Caravaning in Hütteldorf: Was auf dem sanierten Campingplatz in Wien-West los ist

Gegen 9 Uhr sitzen viele noch gemütlich-entspannt in ihren Campingstühlen. Den Kaffee zum Frühstück haben sie sich selbst zubereitet – in ihren Hightech-Wohnmobilen.
Im Schnitt, das weist die Statistik des Betreibers – das Verkehrsbüro – aus, verbringen sie 2,5 Tage auf dem „Campingplatz Wienerwald“ in der Hüttelbergstraße 80.
Der präsentiert sich nach einer Vollsanierung seit März in neuem Outfit. Zeitgemäß bietet er den Gästen jenen Komfort, auf den sie heute nicht mehr verzichten wollen: leistungsstarke Anschlüsse für ihre fahrbaren Unterkünfte, saubere Sanitäranlagen, auch ein Bistro mit Kipferl und Co.
Frei und flexibel
Rolf und Evelin Hopmann sind am Vorabend angekommen. Seit zehn Jahren nehmen sie ihre eigenen vier Wände aus Berchtesgaden mit auf ihre Reisen. Sie waren damit in Norwegen, Schweden, Irland, England, Italien, Frankreich, Kroatien, der Schweiz und nicht zuletzt in Österreich.
„Man fühlt sich freier als in einem Hotel“, wiederholt Rolf ein altes Plädoyer für den Campingurlaub. „Wir sind flexibler“, meint seine Frau Evelin. Kann sein, dass sich auf ihrer aktuellen Tour noch ein Abstecher nach Brünn und in die Wachau ausgeht. Vorläufig fix ist nur, dass man heute noch mit dem Bus und mit der U-Bahn zum Schloss Schönbrunn fahren möchte.
Deutsche Kennzeichen auf den Wohnmobilen sind keine Seltenheit. Stark vertreten auf dem Campingplatz im Westen von Wien sind seit vielen Jahren auch Holländer sowie Einheimische aus den westlichen Bundesländern.

Camping-Fans: Evelin und Rolf Hopmann.
Ihre viele Meter langen, mit viel technischem Komfort ausgestatteten Eigenheime auf zwei oder vier Rädern (abhängig davon, ob Wohnmobil oder Wohnwagen) wurden um viel Geld gekauft. Die Erzählung, wonach ein Campingurlaub billig sein muss, hat sich somit überholt. Auch die Gebühren auf dem Campingplatz im „Landschaftsschutzgebiet Penzing“ sind keine Schnäppchen mehr. Bis zu 70 Euro kostet hier das Abstellen eines Wohnmobils für einen Tag.
Kathrin Kren, sie ist stellvertretende Betriebsleiterin, weiß aus eigener Erfahrung, dass Campingurlaube schön ins Geld gehen: „Seit die Kinder da sind, machen wir so Urlaub. Ich mag die größere Flexibilität und die Ungezwungenheit in der Natur.“
Seit März ist Kren wieder auf dem Campingplatz im 14. Bezirk tätig. Die Arbeit gefalle ihr sehr, erzählt sie. Besser als die Tätigkeit in der Rezeption eines Wiener Hotels, so sie zuvor angestellt war: „Weil ich hier viel Zeit im Freien sein kann. Und weil es für unser neunköpfiges Team immer etwas zu tun gibt.“
Übrigens „arbeite“ es auch im Urlaub in ihr, unbewusst: „Da kann ich gar nicht anders. Da schaue ich darauf, was andere Campingplatz-Betreiber anders machen als wir.“
Kaffee steht auch noch auf dem Campingtisch von Sven und Katja Seidel aus Würzburg. Die beiden sind mit ihren Kindern im Vorjahr von einem Wohnwagen auf ein Wohnmobil umgestiegen. Auch sie sind echte Fans des „Caravanings“, wie man das Campieren inzwischen nennt. Wer kennt übrigens noch die vergleichsweise puristische Form des Zeltens?
„Die Reise beginnt schon mit dem Wegfahren“, erklärt Sven. „Wir können auch den Hund mitnehmen“, freut sich Katja. Beide loben auch den sozialen Kitt auf einem Campingplatz: „Man trifft viele nette Menschen. Wenn du ein Werkzeug oder etwas anderes brauchst, helfen dir auf der Stelle deine Nachbarn, die noch kurz zuvor wildfremd waren.“
An diesem Donnerstag Mitte Juni sind lange nicht alle Stellplätze belegt. In der Rezeption spricht man von einer Auslastung von weniger als 50 Prozent. Anders als auf Campingplätzen an der Adria, muss man sich in Penzing nicht eng wie die Sardinen geschlichtet fühlen. Dafür fehlen der Blick auf das Meer und auch sein Rauschen.
Die beiden Würzburger stört das nicht. Sie freuen sich auch in Wien über die freie Sicht zum Himmel, den der IT-Experte und auch die Arzthelferin im Beruf vermissen: „Das genießen wir sehr.“

