Identitäre planen weitere Kundgebungen

Wien-Obmann der Identitären Bewegung Österreich, Martin Sellner (li.), und Obmann der Identitären Bewegung Österreich, Alexander Markovics.
Die Gruppierung brachte gegen Bürgermeister Häupl eine Anzeige wegen Verleumdung ein und verteidigt ihr Vorgehen.

Die Identitären planen weitere Kundgebungen. Das haben Vertreter der umstrittenen Bewegung am Freitag in einer Pressekonferenz angekündigt. Falls abzusehen sei, dass Gegendemos gewaltsam verlaufen, sollten diese untersagt werden, forderten die Identitären - die am Freitag auch ihre Anzeige gegen den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) einbrachten.

Dass Häupl das Verbot der Bewegung gefordert habe, weil diese unter das NS-Verbotsgesetz falle, erfülle den Tatbestand der Verleumdung, zeigten sich Identitären-Obmann Alexander Markovics und der Leiter der Wiener Gruppe, Martin Sellner, überzeugt. Man habe sich über die Vorwürfe gewundert: "Da schluckt man schon mal", versicherte Sellner.

"Jugendbewegung mit Heimatliebe"

Denn man sei keineswegs so, wie man in den Medien dargestellt werde: "Wir sind eine Jugendbewegung, die nicht vom Hass auf das Fremde getrieben wird, sondern von der Liebe zur eigenen Heimat", beteuerte Markovics. Darum sei man auch gegen "Massenzuwanderung" und den "Brüsseler Zentralmoloch". Häupl als "Grandmaster der SPÖ" habe nicht das Recht, die Bewegung als nationalsozialistisch zu kriminalisieren.

Die entsprechende Sachverhaltsdarstellung wurde am Freitag bei der Staatsanwaltschaft eingebracht. Solle es zu keinem Strafverfahren gegen Häupl kommen, erwäge man privatrechtliche Schritte, hieß es.

Die Geschehnisse vom vergangenen Wochenende - als es zu Zusammenstößen zwischen Gegendemonstranten und Polizei gekommen war - wurden ebenfalls massiv kritisiert. Die "Antifa" habe einen gezielten Rechtsbruch begangen. Derartige "Störkundgebungen" sollten künftig untersagt werden, verlangen die Identitären: "Wir gehen ja auch nicht zu einer Demonstration der Antifa, so was interessiert uns nicht. Wir sind für freie Meinungsäußerung."

Polizeiaufgebot bei PK

Die Identitäre Bewegung umfasst in Wien laut Angaben der beiden Vertreter rund 40 bis 50 Leute. Auch in Graz gebe es eine größere Gruppe. Insgesamt bestehe der engere Bereich in Österreich aus bis zu 300 Sympathisanten. Weitere Kundgebungen seien jedenfalls geplant, wurde heute betont. Nähere Details dazu gebe es aber noch nicht.

Die heutige Pressekonferenz wurde von einem größeren Polizeiaufgebot begleitet, auch wenn letztendlich nur wenige Gegendemonstranten erschienen. Der Örtlichkeit musste wiederholt geändert werden, da Cafes, in denen der Termin angesetzt war, diesen aus Sicherheitsgründen wieder stornierten. Letztendlich fand die PK in den Räumlichkeiten einer Wiener Burschenschaft statt.

Auch die persönlichen Hintergründe der beiden Funktionäre kamen dabei zur Sprache. Alexander Markovics ist laut eigenen Angaben Mitglied der Burschenschaft Olympia. Martin Sellner wiederum bestätigte Vorwürfe, einst zum näheren Umfeld von Gottfried Küssel gehört zu haben: "Ich war damals in einer überschwänglichen pubertären Phase." Aber er habe damit gebrochen, da dies nicht der richtige Weg sei.

Demonstrationen in Wien: Links gegen rechts

Die Identitären-Demonstration sowie die Gegendemo, bei denen es in Wien kürzlich zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen war, sorgte am Freitag im Gemeinderat ebenfalls für Krawall. Während die FPÖ die Mariahilfer Straße nicht zum "Aufmarschgebiet" von "linken Gestalten" werden lassen wollte, forderten die Grünen eine "sachliche Verfolgung" von Polizisten, die nicht rechtens gehandelt hätten.

Für den Wiener Klubobmann der FPÖ, Johann Gudenus, war der vergangene Samstag "ein Vorgeschmack" auf kommende Demonstrationen auf der neuen, verkehrsberuhigten Mahü. "Es kann nicht sein, dass die neue Mariahilfer Straße als Aufmarschgebiet missbraucht wird", betonte er in der Aktuellen Stunde des Gemeinderats. Wenn rote und grüne Vorfeldorganisationen randalierend durch die Stadt ziehen und Geschäftslokale zerstören würden, dann "hört sich der Spaß auf", so Gudenus.

