Okkult-Betrügereien in Millionenhöhe: Vier Jahre Haft für "Jung-Schamanin"
Die Angeklagten am Mittwoch vor Gericht.
Das Gesicht der „Jung-Schamanin Anna“ ist eingefallen, Haarsträhnen hängen ihr wirr ins Gesicht, ihre Haltung gebeugt. Wenn sie spricht, ist sie kaum zu verstehen, so leise ist ihre Stimme.
Die 30-Jährige wurde am Mittwoch im Wiener Landesgericht wegen Okkult-Betrugs im großen Stil zu vier Jahren unbedingter Haftstrafe verurteilt, genauso wie zwei Komplizen, die ebenso zur Familie gehören. Die beiden Männer erhielten jeweils drei Jahre Haft, wovon in beiden Fällen zwei Jahre bedingt nachgesehen wurden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
19 Opfer bekannt
Kopf dieser „Familienbande“ ist die 45-jährige Mariana M., wie die „Schamanin Amela“ mit bürgerlichem Namen heißt. Sie ist derzeit auf der Flucht vor den Behörden. Mit Okkult-Betrügereien verursachten die zwei selbst ernannten Schamaninnen einen Schaden von 1,7 Millionen Euro – das ist jedenfalls der Betrag der bekannten 19 Opfer. Die zwei Frauen versprachen diesen, Krankheiten zu heilen, Dämonen auszutreiben und „verunreinigtes“ Vermögen zu säubern.
„In einem Fall zahlte eine krebskranke Frau, die mittlerweile gestorben ist, 56.000 Euro, da man ihr vormachte, ihre Krankheit so verschwinden zu lassen“, sagte die Staatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Anklage erhoben hatte. Eine Frau hatte den „Schamaninnen“ nicht weniger als 575.000 Euro übergeben, indem ihr vorgemacht wurde, sie wäre von Dämonen befallen und ihr Vermögen müsse „gereinigt“ werden.
"Richtiges Geschäftsmodell"
Die beiden Frauen hätten daraus ein richtiges Geschäftsmodell etabliert. „Die Opfer waren meistens Frauen. Angebahnt wurde der Betrug, in dem die Schamaninnen den Betroffenen Komplimente über ihre Aura machten und dann darauf achteten, wie die Opfer reagierten“, schilderte die Staatsanwältin. Zeigten die Personen kein Interesse, änderten die Schamaninnen die Strategie und sprachen von finanziellen Nöten, in denen sie sich befänden.
Und die Strategie funktionierte in vielen Fällen: Die Opfer händigten „Amela“ und „Anna“ entweder Bargeld oder auch Schmuck aus. Den angeklagten Männern wurde im Wesentlichen zur Last gelegt, die von den beiden Schwindlerinnen erbeuteten Vermögenswerte verwaltet und gewinnbringend angelegt zu haben.
Über einen Zeitraum von zehn Jahren – zwischen Februar 2015 und Jänner 2025 – sprachen die Schamaninnen ihre Opfer in Wien, aber auch in Linz, Neusiedl am See und in München auf der Straße an. Die Polizei kam dem Familienclan schließlich auf die Schliche: Zu Jahresbeginn wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt, bei denen Vermögen im Wert von zehn Millionen Euro sichergestellt wurde.
Vermögenswerte in Millionenhöhe
In der Verhandlung waren 1,7 Millionen Euro als Schadenssumme inkriminiert. Allein auf dem Anwesen der Familie in Maria Enzersdorf im Bezirk Mödling wurde Bargeld und Schmuck in Millionenhöhe beschlagnahmt. Versteckt waren die Sachen in einem gut versteckten Tresor, der bei der ersten Hausdurchsuchung übersehen wurde, und in einem zubetonierten ehemaligen Schwimmbad, das nur über eine Falltür erreichbar war.
Auf diversen Bankkonten war eine Million deponiert, zudem verfügten die Angeklagten über einen Fuhrpark von 14 Fahrzeugen im Wert von zumindest 320.000 Euro. Die „Sammlung“ umfasste auch ein Modell der Luxus-Marke Aston Martin, zwei Jaguar und drei hochpreisige BMW. Mit den Vorwürfen konfrontiert, machten die Angeklagten am Mittwoch im Verhandlungssaal 203 von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. „Alles in der Anklage stimmt. Außer die kriminelle Vereinigung. Mehr möchte ich nicht sagen“, gab die 30-jährige „Jungschamanin“ zu Beginn der Verhandlung an. Sie sei „so fertig“, dass sie keine Fragen beantworten könne, sagte Nikolaus Rast, der zweite Verteidigerin der „Jung-Schamanin“.
Familie erhält sechs Millionen zurück
Was passiert nun mit dem Vermögen der Familie? Laut den Anwälten seien die zehn Millionen nicht ausschließlich auf die Okkult-Betrügerein zurückzuführen, die Familie sei unabhängig davon vermögend. Das Gericht entschied schließlich, dem Familienclan sechs Millionen Euro wieder auszubezahlen. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass diese aus den kriminellen Machenschaften der Familie stammen.
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