Sturzflut in Texas: 79 Tote, weiter 10 Mädchen aus Sommer-Camp vermisst

- Über 78 Tote und 41 Vermisste nach Sturzflut in Texas, am schwersten betroffen ist der Landkreis Kerr.
- Suche nach vermissten Mädchen aus einem Sommerlager mit Helikoptern und freiwilligen Helfern, schwierige Rettungsbedingungen.
- Klimawandel begünstigt extreme Regenfälle, Trump beschuldigt Biden-Regierung, während Donald Trumps eigene Regierung Mittel für Wetterdienste kürzte.
Nach der Flutkatastrophe im US-Bundesstaat Texas sind bisher 78 Tote geborgen worden. Am schlimmsten betroffen ist der Landkreis Kerr, wo es 68 Todesopfer gab, darunter 28 Kinder.
41 Menschen würden weiterhin vermisst, sagte Texas' Gouverneur Greg Abbott. Gesucht wird weiterhin nach zehn der vermissten Mädchen aus einem Sommerlager. Die Suche nach Überlebenden wurde am Sonntag mit rund 17 Helikoptern fortgesetzt. Hunderte Rettungskräfte waren im Einsatz.
Auch Anrainer suchten mit Booten auf dem Wasser und an den Flussufern nach bekannten oder unbekannten Opfern und Überlebenden. Einer der freiwilligen Helfer berichtete, dass er eines der Mädchen aus dem Sommerlager tot in einem Baum aufgefunden habe. "Wir möchten den Angehörigen dabei helfen, abzuschließen", sagte er. "Deswegen sind wir hier."
SMS-Nachricht: "Wir werden weggespült"
Für Betroffenheit sorgte auch der Fall einer vermissten jungen Frau, die das Feiertagswochenende gemeinsam mit Freunden auf dem Land verbringen wollte und ihrer Familie am frühen Freitagmorgen eine SMS mit den Worten, "wir werden weggespült", schickte und seitdem nicht mehr zu erreichen ist.
Texas' Vizegouverneur Dan Patrick berichtete dem Sender Fox News von einer Ferienlager-Betreuerin, die das Fenster einer Hütte einschlug, damit Mädchen im Schlafanzug hinausgelangen und um ihr Leben schwimmen konnten: "Diese kleinen Mädchen sind zehn oder 15 Minuten geschwommen. In der Dunkelheit und dem rauschenden Wasser und auf sie zutreibenden Baumstämmen, können Sie sich das vorstellen?", schilderte Patrick. Schließlich hätten die Kinder trockenes Land erreicht.
Warnung vor weiteren Gewittern
Während die Behörden am Sonntag an einigen Orten mit den Aufräumarbeiten begannen, warnte der Wetterdienst vor Gewittern, die weitere Sturzfluten auslösen könnten.
Der Wasserstand des Guadalupe-Flusses war am Freitag binnen 45 Minuten um acht Meter angestiegen. Die Überschwemmungen am US-Nationalfeiertag waren durch heftige Regenfälle von bis zu 300 Litern pro Quadratmeter ausgelöst worden - ein Drittel der durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmenge im Landkreis Kerr.

Trump kürzt Mittel - und gibt Biden-Regierung die Schuld
US-Präsident Donald Trump beschuldigte die Vorgängerregierung, für Versäumnisse im Katastrophenmanagement verantwortlich zu sein. Die Sturzflut und ihre Auswirkungen seien eine "Jahrhundertkatastrophe", die niemand erwartet habe, sagte Trump am Sonntag vor Journalisten. Auf Fragen dazu, warum die Menschen in der Region, in der an diesem langen Feiertagswochenende in den USA viele am Flussufer campierten, nicht früher gewarnt und evakuiert worden sein, verwies der Republikaner Trump auf die demokratische Regierung seines Vorgängers Joe Biden. "Das war nicht unsere Organisation", sagte er.
Seit Trumps Amtsantritt im Jänner waren Mittel für den Nationalen Wetterdienst NWS und die Klimabehörde NOAA gekürzt und zahlreiche Wissenschaftler entlassen worden.

