Eine Komposition aus 17 Sorten: Der Gemischteste Satz von Wien

Weingarten "Mitterberg", Weingut Fuhrgassl-Huber in Wien, Neustift am Walde.
Er ist die Besonderheit von Wien und typisch für den Wiener Weinbau: Der Gemischte Satz. Die Weinstöcke wachsen am Nussberg, am Bisamberg, am Schenkenberg oder am Maurerberg, die Rieden, also die Anbauflächen, haben klingende historische Namen: Ried Sätzen, Ried Himmel, Ried Gollin, Ried Rosengartel oder Ried Preussen.
Auch direkt hinter dem Fuhrgassl-Huber, in der Ried Mitterberg, zwischen dem Weingarten direkt am Hof in Neustift am Walde und dem steil ansteigenden Neuberg gelegen, wachsen die Weintrauben für diesen Gemischten Satz. Leicht säuerlich schmeckt dort die Grüner-Veltliner-Traube noch, aber sie ist fast reif.

Am Mitterberg wachsen unterschiedliche Rebsorten direkt nebeneinander.
Andere Trauben sind noch weit von der Reife entfernt, weiß Katharina Napokoj, die Someliere des Weinguts Fuhrgassl-Huber. Und genau das ist die Kunst beim Gemischten Satz: Den Zeitpunkt zur Lese bestimmen, dass aus den unterschiedlichen Rebsorten mit unterschiedlichen Reifegraden trotz gemeinsamer Ernte dieser besondere, dieser typische Wein, in hoher Qualität entstehen kann.
Ur-Idee: Ertragssicherheit
Die Ur-Idee beim Gemischten Satz war ja, jedes Jahr ausreichend Wein für die Ausschank zu bekommen. Deshalb haben die Weinbauern verschiedene Sorten zusammen gesetzt. Fällt eine Sorte in dem Weingarten einem Schädling zum Opfer, springen die anderen quasi ein. Ertragssicherheit eben.

Weingarten in Neustift am Walde, Ried Mitterberg, Fuhrgassl-Huber.
Das hat sich geändert, denn der Gemischte Satz zählt zu den Vorzeigeprodukten der Wiener Winzer. Aber: Der Gemischte Satz verlangt dem Weinbauern immer noch das eigentlichen Handwerk ab und führt ihn zum "Bauer sein", zurück, bringt es Napokoj auf den Punkt.
Winzer muss den Weingarten kennen
"Du muss deinen Weingarten, deine Reben, kennen", sagt sie. Denn die unterschiedlichen Sorten mit unterschiedlichem Reifegrad - hochunreife Trauben kommen mit sehr reifen Trauben zusammen - brauchen den passenden Zeitpunkt zum Lesen.

Thomas Huber vom Weingut Fuhrgassl-Huber kennt seinen Weingarten.
Ab drei unterschiedlichen Sorten, die in einem zusammenhängenden Weinberg gemeinsam wachsen, geerntet und verarbeitet werden, kann der Wein Gemischter Satz genannt werden. Der Name kommt vom gemeinsamen "Aussetzen" der Weinstöcke.
Eine Sorte darf maximal 50 Prozent Anteil ausmachen, die dritte Sorte zumindest zehn Prozent.
65 Jahre alte Weinstöcke
Am Mitterberg sind die Stöcke bis zu 65 Jahre alt. Und hier wachsen gleich 17 unterschiedliche Sorten für einen Gemischten Satz des Weinguts Fuhrgassl-Huber: Chardonnay, Weißburgunder, Riesling, Goldburger, Grüner Veltliner, Gutedel rot, Sylvaner, Traminer, Roter Muskateller, Muskat Ottonel, Jubiläumsrebe, Müller Thurgau, Johanna von Mathis, Neuburger, Muskat Sylvaner, Grauburgunder und Österreich weiß.

Der Gemischte Satz Ried Mitterberg des Weinguts Fuhrgassl-Huber besteht aus 17 unterschiedlichen Weinsorten.
"Jetzt ist das Wetter perfekt", weiß Napokoj, "wir nehmen die heißen Tage mit viel Sonne und den kühlen Nächten noch mit, bevor die Lese beginnt." Kühle Nächte, das wollen die Trauben. Tropennächte nicht. Das weiß Napokoj.
Klimawandel: Schwerere Weine oder keine
"Der Markt verlangt nach leichteren Weinen, die Natur gibt uns schwere", resümiert die Weinexpertin mit Blick auf den Klimawandel, der die Bedingungen für den Weinbau in unserer Region verändert: "Geschmack und Alkoholgehalt ändern sich, die Säure fehlt."
Deshalb werde beim Nachsetzen darauf geachtet, angepasste Rebsorten zu pflanzen. Auch für die Ernte muss investiert werden. Es braucht Kühlpanele und Trockeneis, damit die Weintrauben nicht schon im Weingarten zu gären beginnen.

Die Weinlese ist gerade beim Gemischten Satz ein wesentlicher Faktor für die Qualität des Endprodukts.
Die durch die Klimakrise verstärkten massiven Unwetter im September des Vorjahres haben dem Fuhrgassl-Huber etwa ein Drittel Ernteausfall beschert. Dass so etwas durch Versicherungen gedeckt ist, ist nur die halbe Miete. Denn Händler wechseln dann rasch auch mal das Weingut, wenn dieses nicht liefern kann.
Apropos Markt: Erstmals hat das Weingut Fuhrgassl-Huber heuer auch der immer größeren Nachfrage nach alkoholfreien Weinen Rechnung getragen. Dabei setzt man nicht auf Entalkoholisieren, sondern auf einen Verjus aus unreif gelesene Riesling-Trauben. "Damit sind wir sehr nahe am Wein", ist Napokoj überzeugt: "Er hat Säure, Spritzigkeit und kaum Restzucker, ein spritziges Weinerlebnis."
Vier Varianten, jede ein Genuss
Aber zurück zum Gemischten Satz: Vier Varianten des Gemischten Satz gibt es beim Fuhrgassl-Huber.

Beim Fuhrgassl-Huber gibt es den Gemischten Satz in vier Varianten - klassisch, Mitterberg, Neuberg und vom Nussberg, Ried Gollin.
Den klassischen aus 10 Sorten mit Müller Thurgau und Grünem Veltliner als Hauptsorten, jenen mit den 17 Sorten vom Ried Mitterberg, einen vom Ried Neuberg (fünf Sorten mit Riesling als Hauptrebe und einem Traminer, der dem Wein eine exotische Note verleiht), sowie einen vom Nussberg, Ried Gollin, erste Lage in Wien (Chardonnay, Riesling und Grüner Veltliner als Hauptsorten.
Als Faustregel gilt, dass pro Rebstock eine Flasche Wein gemacht werden kann. Wobei das auch von der Qualität der Trauben abhängt, betont die Someliere. 2024 war jedenfalls ein gutes Jahr für den Gemischten Satz aus dem Ried Mitterberg, wie der KURIER-Test ergibt.
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