlich spiele besonders Authentizität bei jungen Menschen eine wichtige Rolle: „In Reality-TV-Formaten etwa ist es der schlimmste Vorwurf, jemanden als fake zu bezeichnen.“ Personen, die sich scheinbar ungefiltert im Netz zeigen, würden deshalb als authentisch wahrgenommen werden.

Medienethikerin Claudia Paganini über parasoziale Beziehungen im Netz.
Influencer sind auch deshalb so erfolgreich, weil ihre Follower mit ihnen parasoziale Beziehungen – also einseitige, emotionale Verbindungen – aufbauen. „Es geht darum, dass das Idol emotionale Nähe zulässt.“ Grundsätzlich funktionieren sie über Vorbildwirkung, aber nicht notwendigerweise“, so Paganini.
Weiter bestärkt wird die Vebindung über Interaktionen, etwa Nachrichten oder Kommentare. Menschen wie „Hibr8n“ würden die Beziehungsebene online gut bedienen und der vorwiegend jungen Followerschaft vermitteln, dass die Beziehung exklusiv sei.
Auch Gruppenzugehörigkeit spiele eine tragende Rolle: „Im analogen Kontext muss man sich oft bemühen, Teil einer Gruppe zu werden.“ Das sei gerade für Jugendliche mit viel Druck verbunden. Digital bekomme man einfacher ein „Wir-Gefühl“.
Vertrauen schaffen
Nahezu jedes Kind hat schon einmal gehört, dass es keine Süßigkeiten von Fremden annehmen soll. Süßigkeiten gibt es im Netz zwar keine, aber auch dort lauern Gefahren für junge Menschen. „Es ist deshalb ganz wichtig, ein Vertrauensverhältnis zu schaffen, sodass man über Inhalte, die Kinder und Jugendliche konsumieren, überhaupt mit ihnen sprechen kann“, sagt Paganini. Ein Problem dabei sei, dass Erwachsene dazu tendieren würden ablehnende Haltungen gegenüber Social Media zu zeigen. „Als Elternteil ist es daher wichtig, aufrichtiges Interesse zu suggerieren und Gespräche zu beginnen, ohne zu moralisieren“, sagt sie.
Die Medienethikerin rät dazu, sich über Trends zu informieren oder Jugendliche über Nachfragen zum Nachdenken anzuregen. „Wenn Jugendliche das Gefühl haben, dass man sie belehren möchte, ist es ein bisschen so, als würde man ihren digitalen Raum kolonialisieren wollen. Die Gefahr ist, dass sie sich abschotten“, sagt Paganini.
Zusätzlich sei es gut, Sachinformationen in der Schule zu kommunizieren: „Sprechen Lehrkräfte über Filterblasen oder Machtverhältnisse im Netz wird das eher als Wissensimpuls angenommen.“ Bei Eltern hätten junge Menschen schneller den Eindruck kontrolliert zu werden.
„Man kann natürlich nicht ständig neue Schulfächer schaffen, aber Medienkompetenz sollte auf jeden Fall in mehreren Schulfächern behandelt werden“, ist Paganini überzeugt. Sowohl Alt und Jung, speziell Eltern und Lehrkäfte, sollten sich mit Social Media auseinandersetzen: „Im Digitalen braucht es kompetente Ratgeber für Jugendliche, damit sie nicht sich selbst überlassen sind.“
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