Verkauf in der Luxusvilla: Kunst ohne Krempel

„Totalauflösung in einer herrschaftlichen Villa in 1190 Wien“ – ein Inserat, das auch heute im KURIER erschienen ist, hat doch neugierig gemacht. So unscheinbar das schwarz-weiße Textfeld scheint, umso spektakulärer sind die Namen der Künstler, deren Werke verkauft werden sollen: Chagall, Dalí, Warhol, Miro, Picasso und viele mehr. Und nicht nur die Kunstwerke, auch die geschichtsträchtige Villa steht zum Verkauf. Grund genug für den KURIER, sich auf Spurensuche zu begeben.
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Besichtigen konnte man die Kunstwerke ab dem frühen Freitagnachmittag. Drei Männer stehen im Nieselregen vor geschlossenen Toren der Villa auf der Hohen Warte. Architekt ist niemand Geringerer als Theophil von Hansen: Bekannt ist er vor allem für seine prächtigen Ringstraßen-Bauten.

Hansen-Villa auf der Hohen Warte
Die Männer, allesamt Kunst- und Antiquitätenliebhaber, plaudern entspannt über ihre bisherigen Sammler-Erfolge und darüber, dass die Ehefrau später zum Friseur gefahren werden möchte. Fotografiert werden wollen sie aber nicht – wer in dieser Preisklasse einkauft, schätzt die Anonymität.
Die drei sind leger gekleidet in Jeans und Jogginghosen, zielstrebig marschieren sie durch das Eingangsportal. Sie sind die Ersten. Wer gute Schnäppchen abstauben will, muss eben früh dran sein.

Innenansicht der Villa
Alles eine Frage des Preises
Nach und nach füllen sich die Räume der Andrássy-Villa. An den Wänden hängen Kunstwerke, etwa Lithographien von Chagall oder Picasso, manche sogar handsigniert. Auf den Tischen stehen Tiffany-Lampen oder prunkvolle Bronzestatuen.

Tiffanylampe im Angebot
Dazwischen die potenziellen Kunden, die die Kunstwerke und Antiquitäten begutachten.
Auf kleinen weißen Aufklebern sind mit Kugelschreiber die Preise notiert: Stolze 18.500 Euro kostet etwa ein prächtig geschwungener Schreibtisch aus Wurzelholz.
160 Jahre: Ein Haus und seine Geschichte
Parlament, Börse, Musikverein, Akademie der Bildenden Künste und zahlreiche Ringstraßenpalais der Wiener Aristokratie – keine Frage, der dänische Architekt Theophil von Hansen hat der damaligen Kaiserstadt Wien seinen Stempel aufgedrückt.
Auch für die Villa Andrássy (ehemals Villa Kratzer) auf der Hohen Warte zeichnet er verantwortlich. Sie wurde 1863, also vor 160 Jahren, errichtet.
Das Gebäude hat schon mehrere Leben hinter sich. Seinen Namen verdankt es dem ungarischen Adeligen Dionysius Andrássy, der hier einige Jahre mit seiner Frau lebte.
1903 überschrieb er das Gebäude der Stadt Wien für die Einrichtung eines Waisenhauses für Mädchen, das schließlich 1962 aufgelassen wurde. Im Jahr 1990 wurde die Villa von der Gemeinde Wien verkauft und renoviert.
Zuletzt war das Gebäude laut Grundbuch in Besitz der Gastro Livingstone Betriebs GmbH. Als Geschäftsführer scheint Robert Glock, Sohn von Gaston Glock, auf.
Kein Preisschild haben einige der besonders exquisiten Stücke, etwa die handsignierten Bilder: Hier muss der Preis extra erfragt werden. Wie immer ein Zeichen, dass man es nicht unbedingt mit Schnäppchen zu tun hat. Wie die Picasso-Lithographie, von der es nur insgesamt 15 Stück gibt. Auf Nachfrage erfährt man, dass sie 48.000 Euro kostet.

Handsignierte Chagall-Lithographie
Leben wie Adeligen: Villa steht zum Verkauf
Die Kunstwerke, die man hier bewundern kann, gehören übrigens gar nicht zum Inventar der Villa. Verantwortlich für den Kunstverkauf ist der Auktionator Peter Lindenfeld. Er ist seit 35 Jahren im Geschäft und organisiert immer wieder besondere Verkaufsaktionen mit Werken namhafter Künstler.
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Diesmal wählte er die besagte Villa auf der Hohen Warte als Verkaufsraum. Hier präsentiert er viel Hochpreisiges, aber auch das eine oder andere Fundstück für Kunstliebhaber mit kleinerem Budget.

Die Andrássy-Villa steht ebenso wie die dort ausgestellten Kunstwerke zum Verkauf.
Für alle, die nicht ganz so tief in die Tasche greifen möchten, kommen zum Beispiel sogenannte frequenzmodellierte Drucke infrage. Was die Auflösung und die Farbe betrifft, kämen diese den Originalen sehr nahe, erklärt der Experte. Einen Monet dieser Art bekomme man bereits um 1.150 Euro. „Näher kann man dem Besitz eines Monets nicht kommen“, sagt Peter Lindenfeld dazu.
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Die historische Villa selbst steht übrigens auch zum Verkauf. Den genauen Kaufpreis wollte die Maklerin gegenüber dem KURIER auf Anfrage aber nicht mitteilen.
Um ein Schnäppchen dürfte es sich wohl auch hierbei nicht handeln. „Wer ernsthaftes Interesse hat, der fragt gar nicht nach dem Preis“, sagt Auktionator Peter Lindenfeld dazu.
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