Gesamtes Ausmaß der Katastrophe ist unklar
Gouverneur Abbott besuchte am Samstag das Camp Mystic. Er sei schockiert gewesen, schrieb er auf der Plattform X. Die Anlage sei auf eine Weise verwüstet worden, "wie ich es bei keiner Naturkatastrophe erlebt habe". Wasser habe bis zum Dach der Hütten gestanden. "Wir werden nicht aufhören, bis wir alle Mädchen gefunden haben, die in diesen Hütten waren." Für den heutigen Sonntag rief er einen Tag des Gebetes in dem Bundesstaat aus.
Zahlreiche Familien warten noch auf Nachricht
Wie die New York Times berichtete, hatten Eltern der Camp-Mystic-Teilnehmerinnen am Freitag nur eine kurze E-Mail erhalten: "Wir haben katastrophale Überschwemmungen erlitten", habe es darin geheißen. "Wenn ihre Tochter nicht gefunden wurde, haben wir Sie benachrichtigt. Wenn Sie nicht persönlich kontaktiert wurden, ist ihre Tochter in Sicherheit."

Ein zehnjähriges Mädchen hatte Glück, wie ihre Mutter der New York Times berichtete: Ihre Hütte habe hoch genug gelegen, dass sie dort auf ihre Rettung warten konnte. Eine andere Teilnehmerin habe mitten in der Nacht durch reißende Wassermassen bis zu einer Empore laufen müssen. Dort habe sie eine schlaflose Nacht verbracht, während unter ihr das Wasser anstieg. Am nächsten Tag sei sie mit dem Hubschrauber gerettet worden. Den Flug habe sie nur als "laut" beschrieben.
Menschen retteten sich zum Teil auf Bäume
Zahlreiche Eltern der Vermissten hoffen noch auf solche Happy Ends. Insgesamt wurden nach Angaben der Behörden mehr als 850 Menschen unverletzt gerettet. Acht Menschen wurden demnach verletzt. Die Menschen hätten sich zum Teil auf Bäume gerettet, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden.
Die Lage in dem Gebiet war unübersichtlich. Am Samstag gab es zum Teil keinen Strom und kein Internet. Fernsehbilder zeigten, wie Autos mitgerissen wurden, Bäume entwurzelt waren, Häuser unter Wasser standen. Zum Teil wurden Leichen in Autos gefunden, die weggespült worden waren. Das gesamte Ausmaß der Katastrophe ist unklar. Das ländliche Gebiet im Süden der USA hatten viele Amerikaner genutzt, um am verlängerten Wochenende an Flüssen zu campen.
Klimawandel macht extreme Regenfälle wahrscheinlicher
Die heftigen Überschwemmungen seit Freitagmorgen hatten viele Menschen überrascht. In der für Sommercamps beliebten Gegend ist es nach Behördenangaben nicht unüblich, dass Flüsse über die Ufer treten. Allerdings war die Dimension ungewöhnlich.
Der Guadalupe River sei ein Zusammenfluss zweier Quellarme, erklärte der Stadtverwalter von Kerrville, Dalton Rice, auf einer Pressekonferenz am Samstagabend. Auf beide habe es stark geregnet. Vor Kerrville seien die Wassermassen dann im Guadalupe River zusammengeflossen, was zu dem schnellen Anstieg des Pegelstandes geführt habe.
Extreme Regenfälle hätten in Texas in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels zugenommen, sagte Kristina Dahl, Vizepräsidentin für Wissenschaft bei der gemeinnützigen US-Organisation Climate Central dem Sender CNN. "Da sich unser Klima erwärmt, kann die Atmosphäre mehr Feuchtigkeit aufnehmen - das macht es wahrscheinlicher, dass wir extreme Regenfälle wie diese erleben", sagte Dahl. Die vielen Todesfälle verdeutlichten nun, "wie unvorbereitet wir als Nation auf Katastrophen dieses Ausmaßes sind, ganz zu schweigen von dem, was mit der weiteren Erwärmung unseres Planeten noch kommen wird".

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