Identitären-Demo in Wien wird jetzt ein Fall für die Staatsanwaltschaft

Die Rechtsextremen, die aus den Nachbarländern zur Demonstration am 26. Juli nach Wien gekommen sind, sind längst abgezogen. Die heimischen Rechtsextremen bleiben, das Thema auch: Rechtsextremismus, der offenbar auch vor Verstößen gegen das Verbotsgesetz nicht zurückscheut.
Und zwar deshalb, weil die Demonstranten die Parole "Ausländer raus, Deutschland den Deutschen" gegrölt haben. Lautstark und mehrmals, wie auf Videos zu sehen ist. Die Polizei hat diesen Demonstrationszug begleitet, mehr noch, diesem Zug auch den Weg freigemacht, als Gegendemonstranten den Aufmarsch der rechtsextremen Gruppen stoppen wollten.
Verbrechen nach dem Verbotsgesetz
Wie der KURIER zuerst berichtete, sind diese Parolen wohl als Verstoß gegen das Verbotsgesetz zu sehen. Zumindest legen das einerseits bereits von der österreichischen Justiz gefällte rechtskräftige Schuldsprüche nahe, andererseits ist das auch das Fazit des Linzer Strafrechtsprofessors Johannes Dietrich. Er hat im KURIER schon mehrmals klargestellt: "Wer ,Deutschland den Deutschen, Ausländer raus‘ grölt, verstößt gegen das Verbotsgesetz.“
Die Polizei hingegen will diese offensichtlichen Verstöße gegen das Verbotsgesetz nicht wahrgenommen haben, wie aus einer Anfragebeantwortung der Polizei herausgegangen ist. Damit wollen sich die Grünen nicht zufrieden geben. Deshalb gibt es jetzt drei Sachverhaltsdarstellungen zu dieser Demonstration, die Lukas Hammer, Nationalratsabgeordneter der Grünen, eingebracht hat.
"Organisatoren haben Menge ermutigt"
Darin werden weitere Vorwürfe erhoben. Etwa, dass die Veranstalter der Demonstration, die unter dem Titel "Remigration" abgehalten wurde, sogar das Lied "L´ amour toujours" vom Lautsprecherwagen abgespielt und "die Menge zum Skandieren der Parole ermutigt" habe.
Hammer ist überzeugt: "Damit wird Ausgrenzung und diskriminierender Hass propagiert." Hammer ergänzt, dass diese Parole "aus dem Munde österreichischer Rechtsextremer den Schluss zulässt, dass hier die Idee eines Großdeutschland mitschwingt". Diese Idee sei "Kernanliegen Hitlers und der Nationalsozialisten".
"NS-Jargon und NSDAP-Programm"
Was übrigens auch der Strafrechtsexperte Dietrich so sieht: "Der erste Teil des Satzes erinnert stark an NS-Jargon, der zweite Teil entspricht dem Parteiprogramm der NSDAP." Was auf dem Video, das der Staatsanwaltschaft übermittelt wurde, auch zu sehen ist: Der Großteil der Demonstranten skandiert die Parole in der Heinrichsgasse, während mehrere Polizeibeamte den Demozug begleiten. "Diese müssen das Geschehen wohl bezeugen können", sagt Hammer.
Eine aktuelle Anfrage zur Sachverhaltsdarstellung wurde von der Wiener Polizei vorerst nicht beantwortet. In einer ersten Reaktion betonte die Polizei, dass bei größeren Versammlungen – wie auch in diesem Fall – ein rechtskundiger Behördenvertreter vor Ort sei, der das Geschehen laufend rechtlich beurteilt: "Die Einschätzung bzw. letztliche Entscheidung, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt, obliegt daher nicht dem einzelnen Polizisten, sondern dem zuständigen Behördenvertreter bzw. Kommandanten, obgleich die Beamten natürlich Wahrnehmungen an diese herantragen."
Offen bleibt also, ob die den Zug begleitenden Beamten die nun angezeigten Parolen wahrgenommen und diesen an den zuständigen Behördenvertreter herangetragen haben.
Leicht abgeändertes Symbol
In den beiden anderen Sachverhaltsdarstellungen geht es um verbotene Symbole und Abzeichen. Etwa wollen die Grünen straf- und verwaltungsrechtlich geklärt wissen, ob das "Lambda" der Identitären Bewegung, das 2021 in Österreich verboten wurde, in der präsentierten leicht abgewandelten Form, nämlich ohne Kreis, einen strafrechtlich relevanten Tatbestand oder eine Verwaltungsübertretung darstellt.
Für Kritik sorgt: In Kärnten ist die Polizei zuletzt wegen des Verdachts von Verwaltungsübertretungen mit einem massiven Polizeiaufgebot bei einer Gedenkstätte aufgekreuzt, bei der Demo in Wien gab es für die Demonstranten, denen diese Übertretungen nun bildlich dokumentiert vorgeworfen werden, Polizeibegleitschutz.
Das kritisierte Symbol wurde jedenfalls beim Abschluss der Kundgebung öffentlich präsentiert, für Hammer besteht "kein Zweifel am eindeutigen politischen Symbolgehalt" des Emblems.
Odal-Rune auf dem Oberarm
Bleiben noch die verbotenen Abzeichen, wie jenes Tattoo auf dem Oberarm einer Frau, das auf einem Foto in der Sachverhaltsdarstellung als "Odal-Rune" gut zu erkennen ist.
Dieses Zeichen waren bei nationalsozialistischen Organisationen sehr beliebt, die sichtbare Rune sei etwa von der 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division verwendet worden. Auch deren Verwendung und Präsentation während der Demo müsse strafrechtlich überprüft werden, ist Hammer überzeugt.
Seitens der Staatsanwaltschaft bestätigt Sprecherin Nina Bussek: "Es ist heute eine Anzeige eingelangt, die geprüft wird."
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