Sven und Katja Seidel.
Wien und die Welt
Heute fährt die Familie erneut in die Innenstadt, ins Naturhistorische Museum. Auf der Heimfahrt will man dann eventuell noch einen Stopp an einem Kärntner See einlegen. So wie bei den alten Campierern ist auch bei den Caravanern nicht alles bis ins Detail geplant. Öfters wird der Stellplatz für die kommende Nacht unterwegs, aus dem Auto, gebucht. Nach Wien, sagen aber alle, wollen sie sicher wieder kommen.
Das weitläufige Grundstück Hüttelbergstraße 80 ist bis heute im Besitz der Stadt Wien. Es wurde im Lauf der Jahrzehnte für verschiedene Zwecke genützt, wie Kay Fröhlich vom Verkehrsbüro herausgefunden hat.
Nach dem Ersten Weltkrieg wird hier sechs Jahre lang eine Erholungsstätte der Kinderfreunde betrieben. In der Zweiten Republik ist zunächst eine Pflichtschule der Gemeinde Wien (mit zwei Klassenzimmern) und dann eine städtische Tageserholungsstätte in Betrieb.
Im Jahr 1967 werden für den Wiener Verkehrsverein an der Hüttelbergstraße, die von der Linzer Straße an der Fuchs-Villa vorbei hinauf zur Höhenstraße führt, eine Handvoll Kabanen gebaut. Daneben gibt es eine eigene Zeltwiese, noch ohne Stellplätze, dafür ab 1968 mit eigenem Verkaufskiosk samt Espresso (veralteter Begriff für ein kleines Kaffeehaus).
Im Jahr 1971 taucht in den Unterlagen von Kay Fröhlich zum ersten Mal der Name „Campingplatz Wien West II“ auf. Schon damals lockt er Städtetouristen an.
Im Dezember 1984 wird die Wigast GaststättenbetriebsgesmbH. Pächter des stadteigenen Grundstücks. 2003 wird die Wigast und deren Pacht von der Verkehrsbüro AG übernommen. Zwanzig Jahre später, im Oktober 2023, wird der Campingplatz für vierzehn Monate lang gesperrt. Die Neugestaltung kostet laut Kay Fröhlich fünf Millionen Euro. Sie beinhaltet unter anderem auch Maßnahmen zum Klimaschutz sowie den Bau von fünf sogenannten „Tiny Houses“. Das sind Mini-Holzhäuser mit Bad, WC, einem Zimmer und Küche.
Heute werden beide Wiener Campingplätze vom Verkehrsbüro betrieben. Der zweite Campingplatz (mit 180 Stellplätzen um ein Drittel größer) befindet sich am anderen Ende der Stadt, nahe der Donauinsel in der Donaustadt. Er lockt ein jüngeres Publikum an, vor allem Radfahrer, die auf dem Donauradweg in Wien Station machen.
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