Häusliche Gewalt: Wo es in Wien die meisten Betretungsverbote gibt

Bereits am Gang hörten die Beamten lautes Geschrei, als sie vor drei Wochen ein Mehrparteienhaus in Favoriten betraten. In einer Wohnung wütete ein 27-jähriger Mann.
Möbelstücke lagen am Boden, der Mann ballte die Fäuste in Richtung seiner Frau – und er verletzte bei seiner Festnahme auch noch eine Polizistin. Die Beamten verhängten daraufhin ein Betretungs- und Annäherungsverbot gegen ihn.
Ein solches Verbot gilt grundsätzlich maximal zehn Tage, nachdem es ausgesprochen wurde. Diese Maßnahme dient der unmittelbaren Gefahrenabwehr und zum Schutz der Opfer. Ein Blick in die Statistik der Polizei zeigt, dass die Zahl der Wegweisungen in den vergangenen Jahren zurückging – waren es im Jahr 2023 noch 4.266, so sank die Zahl im Vorjahr auf 4.018.
Unterschiedlich verteilt
Die Verteilung pro Bezirk ist sehr unterschiedlich. „Betretungs- und Annäherungsverbote werden nach Stadtpolizeikommanden zusammengefasst, eine statistische Auswertung der einzelnen Bezirke liegt nicht in allen Fällen vor“, sagt Polizeisprecherin Anna Gutt. Vor allem kleinere Bezirke sind (s. Grafik) öfter unter einem Stadtpolizeikommando zusammengefasst.
In absoluten Zahlen wurden die meisten Betretungs- und Annäherungsverbote im Vorjahr in Floridsdorf, Favoriten und der Donaustadt ausgesprochen. Man müsse die Zahlen aber in Relation setzen, betont Klaudia Frieben, Vorsitzende des österreichischen Frauenrings: „In diesen Bezirken hat man mehr Betretungs- und Annäherungsverbote, weil die Flächen dieser Bezirke ja auch größer sind, da gibt es größere Ballungszentren.

Gemessen an der Einwohnerzahl liegen sie oft nicht schlechter als kleinere Bezirke. „Es überrascht mich aber trotzdem, dass gerade in den großen Bezirken weniger angezeigt worden ist“, so Frieben. Auffallend sei zudem, dass in Simmering und Liesing die Zahl der Wegweisungen zugenommen habe.
Anzeigebereitschaft
„Es ist aber schwierig, solche Zahlen an einzelnen Ursachen festzumachen. Das hängt auch von der Anzeigebereitschaft der Bevölkerung, und vor allem auch von Nachbarn ab“, sagte Frieben. Es sei grundsätzlich positiv, dass es im Vorjahr weniger Wegweisungen gegeben habe. „Es handelt sich dabei aber um die offiziellen Zahlen, die Dunkelziffer ist viel höher“, so die Vorsitzende des Frauenrings.
Im vergangenen Jahr wurden die meisten Gefährder im Mai und Juni weggewiesen, wie der aktuelle Gewaltschutzbericht zeigt. Betrachtet man das Thema der Wegweisungen österreichweit im Jahresvergleich, dann zeigt sich ein zwischenzeitlicher Anstieg. 2020 sprach die Polizei 11.652 Betretungsverbote aus, einen Höchststand gab es 2023 mit 15.115.
Im Vorjahr sank die Zahl dann wieder auf 14.583. Auch die Zahl der Gefährder, die durch die Beratungsstellen für Gewaltprävention beraten wurden, ist im Gewaltschutzbericht einsehbar: Und auch hier ging die Zahl von 2023 (12.681) auf 2024 (12.534) zurück.
"Frauen brauchen sieben Anläufe"
In der Regel bräuchten Frauen sieben Anläufe, bis sie sich Hilfe holen, erklärte Petra Warisch, interimistische Leiterin des Büros für Gewaltschutz, unlängst bei der Präsentation des Gewaltschutzberichts. „Und selbst dann ist nicht sicher, dass sie es aus der Gewaltspirale schaffen.“
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