FPÖ zückt Taferl

Den Einsatz der Polizei bewertete er dagegen als "maßvoll und richtig" - dementsprechend war die FPÖ auch mit Tafeln ausgerüstet, auf denen u.a. Bilder von Gegendemonstranten und die Aufschrift "Rot-Grüne Schande" zu sehen waren. Geht es nach FP-Verkehrssprecher Toni Mahdalik, soll die Mariahilfer Straße nicht für "linke Gestalten", sondern für "zahlende Gäste" zur Verfügung stehen. Scheinbar habe es doch etwas Richtiges, dass "der neue Faschismus Anti-Faschismus heißt", erklärte Mahdalik, was ihm nicht nur Zwischenrufe, sondern auch eine Aufforderung für einen Ordnungsruf einbrachte.

Der grüne Gemeinderat Rüdiger Maresch wies hingegen auf die Verbindung zwischen den Identitären und der FPÖ hin - was ebenfalls zu lautstarken Wortgefechten und Zwischenrufen führte. Unterstützung erhielt er unter anderem von Jürgen Czernohorszky (SPÖ): "Wir müssen engagiert gegen jene auftreten, die die Demokratie aushöhlen. In dieser Auseinandersetzung werden wir keinen Fußbreit zurückweichen." Angedrohte Ordnungsrufe und Aufrufe zur Beruhigung der Gesamtsituation hagelte es hingegen u.a. für Birgit Hebein (Grüne), die die FPÖ als "Gefährdung für die Demokratie" bezeichnete.

Sie bedankte sich bei allen friedlichen Demonstranten und forderte zudem eine "sachliche Verfolgung" all jener Polizisten, die im Zuge der Demos nicht rechtens gehandelt hätten. "Wir dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen." Auch Peko Baxant (SPÖ) betonte, dass das Problem vor allem bei der Polizei liege: "Anscheinend schafft es unsere Exekutive nicht, Gewalttäter von friedlichen Demonstranten fernzuhalten."

ÖVP als Vermittler

Die Wiener ÖVP nahm dagegen eher Mittlerposition ein: Die Abhaltung von Demonstrationen während der Umbauphase der Mahü bezeichnete der Wiener VP-Klubobmann Fritz Aichinger als "problematisch" und "sensibel". Denn vor allem herumliegendes Baumaterial könne zur Gefahr werden. Roman Stiftner kritisierte dagegen sowohl Rechte als auch Linke, die "Protestieren zum Selbstzweck und zum Freizeitvergnügen" gemacht hätten. Er forderte eine richtige Dosierung des Demonstrationsrechtes im Sinne aller Beteiligten - auch Anrainern und Geschäftsleuten.

Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) hat am Freitag die Identitäre Bewegung Österreichs (IBÖ) als "rechtsextrem" bezeichnet - und appelliert, diese als Bedrohung ernst zu nehmen. Der Umzug vom 17. Mai sei ein "weiterer Schritt" in Richtung Etablierung einer neuen rechtsextremen Bewegung gewesen, hieß es in einer Aussendung.

Die Identitären treten in Österreich seit 2012 auf, was laut DÖW maßgeblich dem sich verstärkenden Repressionsdruck auf die Neonaziszene zuzuschreiben ist. Die Herkunft mancher IBÖ-Kader aus dem organisierten Neonazismus werde dabei gar nicht geleugnet, sondern vielmehr als "Irrweg" abgetan: "Daneben kommen die Identitären aus deutsch-völkischen Studentenverbindungen, was ihren ausgeprägt männerbündischen Charakter erklären hilft."

Die Identitären wollen laut DÖW nicht einmal mehr rechts sein - um sich so weitere Kreise erschließen zu können. "Insbesondere auf der Ebene der Symbole, die aus der Popkultur und von Linken entwendet wurden, versuchen die Identitären, sich als ganz neue Bewegung zu inszenieren", so das DÖW. Darüber hinaus werde versucht, Rassismus hinter positiver klingenden Formulierungen wie der Erhaltung "kultureller Identität" zu verstecken.

Als offen rechtsextrem identifizierbar seien die Identitären aufgrund ihrer Überordnung des "Volkes" als "organische Gemeinschaft" über das an Rechten gleiche Individuum. Liberalismus und Multikulturalismus werde abgelehnt. Laut DÖW weisen die Identitären auch eine militante Grundhaltung auf. Verwiesen wurde auch darauf, dass der deutsche Verfassungsschutz die Identitären als rechtsextremistisch bezeichnet habe und dabei vor allem ihre "Unvereinbarkeit mit der demokratischen Grundordnung" ins Treffen führte.

Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus forderte unterdessen am Freitag in einer Aussendung die Einstellung aller Rathaus-Subventionen an das DÖW, denn es liefere "fragwürdige politische Analysen" und ergreife einseitig für das rot-grüne Wien Partei, beklagte der FP-Politiker.

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