28.569 Werke auf 50 Quadratmeter: Bücher, so weit das Auge reicht
"Ich ordne die Stapel immer so an, dass ich noch durchgehen kann" erklärt Franco Schedl (51), während er sich ins Innere seiner Wohnung vorarbeitet. Hier stehen Bücher, egal wohin man blickt. Ledergebundene Bände sind sorgfältig aneinandergereiht, anderswo klettern Büchertürme an den Wänden empor.
Öffnet man den Kamin, wird man auch darin Bücher finden. Selbstverständlich auch in allen Einbauschränken sowie unter dem Bett und der Sitzbank in der Küche. In Reih und Glied stehen bekannte Nachnamen wie Bernhard, Heidegger, Kluge oder Arendt.
Franco Schedl sammelt sie alle – aktuell sind es genau 28.569 Stück an der Zahl. Zeitschriften nicht mitgezählt, wie er erklärt. Der Großteil seines Schatzes ist in seiner 50 Quadratmeter großen Wohnung im 5. Bezirk untergebracht. Zusätzlich bevölkern die Bände noch sein Kellerabteil sowie vier zusätzlich angemietete Abteile in einem Lagerraum. Den Überblick behält Schedl mit Karteikarten, beginnend mit dem Eintrag von Arno Schmidts "Zettels Traum" vom 12. Jänner 1992. Es ist eines seiner Lieblingswerke.
Bücher spielten in der Familie Schedl immer eine wichtige Rolle. Bereits bevor er lesen konnte, habe er schon in ein Buch von Theodor Fontane gebissen. "Unterm Birnbaum, ein Taschenbuch. Ich habe das Buch irgendwo hier, man sieht noch meinen Zahnabdruck", verrät der Sammler lachend. Auch heute liest Schedl noch viel, ungefähr zehn bis 15 Bücher im Monat.
Die Sammlung sei als eine Art Privatbibliothek entstanden, aus einer "unbezähmbaren Neugierde" heraus. Es gehe ihm auch um die Hoffnung, die das Lesen vermittelt: "Man glaubt, von dem nächsten Buch könnte das Leben abhängen, weil man durch das Lesen ja ein anderer Mensch werden könnte." Dass er seine Sammlung nie ganz auslesen kann, bereitet dem gebürtigen Wiener aber keine Sorgen. Vielmehr gehe es ihm um den Zugriff auf die Werke: "Es braucht oft Zeit. Manche Bände stehen oft Jahre oder sogar Jahrzehnte im Regal. Aber dann macht es plötzlich Klick."
Lesen lieber analog
Ein E-Reader kommt Franco Schedl nicht ins Haus, der letzte Bildschirm musste vor Kurzem Büchern weichen. Auch der Versuch, Schedls minutiös geführte Aufzeichnungen zu digitalisieren, scheiterte vor Jahren kläglich, da er seine wertvolle Lesezeit nicht vergeuden wollte. Online-Ressourcen sind für den 51-Jährigen dennoch wichtig, da er hier gezielt nach seltenen Büchern suchen kann oder sich auf den Websites von Verlagen umschaut. Früher fand er die meisten seiner Bücher noch in Antiquariaten.
Die schiere Bücherflut wird laut Schedl auch nicht mehr weniger werden. Mittlerweile sei man beim "eisernen Bestand" angekommen. Manchmal werden doppelte Bücher aussortiert, aber nur, um sie durch wertvolle Gesamtausgaben zu ersetzen. Sein Hobby lässt sich Schedl auch einiges kosten, nämlich bis zu einem Drittel seines monatlichen Gehalts. Fast verschwörerisch fügt er hinzu: "Früher war es noch schlimmer." Als Kapitalanlage sieht der Wiener seine Bücher aber keineswegs: "Ich bin kein Fetischist, ich brauche keine Erstausgaben".
Als vor Jahren in die Kellerabteile des Hauses eingebrochen wurde, blieb sein Schatz als einziger verschont. Den Einbrechern waren die Bücher wohl zu schwer, witzelt Schedl. Ein positiver Nebeneffekt seiner großen Liebe, der Literatur.
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