Nach Skandal: Wird es ein Shein-Verbot in Frankreich geben?

Illustration des Shein-Logos.
Die französische Regierung hat ein Verfahren zur Aussetzung des Geschäftsbetriebs des chinesischen Online-Modehändlers Shein eingeleitet.

Auslöser war der Fund von kinderähnlichen Sexpuppen auf der Website des Unternehmens am Samstag, der für Empörung sorgte. Shein teilte mit, die verantwortlichen Verkäufer bestraft und den Verkauf von Sexpuppen vollständig verboten zu haben.

Shein stoppt Verkauf in Frankreich

Die Aussetzung solle so lange andauern, bis die Plattform den Behörden nachweise, dass ihr gesamtes Angebot den Gesetzen und Vorschriften entspreche, teilte das Finanzministerium am Mittwoch in Paris mit. Die Regierung handle auf Anweisung des Ministerpräsidenten.

Shein kündigte daraufhin an, den Verkauf über seinen Marktplatz in Frankreich vorübergehend zu stoppen. Ein Sprecher erklärte, dieser Schritt sei bereits vor der Ankündigung des Ministeriums geplant gewesen. Er ermögliche es dem Unternehmen, die internen Kontrollen zu verbessern und sicherzustellen, dass jedes Produkt den Standards entspreche. Man bemühe sich um dringende Beratungen mit den zuständigen Behörden. Unklar war zunächst, ob die geplante Aussetzung auch die neue Filiale in Paris betreffen würde.

Shein-Filiale bleibt geöffnet

Die Ankündigung der Regierung erfolgte nur wenige Stunden nach der Eröffnung der ersten dauerhaften Shein-Filiale in Paris, die für großen Andrang, aber auch für Proteste sorgte. Demonstranten versammelten sich am Mittwoch vor dem Pariser Kaufhaus BHV im Zentrum der französischen Hauptstadt und hielten Plakate mit der Aufschrift "Schande über Shein" hoch, während sich zugleich Dutzende von Käufern vor der Eröffnung anstellten. Polizisten sicherten das Gebäude ab.

27,3 Millionen Shein-Nutzer

Das Vorhaben stößt jedoch bei französischen Politikern und Einzelhändlern auf scharfe Kritik. Sie werfen Shein vor, mit seinem Billig-Geschäftsmodell einen unfairen Vorteil zu haben und die französischen Innenstädte zu schädigen. 

  • Frankreich hat ein Gesetz geplant, um die "Ultra-Fast-Fashion" einzudämmen.
  • Es zielt speziell auf Plattformen ab, die mehr als 1.000 neue Produkte pro Tag anbieten, und könnte Shein die Werbung im Land verbieten.

"Wir führen diesen Kampf gegen Shein seit zwei Jahren, und zu sehen, wie sich diese Marke in einem historischen Gebäude niederlässt ... das die französische Textilindustrie symbolisiert, ist eine inakzeptable Provokation", sagte die Abgeordnete Anne-Cécile Violland, die das Gesetz vorangetrieben hat. 

  • Mehrere französische Modeketten wie Jennyfer und NafNaf mussten Anfang des Jahres Insolvenz anmelden.
  • Einem Bericht des Unternehmens zufolge hatte Shein in Frankreich zwischen Februar und Juli durchschnittlich 27,3 Millionen Nutzer und Nutzerinnen pro Monat.
  • Weltweit erzielte das Unternehmen 2024 einen Umsatz von 37 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 1,3 Milliarden Dollar.

So entwickelte sich die Kontroverse um den Shein-Store in Paris:

Sexpuppen auf Shein verkauft

Auf der Plattform seien Sexpuppen mit "kindlichem Aussehen" angeboten worden, erklärte die Behörde am Samstag. Zudem seien die Puppen auf eine Art beschrieben worden, dass "an dem pädopornografischen Charakter kaum zu zweifeln" sei. Sie habe den Vorfall der Justiz gemeldet, erklärte die Anti-Betrugsbehörde.

