Heumarkt-Projekt: Tojner bekämpft nun doch Urteil zur UVP-Pflicht
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) sorgte Anfang November für einen Paukenschlag: Entgegen der erstinstanzlichen Rechtsmeinung der Stadt Wien sei für das umstrittene Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt – in der Variante mit 56,5-Meter-Wohnturm – nun doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen. Denn es müsse mit „großen negativen Beeinträchtigungen“ auf die UNESCO-Welterbestätte „Wiens historisches Zentrum“ gerechnet werden.
Für Investor Michael Tojner (Wertinvest), der seit mehr als einem Jahrzehnt um die Bebauung des zentralen Areals ringt, kam dieses Urteil zunächst überraschend; und überraschend war auch, dass er im Rathaus abblitzte und dieses einen Einspruch (als Verfahrenspartei) ausschloss. Den hat nun Tojner-Anwalt Karl Liebenwein – knapp vor Ende der sechswöchigen Frist – in Form einer 33-seitigen außerordentlichen Revision selbst eingebracht (das Schriftstück liegt dem KURIER vor).
Liebenwein fordert unter anderem wegen einiger Verfahrensmängel eine Aufhebung des Urteils samt Neuverhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH).
Zum einen wird mit dem Vorwurf der „politischen Willkür der Beschlüsse des Welterbekomitees“ argumentiert; zum anderen – und das ist die Hauptstoßrichtung – seien positive Aspekte des Projekts gar nicht berücksichtigt worden. „Diese Gesamtschau aller Auswirkungen hat das BVwG unrichtigerweise ausgeklammert und deshalb hat die Wertinvest eine Revision eingebracht“, erklärt Liebenwein zum KURIER. Stattdessen werde der Ansicht gefolgt, „allein die nicht wesentliche Beeinträchtigung einer einzelnen Sichtachse“ – nämlich jene vom Belvedere – könne zum Entzug des Weltkulturerbes führen. Diese Gefahr sieht Liebenwein nicht, denn ein solcher Entzug sei in der Historie erst drei Mal passiert – „jedes Mal waren die betroffenen Welterbestätten vollkommen zerstört“.
„Kompletter Blödsinn“
Dieser Aussage widerspricht UNESCO-Experte Christian Schuhböck („Alliance For Nature“) vehement und nennt es einen „kompletten Blödsinn“: Bestes Beispiel sei das Dresdner Elbtal, das durch den Bau einer Brücke 2009 den Welterbe-Titel verloren habe, da die Sichtachse auf die Altstadt beeinträchtigt war. Gewiss nicht „vollkommen zerstört“ ist bekanntlich auch Liverpool – die historische Hafenstadt ging wegen eines Neubauprojekts anno 2021 des Prädikats verlustig.
Zudem kritisiert Schuhböck, der gemeinsam mit Anrainern und der Umweltorganisation „Virus“ eine UVP erreichen will, dass man durch die Revision jetzt „keinen Millimeter weiterkomme“: „Meidet die Wertinvest deshalb die UVP, weil die umstrittenen Heumarkt-Projekte eben nicht umweltverträglich sind?“
Aber auch die Gegenseite hat durch Anwalt Piotr Pyka eine Revision eingebracht – jedoch nur gegen das verordnete „vereinfachte UVP-Verfahren“: Man wolle eine reguläre UVP erreichen, wo nicht nur das Stadtbild eine Rolle spiele, sondern etwa auch Frischluftschneisen, so Pyka.
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