Großprojekt Alte WU: Ist der Abriss ausgemachte Sache?

Auf dem Gelände der Alten WU soll mit dem „Campus Althangrund“ der größte Uni-Campus des Landes entstehen. Gleichzeitig ist es das vermutlich größte Bildungsbau-Vorhaben der nächsten 20 Jahre, wenn nicht mehr.
Auf 80.000 Quadratmetern sollen zwei Universitäten sowie zwei Bundesschulen Platz finden und rund 20.000 Menschen lernen, lehren und arbeiten. Für die Realisierung wurde von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) ein EU-weiter Wettbewerb ausgerufen.
Die Ausschreibung ging im August online – und lässt Kritiker der Initiative „Allianz Alte WU“ Schlimmes befürchten: einen großflächigen Abriss des Gebäudekomplexes statt einer umweltfreundlichen Sanierung. Denn so alt ist die Alte WU noch gar nicht.
Realisierung bis 2032
In den 1970er-Jahren wurde das Universitätszentrum Althangrund auf einer Überplattung des Franz-Josefs-Bahnhofs errichtet. Die Wirtschaftsuniversität (WU) wurde 1982 fertiggestellt, zog 2013 jedoch auf den neuen Campus im Prater. Seither wird das Areal von unterschiedlichen Instituten intensiv zwischengenutzt.
Bis 2032 soll nach Plänen des Bundes, der Stadt Wien, der ÖBB und der BIG „ein hochmoderner Bildungscampus“ daraus werden. Die Vorgabe der BIG für den Wettbewerb: der Erhalt von 40 Prozent der Bestandsstruktur.
Es ist absoluter Irrwitz, mit viel Geld ein Labor über einem Bahnhof bauen zu wollen.
Architekt
Für die „Allianz Alte WU“ und den Architekten Johannes Zeininger ist das nicht genug. Es handle sich dabei lediglich um den Unterbau des Gebäudes: „Wir brauchen endlich einen Paradigmenwechsel im Umgang mit bestehenden Lebensräumen. Die BIG hat als größte Immobilienverwalterin des Staates die verdammte Pflicht dazu.“
Erdbeben und Zugunglücke
Doch was spricht laut BIG gegen den Erhalt des Gebäudes? Niedrige Raumhöhen, schlechte natürliche Belichtung sowie mangelnde Erdbebensicherheit. Letzteres hat laut „Allianz“ Professor Peter Bauer von der Technischen Universität Wien entkräftet. Beim Bau sei miteingeplant worden, dass die Stützen den Aufprall eines entgleisten Zuges standhalten können.
Ein „Totschlagargument“ sind für Zeininger die von der BIG ins Feld geführten schwingungsfreien Laborräume. „Es ist absoluter Irrwitz, mit viel Geld ein Labor über einem Bahnhof bauen zu wollen.“
- Planungsphase Herbst 2026
- erste Baugenehmigungen Herbst 2028
- etappenweiser Baustart frühestens ab 2028
- schrittweise Eröffnung Anfang der 2030er-Jahre
- Fertigstellung 2032
Bei der BIG wird betont, dass der Rückbau der Gebäude keine explizite Vorgabe sei. Auf Grundlage von Untersuchungen sehe es jedoch ganz danach aus, als müssten große oberirdische Teile rückgebaut werden. „Wie es weitergeht, wird der Architekturwettbewerb zeigen“, heißt es in einer Stellungnahme.
Auch das geht der Initiative nicht weit genug. Dass es Bewerbern einfach selbst überlassen wird, die Vorgaben freiwillig zu übertreffen, nennt Zeininger „scheinheilig“ und „perfide“. Stattdessen hätten Projekte, die möglichst viel Bestand erhalten, in der Jurybewertung belohnt werden sollen.
Anfrage im Parlament
„Wer bei so einem riesigen Wettbewerb mitmachen will, muss mindestens 100.000 Euro investieren. Erfahrene Büros werden zwischen den Zeilen erkennen, was gewünscht ist“, sagt Zeininger. Dass eine Sanierung mit Zubau sehr wohl eine Alternative zum Abriss sein könnte, zeige auch das Projekt „Francis“ am Rande der Althangründe. Bei dem Gebäude aus den 1970er-Jahren sei nämlich genau das passiert.
Ein Interesse hat die Initiative auch am Inhalt der Verträge zwischen ÖBB und BIG. Hoffnung macht, dass am 1. September das Informationsfreiheitsgesetz in Kraft tritt und das Amtsgeheimnis ablöst. „Wir sind mit Parteien in Kontakt. Vielleicht können wir eine davon überzeugen, eine Anfrage zu stellen“, sagt Zeininger.
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