Wo Wien-Döbling ganz am Ende in Klosterneuburg übergeht

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Serie über das Ende von Wien: Unten bei der Donau logieren nicht „die oberen 10.000“. Ihren Charme strahlt die Peripherie aber auch dort aus.
Von Uwe Mauch

Wer mit seinem Rad hier die Wiener Stadtgrenze passiert, kennt die markante S-Kurve: Sie befindet sich genau dort, wo die niederösterreichische in die Wiener Donaustraße einmündet. Oder vice versa. Je nach Standpunkt. Mancher Radler wäre gut beraten, hier sein Tempo zu reduzieren.

„Es ist aber noch nie etwas passiert“, wundert sich Gerda Walchshofer. Und sie muss es wissen: Seit 45 Jahren ist sie die Wirtin der „Bierhütte“, die direkt neben dem S steht.

Einkehr in der „Bierhütte“

Ihre Gäste sind heute zum größeren Teil Benützer des Donau-Radwegs, zumindest an sonnigeren Tagen. Das war zu Zeiten, als ihre Mutter das rustikal aufgezimmerte Ausflugslokal geführt hat, noch anders: „Zu ihr kamen noch mehr Gäste, die in der Donau gebadet haben.“

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Seit 45 Jahren Wirtin in der „Bierhütte“: Gerda Walchshofer.

Ihre Mutter stand vor ihr dreißig Jahre lang hinter der Budel, und Frau Walchshofer hat „das alles“ schon als Kind sehr gemocht. Sie wird wohl am Stadtrand ein Loch hinterlassen, wenn sie eines Tages ihre Restauration an jemanden anderen abtritt.

Ein Blick auf die im kleinen Gastgarten und im Lokal angepriesenen Angebote beweist: Die Preise der „Bierhütte“ sind im Vergleich zu den Heurigen hüben (Wien) wie drüben (Klosterneuburg) beinahe nostalgisch.

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Wer den Müllmännern bei der Arbeit zusieht, kann die Landesgrenze erahnen.

Wo das Müllauto wendet

Die Ortstafeln, die das Ende der Haupt- und den Beginn der Stiftstadt markieren, sind weniger als fünfzig Meter voneinander entfernt. Wer den Müllmännern der Wiener Magistratsabteilung 48 bei der Arbeit zusieht, kann die Landesgrenze auch erahnen.

Einer aus der knallorange Equipe deutet über die Straße, zu den großzügig angelegten Arealen der Weingüter Mayer und Wailand: „Die Kübel dort drüben gehören noch uns.“

Nur wenige Meter weiter, bevor die Klosterneuburger Gewerbezone beginnt, wendet sein Kollege den Müllwagen mit dem Wien-Kennzeichen.

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Ruhiges Wasser, aber nicht immer: Hier "tritt" die Donau in die Stadt ein.

Die Wirtin der „Bierhütte“ erzählt, dass sie drüben in Niederösterreich wohnt. Auf die Frage, ob es sich denn im blau-gelben Bundesland besser oder schlechter lebt als in Wien, antwortet sie abgeklärt: „Deine Steuern zahlen musst du da wie dort.“

Neben der „Bierhütte“ führt ein schmaler Weg an Gartenhäusern vorbei, in denen weder die Hautevolee des 19. Bezirks noch der Adel Klosterneuburgs zu Hause ist. Auf einem Schild wird dessen ungeachtet mit Gott und einem bissigen Hund gedroht. Es richtet sich an alle, die den wenig brillanten Plan eines Einbruchs ins Auge fassen.

Der Weg führt hinauf zum Damm, der die Menschen vor dem großen Fluss schützen soll. Ruhig rinnt die Donau an dieser Stelle in das Wiener Stadtgebiet. Kein Vergleich zu den Tagen, an denen sie mit ihrem Hochwasser mehr als nur Sachschaden anrichtet.

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Tegetthoff lässt grüßen

Noch ein Stück stadteinwärts geht die Donaustraße direkt in die Kuchelauer Hafenstraße über. Auf Nummer 100 ist noch das Hauptgebäude der ehemaligen Marinekaserne zu sehen. Die Kaserne wurde im Übrigen 1938 von den Nazis und nicht schon zuvor unter Kaiser Franz Joseph gebaut. Während der Besatzungszeit waren hier Einheiten der Roten Armee einquartiert.

Nach 1955 salutierten in der „Tegetthoff-Kaserne“ die Soldaten des österreichischen Bundesheers. Heute wird laut Aushang „luxuriöses Wohnen am Wasser“ angeboten. So eine Immobilie benötigt auch eine klingende Bezeichnung: „Bierhütte“ war leider schon vergeben, daher: „The Shore“.

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Parallel zum Kuchelauer Hafen verlaufen die Gleise der Bahn. Und daneben die Bundesstraße 14. Erfahrene Zugfahrer wissen, dass sie bei der Fahrt aus Wien nach der Haltestelle Kahlenbergerdorf die Kernzone verlassen, was ihre Reisekosten empfindlich erhöht. Erfahrene Autofahrer kennen indes jedes Radar in- und außerhalb Wiens. Sie wollen dennoch zügig vorankommen. Der steile Hang des Leopoldsbergs drückt hier ordentlich auf die Gemüter.

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