Exodus anno 2006
In der Vinzenzgasse selber wird man den Geburtstag heuer im Sommer aber nicht feiern können – denn das Stammhaus in Währing existiert nicht mehr. Der letzte Patient des zu groß und zu alt gewordenen Komplexes (mit bis zu 730 Betten) ist im Oktober 2006 in das neue „Haus der Barmherzigkeit“ nach Kagran in die Tokiostraße übersiedelt; die private gemeinnützige Einrichtung, die unter Patronanz des Erzbischofs von Wien steht, betreibt in der Bundeshauptstadt noch Pflegehäuser in der Seeböckgasse (Ottakring) und Am Maurer Berg (Liesing).
Am historischen Stammsitz in Währing will man aber vielleicht bald etwas zu feiern haben – denn nach langem Ringen und dem Abriss des Gebäudekomplexes vor zwei Jahren kündigt sich nun endlich eine Nachnutzung des riesigen Areals an. Dies teilt jedenfalls die Caritas der Erzdiözese Wien, die den Grund 2017 erworben hat, dem KURIER mit.
Pflege und Wohnen
Konkret soll es auf der rund 6.500 Quadratmeter großen Fläche eine gemischte Nutzung geben – darunter ein neues Caritas-Pflegewohnhaus mit rund 120 Betreuungsplätzen und mehr als 100 Wohnungen eines gemeinnützigen Bauträgers. „Die Einreichung ist für Ende 2025 vorgesehen. Zur Investitionshöhe können wir gegenwärtig noch keine Auskunft geben, da entsprechende Ausschreibungen erst bevorstehen. Die Caritas rechnet aus heutiger Sicht damit, dass Mitte 2026 mit dem Neubau begonnen werden kann“, heißt es.
Noch seien einige Details in Schwebe – etwa, ob es ein Caritas-Lerncafé gibt. „Die Nutzungsarten sind noch nicht im Detail festgelegt, da wir die Flexibilität wahren wollen, auf aktuelle Bedürfnisse zu reagieren.“ Fix sei aber, dass eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung und ein „Supermarkt mit sozialem Mehrwert“ integriert werden sollen.
Beobachter aus der Immobilienbranche stellen sich freilich die Frage, warum es mehr als 20 Jahre gedauert hat, bis das lukrative Grundstück in bester Währinger Wohnlage neu genutzt wird. Wurde da nicht viel Geld liegengelassen? Und hätte man es nicht hochpreisig an private Bauträger verkaufen sollen, um die leeren Kassen der Kirche aufzufüllen?
Kauf um 12,1 Millionen
Tatsächlich hat auch die Caritas das Grundstück vom „Haus der Barmherzigkeit“ nicht geschenkt bekommen – sondern um 12,1 Millionen Euro erworben. Um es dann einmal jahrelang brachliegen zu lassen. Hier hätten Pandemie und Teuerungskrise das Gesamtprojekt verzögert. „Überlegungen, das Grundstück wieder zu veräußern, gab es zu keinem Zeitpunkt, da der Bedarf an Pflege-Einrichtungen entsprechend groß ist“, sagt die Caritas. Die nun erfolgreicher als das „Haus der Barmherzigkeit“ sein will: Denn dessen Projekt „Generationen-Campus“ in der Vinzenzgasse, das 2010 präsentiert wurde, scheiterte aus finanziellen Gründen.
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