Das Unternehmen teilte am 1. November mit, die Puppen seien "umgehend" von der Plattform entfernt worden. Es werde untersucht, wie die Anzeigen auf die Verkaufsplattform gelangen, die Anbieter und die unternehmensinternen Kontrollen umgehen konnten. Zudem solle dafür gesorgt werden, dass nicht ähnliche Produkte von anderen Verkäufern angeboten werden könnten.

Millionenstrafe gegen Shein

Ein von der Zeitung Le Parisien veröffentlichter Screenshot zeigt eine Sexpuppe mit dem Körperbau und dem Gesicht eines kleinen Mädchens und Teddy im Arm, flankiert von einer Produktbeschreibung mit klar sexuellem Unterton. Es sei nicht auszuschließen, dass Kinder auf der Suche nach einer Puppe auf Shein mit ein paar Klicks zu dem Sexpuppenangebot weitergeleitet würden, sagte die Chefin der französischen Anti-Betrugsbehörde, Alice Vilcot-Dutarte, der Zeitung.

Die französischen Behörden hatten gegen die in China gegründete Online-Plattform in diesem Jahr bereits drei Strafen im Umfang von insgesamt 191 Millionen Euro verhängt

  • wegen Verstöße gegen Vorschriften für Online-Cookies,
  • irreführender Werbung
  • sowie nicht deklarierten Mikroplastiks in seinen Produkten. 

Auch die EU ermittelt gegen Shein wegen möglicher Verstöße gegen EU-Gesetze zum Verbraucherschutz und die Regeln für Online-Plattformen.

Proteste gegen Shein-Filiale in Paris

Wie Reuters berichtet, wird das chinesische Fast-Fashion-Unternehmen am Mittwoch im traditionsreichen Bazar de l'Hôtel de Ville (BVH) in Paris seinen ersten Store in Frankreich eröffnen. Das sorgte für zahlreiche Kritik, denn lokale Bekleidungshändler sind der Meinung, dass Shein mit seinen extrem niedrigen Preisen ihr Geschäftsmodell untergraben würde. 

Laut Libération hätten bereits mehrere französische Marken das Pariser Kaufhaus aus Protest verlassen. Außerdem hat auch Disney seine Weihnachtspartnerschaft nach dem Shein-Skandal mit dem Kaufhaus beendet. Das US-amerikanische Unternehmen hätte die Schaufenster des Gebäudes dekoriert und einen Pop-up-Store eingerichtet. Am 3. November fand laut Le Parisien ein Protest vor den Türen des BVH statt. Auf einem weißen Laken mit Kinderkleidung und Puppen stand die Aufschrift: "Lasst uns die Pädophilie in Frankreich ausrotten." 

Bisher war Shein weltweit nur mit zeitlich begrenzten Pop-up-Läden vertreten. Das Unternehmen ist für seine sehr günstigen Preise bekannt und hat Konkurrenten wie ASOS und H&M Marktanteile abgenommen. Die Société des Grands Magasins (SGM), zu der BHV gehört, erhofft sich von der Präsenz des chinesischen Online-Händlers eine jüngere Kundschaft für das umsatzschwache Kaufhaus. "Ich bin sehr stolz darauf", sagte SGM-Eigentümer Frederic Merlin dem Sender BFM TV mit Blick auf die weltweite Premiere.

Petition gegen Shein veröffentlicht

Zudem wurde auch eine Petition gegen die Eröffnung des Shein-Stores in Paris veröffentlicht. Darin wird vor allem kritisiert, dass das Unternehmen nicht nachhaltig sei und die "Würde" des Pariser Handels gefährden würde. Knapp 114.000 Menschen haben bereits die Petition unterschrieben. Trotz der medialen Berichterstattungen und Aufreung der französischen Bevölkerung plant das Unternehmen weiterhin fünf weitere Geschäfte in den Lafayette-Kaufhäusern in Angers, Dijon, Grenoble, Limoges und Reims eröffnen. 

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