Jeder gegen jeden: Interne Grabenkämpfe in der Ärztekammer eskalieren

Angesichts der Personalnot in den Spitälern hätte es eigentlich ein heißer Sommer für Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) werden sollen. Inzwischen kann er sich allerdings wieder ein wenig entspannen und dabei zuschauen, wie sich sein härtester Gegner selbst zerfleischt.
Denn die Wiener Ärztekammer versinkt immer tiefer in Streit und Machtkämpfen. Machtkämpfe, die neuerdings nicht mehr intern, sondern ohne Rücksicht auf Verluste in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden.
Zunächst ging es noch um den Konflikt zwischen Präsident Johannes Steinhart und seinem Parteikollegen und Stellvertreter Erik Randall Huber rund um die Ungereimtheiten in der kammereigenen Firma Equip4Ordi, die letzterer aufgedeckt hatte.
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Längst ist daraus ein Kampf um die Führung der Kammer geworden: Seit Tagen schießt sich das Steinhart-Lager und seine Verbündeten auf Vizepräsident Stefan Ferenci ein. Er führt die Kammer, während der krankheitsbedingten Absenz von Steinhart. Er ist die Speerspitze der Proteste gegen die Personalnot in den Spitälern, die zuletzt in einem Warnstreik in der Klinik Ottakring mündeten.
Kritik am Stil
In einer Aussendung kritisierte in der Vorwoche wie berichtet die hochrangige Kammer-Funktionärin und Steinhart-Vertraute Naghme Kamaleyan-Schmied offen Ferencis Stil in der Auseinandersetzung mit Hacker.
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Am Wochenende legte die Fraktion des ehemaligen Kammerpräsidenten Thomas Szekeres nach. Sie gehört zwar nicht Steinharts Koalition an, hat ihn aber zuletzt schon im Konflikt mit Huber massiv unterstützt. „Was machen Sie eigentlich beruflich?“, fragt das Team Szekeres in seinem Newsletter Ferenci, um ihm im selben Atemzug die Fähigkeit abzusprechen, mit der Stadt über die Personalprobleme in den Spitälern verhandeln zu können: „Seine politischen Ziele sind deutlich aggressiver als die seiner Vorgänger, die parallel Personalvertreter waren und dadurch effektive Verhandlungsmacht besaßen.“

Thomas Szekeres
Am Dienstag mischte sich auch noch die Fraktion „Wahlgemeinschaft“ ein, die per Aussendung wiederum Hubers Rücktritt wegen dessen „autokratischen Führungsstil“ fordert, aber auch Ferenci massiv kritisiert.
Hört man sich in Kammerkreisen um, dürfte es bei diesen wüsten Auseinandersetzungen nicht nur um Stilfragen gehen. Sondern auch um das – aus der Sicht ihrer Gegner – brachiale Vorgehen Hubers und Ferencis bei der Neuaufstellung der Wiener Kammer: So wurde der langgediente Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber wie berichtet de facto entmachtet. In Schlüssel-Abteilungen wie Recht oder Kommunikation kam es zu umfassenden personellen und organisatorischen Änderungen.
Ferenci wehrt sich
„Alle strukturellen und personellen Veränderungen erfolgten auf Basis einstimmiger Beschlüsse im Präsidium“, betont Ferenci am Dienstag gegenüber dem KURIER.
Er weist auch den Vorwurf zurück, zu forsch gegenüber der Stadt aufzutreten: „Wir bekommen weit mehr positives als negatives Feedback darüber, dass jemand den Mund aufmacht, damit sich bei der Personalsituation und den Arbeitsbedingungen endlich etwas ändert.“ Insofern sehe er auch möglichen Neuwahlen, die nur von der Opposition gefordert würden, gelassen entgegen.
Ob es dazu kommt, ist ohnehin fraglich. Für den Beschluss braucht es eine Zwei-Drittel-Mehrheit in der Vollversammlung. Fix scheint hingegen, dass Steinhart Anfang September aus dem Krankenstand zurückkehrt. Ob er die verworrenen Verhältnisse ordnen kann, wird in Kammerkreisen aber massiv bezweifelt.
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