Wie der Tourismusboom Malaga zu schaffen macht - und wie die Notbremse aussieht

Straßenszene in Malaga
aus Malaga, von Julia Macher
Auf den ersten Blick wirkt Huelín nicht unbedingt wie ein teures Pflaster: Ein Arbeiterviertel mit schmucklosen Wohnblocks, im Park vertreiben sich ein paar Senioren die Zeit mit einem Schwätzchen. Doch wie in ganz Málaga sind auch hier Mieten und Immobilienpreise in die Höhe geschnellt.
„Wer nicht rechtzeitig gekauft hat, zieht weg“, sagt Alejandro Orfila, 35 Jahre alt. Auch er hat vor ein paar Wochen seine Koffer gepackt, ist aus der elterlichen Wohnung ins Umland gezogen. Dabei verdient er als Angestellter einer Autovermietung überdurchschnittlich gut. „Doch außer Zimmern für 500 Euro habe ich einfach nichts gefunden.“
Gründe für die spanische Wohnungskrise gibt es viele.

Alejandro Orfila
Doch in Málaga fällt neben fehlenden Sozialwohnungen vor allem die Konkurrenz durch die Ferienwohnungen ins Gewicht: Die einst etwas verschlafene Heimatstadt von Pablo Picasso hat sich in den letzten Jahren zur Boomtown an der Costa del Sol entwickelt, dank Yachthafen, Museen und aufpolierter Altstadt.
Und die Touristen übernachten seit der Pandemie am liebsten in Ferienwohnungen. Um 118 Prozent ist die Zahl der auf der Plattform Airbnb angebotenen Appartments in den letzten fünf Jahren gewachsen. Die Mietpreise sind seitdem um 40 Prozent gestiegen.
Das große Geschäft
„Zu viele Eigentümer haben zu schnell das große Geschäft gewittert“, klagt Orfila. Er zeigt auf eine Häuserwand, an der acht mit Zahlenschloss gesicherte Kästchen hängen: In ihnen befinden sich die Schlüssel zu den Feriendomizilen, die sich die Urlauber per Zahlencode entnehmen können.
In manchen Vierteln wird inzwischen jede vierte Wohnung ganzjährig an Touristen vermietet. Längst sind es nicht mehr nur Privatleute, die sich so ein Zubrot verdienen. Laut der Plattform Inside Airbnb befinden sich etwa 75 Prozent der Ferienwohnungen in Händen von Agenturen oder Personen mit mehreren Apartments, 40 Prozent gehören Eigentümern, die sogar mehr als zehn anbieten.
„Málaga ist spanienweit die Stadt, die am stärksten unter dem Druck des Tourismus leidet“, sagt Beatriz Linares. Die Philosophie-Lehrerin ist Sprecherin des Bündnisses „Málaga para vivir“. Vergangenen Sommer organisiert die Plattform eine erste Großdemonstration für ein „lebenswertes Málaga“.

Beatriz Linares
20.000 Menschen gingen damals auf die Straße, dem zweiten Aufruf im November folgten 30.000. „Die Situation ist einfach nicht mehr haltbar.“
Die Stadtverwaltung, die das Problem lange ignoriert hat, versucht inzwischen zu regulieren. Seit Januar dürfen neue Lizenzen nur noch vergeben werden, wenn im entsprechenden Viertel nicht mehr als acht Prozent des Wohnraums an Touristen vermietet wird und die Wohnung über einen separaten Eingang verfügt.
Bereits bestehende Lizenzen bleiben von beidem unberührt. Maßnahmen wie in Barcelona, wo 2028 alle Lizenzen für privat vermietete Ferienwohnungen auslaufen sollen, schließt die Stadt kategorisch aus.
„Die Wohnungskrise ist in erster Linie einem Mietergesetz geschuldet, dass Eigentümer nicht ausreichend schützt und ihnen zur wenig Rendite ermöglicht“, so Wohnungsbau-Stadträtin Carmen Casero von der konservativen Volkspartei PP. „Intervention in den Markt lehnen wir ab.“ Málaga lebe schließlich vom Tourismus.
Alejandro Orfilo schüttelt über solche Argumente den Kopf. „Niemand hat etwas gegen die Urlauber“, betont er. „Aber wir Malagueños dürfen deswegen nicht aus der Stadt vertrieben werden.“ Anfang April wollen er und Beatriz Linares erneut auf die Straße gehen.
Kommentare