Sie stammt aus einer wohlhabenden, aber streng konservativen Familie im Iran. Es fehlte ihr an nichts. Außer an Freiheit. Yasaman Agahi wünschte sich ein Leben, in dem sie ihre eigenen Entscheidungen treffen und selbst über ihr Leben und ihre Zukunft bestimmen konnte. Doch das war in ihrer Familie nicht möglich. Irgendwann spitzte sich die Situation so sehr zu, dass sie fliehen musste. In den freien Westen.
"Das war mein letzter Ausweg", erzählt die 29-Jährige heute, fünf Jahre später. "Und es fällt mir noch immer sehr schwer, so weit weg von meiner Heimat zu sein." Drei Monate war sie zu Fuß unterwegs, überquerte Felder mit Landminen, ertrank fast im Meer und schlief viele, viele Nächte in Wäldern – allen Wetterbedingungen ausgesetzt. Ihre Stimme bebt bei ihren Erzählungen und man spürt, dass sie über vieles, was sie erlebt hat, gar nicht sprechen kann.
Rettung in der evangelischen Gnadenkirche
Doch plötzlich reichte ihr jemand die Hand. Ein Mann bot ihr Hilfe an und nahm sie mit in seine Kirche, die Gnadenkirche in Favoriten. "Hier habe ich Freunde gefunden, habe mich endlich geborgen gefühlt", ihr Gesicht hellt sich auf. Sie schöpfte Hoffnung und erhielt Unterstützung für einen neuen Asylantrag.
"Ich habe viel gebetet und an Kursen teilgenommen. Der Pfarrer hat mir so geholfen, obwohl ich keine Christin war. Heute ist er für mich wie der Vater, den ich nie hatte." Irgendwann entschied die junge Frau, zu konvertieren, um voll und ganz der Gemeinde anzugehören, die sie so offen aufgenommen hatte.
Revolution liegt in der Luft
Als im Herbst die Unruhen im Iran begannen und Menschen auf die Straßen strömten, um sich gegen das Regime zu erheben, fühlte auch Yasaman Agahi den Willen zur Revolution im Land. Sie nahm an Protesten in Wien teil, postete in den sozialen Medien schon länger über das Christentum und nun auch gegen das Mullah-Regime. Bei ihrem Asylverfahren schien der Richter ihr wohlgesonnen, erzählt ihre Anwältin Julia Kolda: "Er hat noch gesagt, die Sache ist eh eindeutig."
Doch vor wenigen Wochen hat das Gericht überraschend gegen den Schutz von Yasaman Agahi entschieden. Sie soll in den Iran abgeschoben werden, sobald sich die Lage im Land beruhigt hat.
"Besser man wird gleich hingerichtet"
"Der Flughafen gehört den Revolutionsgarden. Die lassen mich nicht einmal den Himmel sehen", ist sie sich sicher. Folter und Tod drohen ihr nicht nur, weil sie sich im Ausland gegen das Regime gestellt hat, sondern auch, weil sie vor ihrer Familie geflüchtet und zum Christentum konvertiert ist. "Wenn jemand solche Probleme mit seiner Familie hat, ist es besser, man wird gleich hingerichtet."
Anwältin Julia Kolda will es nicht dabei beruhen lassen und zieht vor den Verfassungsgerichtshof. Agahi hält sich inzwischen mit Hilfe von Freunden und Hilfsarbeiten über Wasser. "Ich würde so gerne arbeiten, eine Ausbildung zur Pflegerin machen. Und wenn die Revolution gelingt: Welcher Iraner will dann nicht sofort zurück in sein Land?"
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