Was der neue Wiener Erzbischof zur Rolle der Frau in der Kirche sagt

Der neue und der alte Bischof: Josef Grünwidl und Christoph Schönborn
Josef Grünwidl wird neuer Bischof der Erzdiözese Wien. Bei seiner Vorstellung sprach er nicht wie ein Manager, sondern wie ein Pfarrer – er sieht sich nicht als oberster Chef, sondern als Begleiter. Drei Eigenschaften ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Selbstbild: Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer.
Grünwidl: Seelsorger durch und durch
Grünwidl bezeichnet Seelsorge als seinen Wesenskern. Konkret heißt das: "Sich mit jungen Eltern über ihr Kind freuen, Trauernde begleiten und einzelnen Menschen zur Seite stehen."
Er betont, dass Kirche mehr sein müsse als Verwaltung und Management. Seelsorge bedeute für ihn Nähe: zu Kranken, Armen, Kindern – nicht in Abstraktion, sondern konkret. Der Kontakt mit den Menschen zähle, im Alltag der Pfarren, bei Festen und in Trauersituationen, in Gesprächen und im Gebet.
- Geboren 1963 in Hollabrunn, aufgewachsen in Wullersdorf, Niederösterreich
- Gymnasium Hollabrunn, Studium Theologie (Universität Wien) und Orgel (Musikuniversität Wien). Auslandserfahrung in Würzburg, dort erkannte er endgültig: „Priester werden meine Berufung, Musik ist ein Hobby.“
- Priesterweihe 1988 (Stephansdom, Kardinal Franz König)
- Verschiedene Stationen: Kaplan, Jugendarbeit, Pfarrer & Dechant in Kirchberg am Wechsel und Perchtoldsdorf, Bischofsvikar seit 2023
In der Kirche entscheiden die Bischöfe nicht alleine
Grünwidl will kein "Chef" sein, der allein entscheidet, sondern jemanden, der zuhört und in Gemeinschaft gestaltet. Er setze auf Synodalität, also Gespräche: Jede Stimme soll gehört werden. Kirche sei nicht etwas, das „von oben“ gelenkt wird, sondern wachse im Miteinander. Diese Haltung schließt ein, dass Frauen stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden und nicht nur als ausführende Mitarbeiterinnen gelten sollen. Ebenso sieht er Diskussionen wie jene über Zölibat oder die Rolle der Frau als Themen, die die Kirche nicht ignorieren dürfe. Das Zölibat werde es in der Kirche zwar immer geben, sollte aber eine „freie Entscheidung sein“, meinte Grünwidl. Er könne sich auch vorstellen, „dass Frauen ins Weihamt aufgenommen werden.“
Grünwidl sieht seine Rolle auch als Mittler innerhalb der Kirche, in ökumenischen und interreligiösen Beziehungen sowie in der Gesellschaft. Kirche sei kein Selbstzweck. Er zitiert Schriften des Papstes, der auffordert, die Armen nicht zu vergessen, und er will Brücken bauen – zur Politik, zu den Medien, zur Gesellschaft insgesamt. Seine Kirche soll eine Stimme sein, die dort eingreift, wo Menschen unter Ungerechtigkeit leiden, und wo Lebensschutz und Bewahrung der Schöpfung gefordert sind.
Grünwidl spricht zudem offen über das, was kommt: knapper werdende personelle Ressourcen, weniger Priester vor Ort, die Notwendigkeit, auch in kleinen Gemeinden Kirche präsent zu lassen, ohne dabei in Resignation zu verfallen. Stattdessen: Visionen entwickeln, Hoffnung kultivieren, Räume öffnen. Er will, dass Kirche gastfreundlich ist – für jene, die weggedriftet sind, für jene am Rand, für die, die Kirche anders brauchen. Das Projekt „Die Zwölf“: Zwölf junge Menschen sollen über soziale Medien neue Wege finden, um Jugendliche zu erreichen.
Vom Administrator zum Bischof
Als Apostolischer Administrator leitete Grünwidl die Erzdiözese Wien in der Zeit der Sedisvakanz – also solange kein neuer Erzbischof ernannt worden war. Das Kirchenrecht schränkt solche Administratoren ein: Sie dürfen etwa keine Entscheidungen treffen, die dem zukünftigen Erzbischof Handlungsspielräume nehmen würden.
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