Sri Lanka: Anschläge als "Vergeltung für Christchurch", IS reklamiert Tat für sich

Sri Lanka: Anschläge als "Vergeltung für Christchurch", IS reklamiert Tat für sich
Mehr als 300 Menschen starben bei den Anschlägen in Kirchen und Luxushotels - 45 Kinder unter den Toten. Geplanter Anschlag auf viertes Hotel gescheitert.

Die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) hat die Anschlagsserie auf Luxushotels und Kirchen in Sri Lanka am Ostersonntag für sich reklamiert. Das teilte das IS-Propaganda-Sprachrohr Amaq mit, ohne Beweise zu nennen. "Diejenigen, die den Angriff ausgeübt haben, der vorgestern Mitglieder der US-geführten Koalition und Christen in Sri Lanka zum Ziel hatte, sind Kämpfer des Islamischen Staates", hieß es in einer am Dienstag von Amaq veröffentlichten Mitteilung. Die Anschläge hatten sich gegen drei Hotels und drei Kirchen gerichtet.

Ein weiterer Anschlag auf ein viertes Hotel war am Sonntag laut Ermittlerkreisen geplant, scheiterte aber. Ob die Bombe dort absichtlich nicht gezündet wurde oder nicht funktionierte, war zunächst unklar.

Sri Lanka: Anschläge als "Vergeltung für Christchurch", IS reklamiert Tat für sich

Regierung vermutet Vergeltung für Christchurch

Laut Premierminister Ranil Wickremesinghe sind noch einige Verdächtige auf der Flucht, manche von ihnen besitzen Sprengstoff. Der Regierungschef warnte vor weiteren Anschlägen.Nach ersten Erkenntnissen der Regierung waren die Anschläge in Sri Lanka als Vergeltung für den Anschlag auf Moscheen im neuseeländischen Christchurch im März gedacht. Das erklärte Vize-Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene am Dienstag im Parlament. Zwei lokale Islamistengruppen, darunter die einheimische National Thowheeth Jamaath (NTJ), seien für die Anschläge verantwortlich.

Neuseeland: Keine Verbindung bekannt

Aus Neuseeland heißt es hingegen: Bisher sind keine Verbindungen zwischen den Anschlägen in Sri Lanka und jenem in Christchurch bekannt. Die Regierung habe noch keine entsprechenden Geheimdienstberichte gesehen, sagte ein Sprecher.

Zwei Tage nach den Selbstmordanschlägen ist die Zahl der Todesopfer unterdessen auf über 310 gestiegen. Mehr als 500 Verletzte wurden nach den Explosionen den Angaben zufolge noch in Krankenhäusern behandelt. 42 Menschen sind nach Angaben der Polizei bisher in Gewahrsam. Darunter sei auch ein syrischer Staatsbürger.

Von der Regierung hieß es am Montag, insgesamt sieben sri-lankische Selbstmordattentäter hätten sich in den drei Kirchen und drei Luxushotels in die Luft gesprengt.

Zwei muslimische Brüder aus Sri Lanka sind für zwei Selbstmordanschläge auf Hotels in Colombo verantwortlich. Die Söhne eines wohlhabenden Gewürzhändlers aus Colombo hätten sich als Gäste ausgegeben und in den Hotels Shangri-La und Cinnamon Grand in die Luft gesprengt, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus Polizeikreisen.

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte die Anschlagsserie auf das Schärfste. Zugleich sprach er den Familien der Opfer der "abscheulichen und feigen" Anschläge tief empfundenes Mitgefühl aus, wie es in einer Mitteilung des UN-Gremiums vom Montag (Ortszeit) hieß.

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Staatspräsident Maithripala Sirisena erklärte einen öffentlichen Notstand. Die zunächst nicht näher benannten Bestimmungen traten in der Nacht auf Dienstag in Kraft, der zu einem nationalen Trauertag erklärt wurde. Am Morgen wurden drei Schweigeminuten abgehalten. Zahlreiche Bestattungen waren geplant. Im Ort Negombo, wo am Ostersonntag eine Kirche angegriffen worden war, gab es eine Massenbeerdigung.

In der Nacht auf Dienstag hatte erneut eine Ausgangssperre gegolten. Um das Verbreiten von Gerüchten zu unterbinden, blieb der Zugang zu sozialen Medien gesperrt.

Sirisena habe den Notstand im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der Wahrung der öffentlichen Ordnung und zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen erklärt, hieß es in einer Erklärung des Präsidenten. Die Sicherheitskräfte sollen seinem Büro zufolge weitreichende Befugnisse erhalten. Nach dem Gesetz können diese etwa für Hausdurchsuchungen ohne Erlaubnis eines Gerichts und für Verhaftungen ohne Haftbefehl gelten. Solche Bestimmungen waren während des Bürgerkriegs in Sri Lanka von 1983 bis 2009 fast dauerhaft in Kraft - und auch darüber hinaus noch bis 2011.

Unter den mehr als 30 getöteten Ausländern ist auch ein Deutsch-Amerikaner, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte. Österreicher dürften nach bisherigen Informationen nicht unter den Opfern sein. 14 Ausländer werden nach Angaben des Außenministeriums Sri Lankas noch vermisst.

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Nach der Anschlagsserie in Sri Lanka warnte China seine Staatsbürger vor Reisen auf die Insel. Angesichts der "riesigen Sicherheitsrisiken" dort wäre es schwer, ihnen effektive Hilfe anzubieten, schrieb die chinesische Botschaft in Colombo am Dienstag auf ihrer Website.

Die meisten Opfer hatte es bei den Anschlägen in den Kirchen gegeben, als gerade Ostergottesdienste stattfanden. In dem Inselstaat sind etwa sieben Prozent der 20 Millionen Einwohner Christen.

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