Die Tischplatte der Polizei und ein blaues Auge: Angebliches Opfer verurteilt

Die Tischplatte der Polizei und ein blaues Auge: Angebliches Opfer verurteilt
Prozess: Nach einer Einvernahme hatte ein 41-Jähriger massive Verletzungen. Anwalt Helmut Graupner nennt es Folter.

Das linke Auge ist blutunterlaufen, die Wange massiv geschwollen. Bilder, die auch dem KURIER vorliegen, dokumentieren die Verletzungen von Herrn H.

Doch wie es dazu gekommen ist, dazu gibt es unterschiedliche Erzählungen. Ein Polizist soll ihm in einer Polizeiinspektion in Fünfhaus mehrmals mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, sagt Herr H.

Befragung

Der Polizist wiederum spricht davon, dass der 41-jährige Syrer bei einer Befragung in Rage geriet. Als der Polizist ihn mit den Händen nach unten drücken und beruhigen wollte, sei der Mann durch eine Ausweichbewegung mit dem Kopf heftig gegen einen Tisch geknallt.

Unabhängige Zeugen gibt es nicht. Nur das Gutachten des Gerichtsmediziners liegt als Beweis vor.

Der Anwalt von Herrn H., Helmut Graupner, nennt den Vorfall Folter. Doch die Ermittlungen gegen den beschuldigten Polizisten wurden eingestellt. Verurteilt wurde am Montag im Landesgericht für Strafsachen in Wien der 41-jährige Syrer – wegen Falschaussage und und Verleumdung. Und zwar zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt; nicht rechtskräftig.

„Ich empfinde das als ungerecht“, sagt Herr H. sofort. „Ich bin entsetzt“, meint Anwalt Graupner und meldet Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. „Das ist ein Freibrief für jede Polizeifolter!“

"Erfundene Geschichte"

Der Richter betont, dass er sich die Urteilsfindung nicht einfach gemacht hat. „Aber Sie haben eine erfundene Geschichte zum Besten gegeben“, sagt er zum Angeklagten. Der wiederum bestreitet, gelogen zu haben.

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Es gibt jedenfalls einige bemerkenswerte Details zum Vorfall, der sich am 13. April des Vorjahres ereignet hatte. Im Polizei-Protokoll ist etwa zu lesen, dass Herr H. gegen eine Tischkante geknallt sei. Doch diese Verletzungen passen mit der Darstellung nicht zusammen. Erst später ist von einer Tischplatte die Rede. Gegenüber der Rettung soll wiederum die Rede gewesen sein, dass Herr H. gegen eine Tür gelaufen sei.

Der Angeklagte hatte ausgesagt, dass er vom Polizisten gewürgt worden sei bis ihm die Luft wegblieb, dass er mehrere Schläge auf den Nacken bekommen hätte. Entsprechende Verletzungen wurden aber nicht dokumentiert.

„Es gibt hier so viele Dinge, die stinken“, fasst es Anwalt Graupner zusammen.

Zurück zur Inspektion

Als Herr H. bei einer anderen Polizeiinspektion eine Anzeige wegen der angeblichen Misshandlungen erstatten wollte, rief der Polizist den angezeigten Kollegen an. Der 41-Jährige wurde festgenommen und ausgerechnet auf jene Polizeistation gebracht, wo die Misshandlungen stattgefunden haben sollen. Dort musste er auch die Nacht im Arrest verbringen.

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Auslöser für all das sollen übrigens beleidigende Facebook-Nachrichten an eine Frau gewesen sein (das Verfahren wurde eingestellt). Der Partner der Frau erstattete Anzeige, der Polizist – eben jener, der später beschuldigt wurde, zugeschlagen zu haben – rief Herrn H. an und bat ihn auf die Polizeiinspektion zur Vernehmung. Im Zuge dessen kam es zu den Verletzungen.

Nun muss sich das Oberlandesgericht mit dem Vorfall auseinandersetzen.

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