Zwei syrische Ex-Geheimdienstler in Deutschland festgenommen
Wegen der mutmaßlichen Beteiligung an Folterungen in Syrien sind zwei frühere Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes in Deutschland festgenommen worden. Den 42 und 56 Jahre alten Männern werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Einer von ihnen soll als Gefängnisleiter an "brutaler und massiver Folter" beteiligt gewesen sein.
"Brutale und massive Folter"
Die Verdächtigen wurden am Dienstag in Berlin und Rheinland-Pfalz festgenommen. Die beiden Beschuldigten gehörten den Ermittlungen zufolge einer Geheimdienstabteilung im Raum Damaskus an. Laut Bundesanwaltschaft ging das syrische Regime spätestens seit April 2011 dazu über, Aktivitäten der Opposition "flächendeckend mit brutaler Gewalt zu unterdrücken". Den syrischen Geheimdiensten sei dabei eine wesentliche Rolle zugekommen.
Der 56-jährige Verdächtige Anwar R. soll zwischen April 2011 und September 2012 an Folterungen und körperlichen Misshandlungen als Mittäter beteiligt gewesen sein. Er leitete laut Bundesanwaltschaft eine Ermittlungsabteilung sowie ein zugehöriges Gefängnis. Dort erlitten die Gefangenen demnach bei ihren Vernehmungen "brutale und massive Folter". R. habe die Abläufe in dem Gefängnis und dabei auch den "Einsatz von systematischen und brutalen Folterungen" bestimmt.
2.000 Menschen gefoltert
Der 42-jährige Eyad A. wird verdächtigt, zwischen Juli 2011 und Jänner 2012 als Geheimdienstmitarbeiter Beihilfe zur Tötung von zwei Menschen sowie der Folterung und Misshandlung von mindestens 2.000 Menschen geleistet zu haben. Seine Aufgabe bestand laut den Ermittlern darin, bei Personenkontrollen Deserteure oder Demonstranten zu verhaften. Festgenommene wurden demnach in das von R. kontrollierte Gefängnis gebracht und dort gefoltert.
Beide Männer verließen laut Bundesanwaltschaft im Jahr 2012 Syrien. In Berlin und Rheinland-Pfalz wurden sie nun von Beamten des Bundeskriminalamts festgenommen. Genauere Angaben machte die Bundesanwaltschaft nicht. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof ordnete Untersuchungshaft gegen die beiden Männer an.
Nach Angaben der Organisation European Center for Constitutional und Human Rights (ECCHR) wurden im Zuge der Ermittlungen auch Folterüberlebende aus Syrien befragt. Wenn der Verdächtige R. sich vor Gericht verantworten müsse, würden sie dem Verfahren als Nebenkläger beitreten, erklärte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck. Laut der Organisation wäre dies der weltweit erste Prozess wegen Folter gegen einen ranghohen Geheimdienstmitarbeiter Syriens.
"Es zeigt sich erneut, dass Deutschland den Kampf gegen die Straflosigkeit für Folter in Syrien ernst nimmt", erklärte Kaleck. Dies sei ein "sehr wichtiges Zeichen" für die Betroffenen. Ohne Gerechtigkeit könne es in Syrien keinen dauerhaften Frieden geben.
In Frankreich wurde laut der deutschen Bundesanwaltschaft ebenfalls am Dienstag ein Mitarbeiter der Geheimdienstabteilung des Beschuldigten R. durch die Staatsanwaltschaft Paris festgenommen. Die Festnahmen waren demnach in einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe aufeinander abgestimmt.
Justizministerin Katarina Barley (SPD) erklärte dazu, die deutsch-französische Zusammenarbeit habe "exzellent funktioniert". Sie bezeichnete die Festnahmen als "wichtiges Zeichen". "Die Gräueltaten des syrischen Regimes können international verfolgt werden - wegen grausamster Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen können Täter auch vor deutschen Strafgerichten zur Verantwortung gezogen werden."
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