Älteste Tischlerei Wiens feiert 150-jähriges Jubiläum

Arbeitsraum Tischlerei
Wie überlebt eine Tischlerei drei Jahrhunderte mitten in Wien? Nowak & Steiner zeigen, auf welches Rezept der Betrieb seit fünf Generationen setzt.

Von Franziska Trautmann

Wer durch die Hermanngasse im 7. Bezirk geht, bemerkt den Betrieb fast nicht. Doch hinter der schlichten Fassade arbeitet eine der ältesten Tischlereien Wiens: Nowak & Steiner, seit 1875 im Familienbesitz und heuer stolze 150 Jahre alt geworden. Mittlerweile befindet sich der Betrieb in der fünften Generation und wird von Markus Steiner und seiner Schwester Nicole geführt. 

„Im Prinzip können wir noch so wie im 19. Jahrhundert arbeiten“, sagt Nicole Steiner. Moderne Maschinen nutze man zwar gern, „aber wir könnten im Notfall auch ohne sie“. Dieser Respekt vor dem alten Handwerk ist das Fundament des Betriebs.  In drei verschiedenen Jahrhunderten hat die Tischlerei viele Entwicklungen  überstanden. Ein wesentlicher Punkt, um eine traditionelle Wiener Tischlerei auch ins nächste Jahrhundert zu bringen ist laut Steiner, „sich wie um eine Familie darum zu kümmern“. 

Von Fenstern bis Küchen

Insgesamt arbeiten zwölf Tischler im Betrieb, der aus einer Bau- und Möbeltischlerei besteht. Von Fenstern über Türen bis zu komplett ausgestatteten Küchen kann alles angefertigt werden. Dass es für jedes Projekt einen durchgängigen Ansprechpartner gibt, ist den Inhabern besonders wichtig. Für die Beratung nehmen sich die Tischler 15 bis 25 Stunden Zeit. Der Produktionsprozess selbst dauert für eine Küche zum Beispiel vier bis sechs Wochen.

Das Praktische: Nowak & Steiner haben langjährige Kooperationen mit einem Installateur, Elektriker, Steinmetz und Glaser. Dadurch können sie alles anbieten und sofort umsetzen. Diese Kooperationen haben auch den Vorteil, dass man sich kennt und aufeinander verlassen kann. „Uns geht es wie den Kunden. Ich möchte einen persönlichen Ansprechpartner, der uns berät. Mit diesen Kooperationen leben wir das, was wir auch unseren Kunden versprechen: Beständigkeit“, erklärt Steiner. Ihr Material kaufen sie auch zu 99 Prozent von österreichischen Firmen aus Nieder- oder Oberösterreich.  

Und genau das unterscheidet sie auch von großen Möbelhäusern wie Ikea und Co. Die Tischlereibesitzerin sieht darin keine Konkurrenz. „Ein Kasten von Ikea kostet bei uns zum Beispiel rein vom Produkt her gleich viel. Bei uns zahlt man mehr für den Service. Das unterscheidet uns von den Großen. Wir schicken keine Montagetischler nur zum Aufbau, sondern gelernte Tischler, die das Projekt vom Anfang bis Ende betreuen“, erklärt Steiner. 

Hürden in der Großstadt

Trotzdem ist die Tischlerei auch zunehmend mit Herausforderungen konfrontiert. Die Größte: fehlende Parkplätze. Das sorgt bereits jetzt für Umstände bei der Lieferung. Für Steiner ist auch keine Besserung in Sicht. „Das wird den Kunden über kurz oder lang treffen, weil wir teilweise schon Bezirke haben, wo wir zu dritt hinfahren, und einer fährt wieder zurück. Dadurch entstehen zusätzliche Kosten für den Kunden und für uns“, bedauert Steiner.

Obwohl die Parkplatz-Situation ein zunehmendes Problem ist,  vergrault es die Kunden trotzdem nicht. Neben einem großen Stammkundenstock, besonders aus Hausverwaltungen und Wohnungseigentumsgemeinschaften bestehend, kamen in der Pandemie viele neue dazu. 

Vor allem kreative Kunden, die sich extravagante Vorstellungen wie bunte Ankleideräume, gläserne Kühlschränke oder in der Wand versteckte Regale wünschen. „Wenn man Kunden hat, die offen für neue Ideen sind, kann man gemeinsam unglaublich viel ausprobieren.“ Und genau darauf setzt die Wiener Tischlerei auch für die nächsten Jahrzehnte.

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