Dampfende Kanaldeckel sorgen für Aufsehen auf Wiens Straßen

Das Phänomen dampfender Gullys ist in Wien heuer besonders extrem.
Auf den Straßen qualmt und dampft es aus den Kanälen. Was dahinter steckt und warum das Phänomen heuer so extrem auftritt.

Man kennt es vor allem aus amerikanischen Filmen und TV-Shows: Überall auf den Straßen qualmt und dampft es aus den Gullys, der Nebel sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre auf den nächtlichen Straßen. Für Manhattan sind solche Szenen fast schon ikonisch.

Hollywood-Flair liegt seit nunmehr einigen Tagen sprichwörtlich auch über Wien: Es „raucht“ auf den Straßen und das nicht wenig. Für Aufsehen sorgt das vor allem auf der Mariahilfer Straße

Passanten bleiben stehen, filmen und fotografieren sich im Nebel. Manche nutzen die cinematische Kulisse für ihren persönlichen Marilyn Monroe-Moment. Nachgespielt wird die berühmte Szene, in der sie über einem U-Bahn-Lüftungsgitter steht und ihr Rock hochweht.

"Mahü will Brooklyn spielen"

Auch auf den sozialen Medien verbreiten sich die ungewöhnlichen Bilder, ironisch untermalt mit den Worten: „Wien will New York sein“ oder „Mahü will Brooklyn spielen“. Gleichzeitig wird in den Kommentaren über die Ursache gerätselt, viele beobachten das Phänomen zum ersten Mal.

Der Nebel hat gleich mehrere Gründe und tritt in diesem Jahr nicht nur gefühlt, sondern tatsächlich besonders stark auf, wie eine Anfrage bei den Wiener Netzen zeigt.

Je kälter, desto stärkere Dampfbildung

Der "Rauch" an sich ist einfach erklärt: Es handelt sich um Wasserdampf, der entsteht, wenn feuchte, warme Luft aus dem Kanalsystem an die kalte Außenluft gelangt. Im Kanal herrschen meist Temperaturen zwischen etwa 10 und 20 Grad, da ständig warmes Abwasser aus Haushalten (Duschen, Waschmaschinen, Küchen, etc.) einfließt.

Wenn diese feuchte Luft durch die Gitteröffnungen entweicht und auf kalte Winterluft trifft, kondensiert der Wasserdampf – ähnlich wie bei Atemwolken im Winter. Sichtbar wird der Effekt vor allem bei Temperaturen unter 10 Grad. Je kälter die Luft, desto stärker. 

In Wien gibt es keinen Quadratmeter, wo man nicht auf der Leitung steht.

von Christian Call

Wiener Netze

Zwei weitere Faktoren: Im Boden verlaufen zahlreiche Leitungen, so auch für die Fernwärme. "Man sagt scherzhaft, es gibt in Wien keinen Quadratmeter, wo man nicht auf der Leitung steht“, sagt Pressesprecher Christian Call.

Schäden durch viele Baustellen im Sommer

Gleichzeitig gibt es im Sommer viele Baustellen, wobei es zu Schäden an Leitungen kommen kann. Bemerkt werden die jedoch erst bei Beginn in der Heizperiode.

Nicht nur wird im Winter mehr Wärme benötigt, auch da Wasser ist gut doppelt so heiß: Während im Sommer das Wasser mit einer Temperatur zwischen 80 und 100 Grad durch die Leitungen fließt, sind es im Winter zwischen 140 und 160 Grad. 

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Die defekte Leitung auf der Mariahilfer Straße soll bis nächste Woche repariert sein.

Das Phänomen dampfender Gullys ist in Wien heuer besonders extrem.

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Zu beobachten ist das Phänomen in mehreren Bezirken in ganz Wien.

Auch auf der Mariahilfer Straße gibt es ein beschädigtes Rücklaufrohr bzw. einen Riss in der Isolierung. Warmes Wasser tritt aus, versickert und verursacht zusätzlich Nebel. Die Reparaturen sollen bis nächste Woche dauern, die Wärmeversorgung sei aber sichergestellt.

"In der Adventzeit sind viele Leute unterwegs, daher versuchen wir die Reparaturen vor allem in der Nacht durchzuführen. Und selbst wenn die Leitung abgestellt werden muss, merken die Kunden das meist nicht. Die Restwärme hält sich in den Leitungen noch für 24 Stunden", sagt Call.

Heuer mehr Störungen als sonst

Ist eine Leitung unterbrochen, werden mobile Wärmezentralen eingesetzt. Dabei handelt es sich um große Container, die mit Diesel-Aggregaten angetrieben werden und Wärme erzeugen. "Das ist wie eine Standheizung bei einem Auto, die an das Fernwärmenetz angeschlossen wird."

Generell bemerkte man heuer mehr Störungen als sonst: „Wahrscheinlich, weil es relativ schnell kalt geworden und der Heizbedarf sprunghaft angestiegen ist“, sagt Call.

Eine Gefahr sind die lauwarmen Dämpfe übrigens nicht. Außer, sie treten unter großem Druck aus. In solchen Fällen kann der Dampf heiß sein und es sollte die Fernwärmehotline (0800 500 751) kontaktiert werden.

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