Wiener Petitionen: Bürgerbeteiligung zum Krenreiben

Den Khleslplatz kannten bis vor Kurzem wohl nicht allzu viele Wiener. Die schmucke Piazza in Altmannsdorf liegt doch etwas abseits vom „Schuss“ – dabei nimmt seine jüngere Geschichte nun einen zentralen Platz im kommunalpolitischen Geschehen ein. Denn die umstrittene Umwidmung des historischen Areals zeigte deutlich auf, was die Stadtregierung eigentlich von aktiver Bürgerbeteiligung hält. Nämlich nichts.
Unmittelbar bevor im Juni die Anrainer gehört wurden, die in kurzer Zeit via Petition mehr als 1.000 Unterschriften gesammelt hatten, wurde schon die Widmung beschlossen. Und zwar Husch-Pfusch, wie sich nun herausstellt, weil dabei ein Formalfehler begangen wurde. Doch statt jetzt die Zeit zu nützen und das umstrittene Vorhaben zu überdenken, wird einfach Altes neu beschlossen. Zugleich richtet man den betroffenen Bürgern öffentlich aus, man habe ihre „Wünsche und Anregungen“ eh schon berücksichtigt. Autsch.
Beschäftigungstherapie
Das Wiener Petitionsrecht wurde einst unter Rot-Grün I eingeführt, um den diversen Bürgerinitiativen mehr Chancen und Rechte einzuräumen. Doch in Wahrheit ist das Wiener Modell – ab 500 Unterschriften erfolgt eine Behandlung im Petitionsausschuss – eine Beschäftigungstherapie mit wenig Chancen auf Erfolg. Vielleicht gibt es hier ein neues Bankerl und dort ein Bäumchen zu ergattern, aber alle größeren Anliegen, die insbesondere der mächtigen Wiener SPÖ zuwiderlaufen, bleiben völlig ausgespart.
Ganz zu schweigen von den ganz großen Streitfällen wie Lobau-Tunnel und Heumarkt-Projekt. Eigentlich wären solche Dinge prädestiniert für Plebiszite, um sie auch ein für alle Mal zu entscheiden. Aber offenbar haben die Roten ihre Schlappen – von Zwentendorf (1978) bis zur Wehrpflicht (2013) – noch nicht verdaut. Dabei ist sonnenklar, dass echte direkte Demokratie – wie in der Schweiz mit klaren Regeln – ein Mittel gegen Politikverdrossenheit und ein Gewinn für die Demokratie an sich wäre.
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