Patientin starb nach Medikamenten-Überdosis: Ermittlungen gegen AKH-Arzt

Neues AKH Wien
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen grob fahrlässiger Tötung. Der Mediziner darf bis auf Weiteres keine Patienten mehr versorgen. Das Pflegepersonal soll Bedenken geäußert haben.

Dass die Patientin schwer krank war, ist unbestritten. Die 88-jährige Frau litt an Krebs, ihr Allgemeinzustand wurde als "schlecht" eingestuft, sie litt unter Atembeschwerden und einer eingeschränkten Nierenfunktion. Doch Schmerzen, so ist es intern im AKH vermerkt, hatte sie keine.

Dennoch soll die Frau gleich zwei Mal das Medikament Vendal intravenös verabreicht bekommen haben - ein Opioid, das in hoher Dosis die Atmung unterdrückt und zum Tod führen kann. Nicht genug, sie soll das Medikament in deutlicher Überdosierung erhalten haben. 

Die Seniorin starb am 13. November des Vorjahres. Nun laufen Ermittlungen wegen grob fahrlässiger Tötung gegen den behandelnden Oberarzt, wie die Staatsanwaltschaft Wien dem KURIER bestätigt.

In einer Sachverhaltsdarstellung, die dem KURIER vorliegt, wird betont, dass die Seniorin "Lebenswillen zeigte". Nie sei von ihr geäußert worden, dass sie sterben wolle. Die Behandlung gegen die Atembeschwerden während des Krankenhaus-Aufenthalts schlug bei ihr an, die Sauerstoff-Sättigung konnte deutlich verbessert werden. Als die Frau nach möglichen Schmerzen auf einer Skala von 0 bis 10 gefragt wurde, gab sie an, schmerzfrei zu sein.

Pflegepersonal äußerte Bedenken

Dennoch soll ihr der behandelnde Oberarzt Vendal als Schmerzmittel verordnet haben. Ausgerechnet ein Medikament, das bei betagteren Patienten mit Nierenfunktionsstörungen heikel ist und bei Einsatz entsprechend niedrig dosiert werden muss. 

Das Pflegepersonal jedenfalls dürfte Bedenken angemeldet haben und wandte sich an den Vorgesetzten. Dieser untersagte die Gabe von Vendal.

Wenige Stunden später allerdings soll die Frau das Medikament doch bekommen haben. Laut Sachverhaltsdarstellung weigerte sich das Pflegepersonal erneut, woraufhin der Oberarzt selbst die Infusion legte. "Ihr könnt mich dabei gerne fotografieren", soll er den anwesenden Kollegen und Kolleginnen, die Bedenken äußerten, gesagt haben.

Sechsfache Überdosis

Um 16.40 Uhr startete die Infusion, kurz vor Mitternacht starb die Frau. Das Medikament soll bis zu sechsfach überdosiert gewesen sein.

Der Vorgesetzte des Oberarztes verständigte daraufhin Rektorat und Staatsanwaltschaft. "Er ist seiner Verpflichtung nachgekommen", betont dessen Rechtsanwalt Florian Höllwarth.

Patientin starb nach Medikamenten-Überdosis: Ermittlungen gegen AKH-Arzt

Florian Höllwarth ist der Anwalt des Vorgesetzten

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde der Mediziner "sofort von der Patientenversorgung abgezogen", wie es aus dem AKH heißt. Die MedUni Wien (sie ist der Dienstgeber) erklärt gegenüber dem KURIER: "Die MedUni Wien hat als Arbeitgeberin bereits disziplinarrechtliche Maßnahmen getroffen. Wie von Ihnen bereits angesprochen und vom AKH Wien bestätigt, auch jene, die beinhaltet, dass der genannte Chirurg bis auf Weiteres von allen klinischen Aufgaben mit unmittelbarem Patientenkontakt entbunden worden ist und derzeit ausschließlich mit Aufgaben in Forschung, Lehre und Verwaltung betraut ist."

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