365-Euro-Jahreskarte für Öffis: Was Bürgermeister Ludwig jetzt vorhat

Die 365-Euro-Jahreskarte der Wiener Linien ist für die meisten Wiener bereits ein Klassiker. Viele können sich gar nicht mehr daran erinnern, dass die Netzkarte vor der Einführung im Jahr 2012 noch 449 Euro gekostet hat.
Stolz hält Wien seitdem an der 1-Euro-pro-Tag-Jahreskarte fest (mehr zahlen nur diejenigen, die sich für Ratenzahlung entscheiden). Und das soll auch weiterhin so bleiben, wie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) als Reaktion auf den KURIER-Artikel vom Wochenende verlautbaren ließ: „In Zeiten, in denen die Teuerung die Haushalte stark belastet, setzen wir ein klares Zeichen: Die 365-Euro-Jahreskarte der Wiener Linien bleibt!“
Preiserhöhung ist damit vom Tisch
Eine Preiserhöhung ist damit – vorerst – vom Tisch. Und das, obwohl die Jahreskarte längst das Stadtbudget belastet. Ging man anfangs noch von einem jährlichen Fehlbetrag von rund 50 Millionen Euro aus, so hat sich diese Summe 2023 auf 200 Millionen vervierfacht, heißt es aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke, der den Wiener Linien pro Jahr 1,2 Milliarden Euro (inklusive U-Bahn-Bau) zur Verfügung stellt.
Jahreskarten
2012 gab es rund 512.000 Jahreskartenbesitzer. 2023 waren es 794.000 Jahreskartenbesitzer plus 189.000 Klimaticketbesitzer. 2023 hatten mehr als 930.000 Menschen eine Jahreskarte, der Pkw-Bestand lag bei 730.000
Fahrgastzahlen
2012 gab es bei den Wiener Linien 906,6 Millionen Fahrgäste, im Jahr 2023 waren es 792 Millionen
Modal Split
Der Anteil des öffentlichen Verkehrs im Modal Split war mit 39,4 Prozent im Jahr 2012 am höchsten. 2023 lag er bei 32 Prozent
Auch zur Verkehrswende hat die günstige Jahreskarte bisher nur zum Teil beigetragen. Die Zahl der Besitzer ist laut Daten der Wiener Linien bis 2020 – bis zur Pandemie – zwar stetig gestiegen. Und mittlerweile gibt es auch schon mehr Jahreskarten- als Autobesitzer in der Stadt (siehe Infobox). Aber: Auf die Fahrgastzahlen der Wiener Linien und auf den Modal Split (die jährliche Aufschlüsselung, wie viele Personen welche Verkehrsmittel nützen) hatte die 365-Euro-Karte nur geringen Einfluss.
Beim Modal Split wiederum war der Anteil des öffentlichen Verkehrs mit 39,4 Prozent noch nie so hoch wie 2012: Also ebenfalls in genau dem Jahr, in dem die 365-Euro-Jahreskarte eingeführt wurde. Seither ist er gesunken, 2023 lag er bei 32 Prozent.
Da die Fahrgastzahlen und der Modal Split „relativ unbeeindruckt sind von der Verfügbarkeit einer vergünstigten Jahreskarte, würde es dafür sprechen, dass man den Preis anheben kann, ohne negative Effekte auf die Passagierzahlen zu erzielen“, sagte auch der Verkehrsforscher Ulrich Leth von der TU Wien im KURIER-Gespräch.
"Mobilität ist ein Grundrecht"
Eine Erhöhung des Preises – etwa in Form einer Valorisierung – kommt laut dem Bürgermeister aber dennoch nicht infrage. „Wir verstehen Mobilität als Grundrecht und möchten, dass jeder Wiener sich dieses leisten kann. Gleichzeitig ist es ein entscheidender Schritt im Kampf für mehr Klimaschutz. Indem wir den öffentlichen Verkehr attraktiv und leistbar halten, fördern wir eine umweltfreundliche Fortbewegung und tragen aktiv zum Schutz unserer Stadt bei.“
Ein Bekenntnis auf Zeit?
So kurz vor der Wien-Wahl stellt sich freilich die Frage, für wie lange diese Ankündigung gültig ist. Eine wirklich konkrete Antwort gibt es von der Stadt darauf nicht, sondern nur: „Bis auf Weiteres.“ Einen genaueren Zeitraum will man nicht nennen. Es handle sich aber um ein klares Bekenntnis für günstige öffentliche Verkehrsmittel, trotz des Gegenwindes, den es immer wieder gebe.
Kommentare