Zum ersten Mal weltweit Frauenmörder als Terrorist verurteilt

Zum ersten Mal weltweit Frauenmörder als Terrorist verurteilt
Ein reines Mordurteil wäre der Tat nicht gerecht geworden, argumentierte der Richter.

Femizide, also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts, sind in den letzten Jahren in Österreich aufgrund ihrer zunehmenden Häufung mehr und mehr zum Thema geworden – zumindest medial und politisch. Juristisch werden solche Fälle klassisch als Mord- bzw. Totschlagsdelikte verhandelt, in Österreich wie anderswo – bisher. Am Dienstag verurteilte nämlich ein kanadisches Gericht weltweit erstmals einen Mann für einen Frauenmord als Terroristen.

Freilich unterscheidet sich der Fall vom „klassischen“ Femizid, in dem meist eine patriarchal geprägte Gewaltspirale gipfelt. Der heute 20-jährige Oguzhan Sert tötete nämlich nicht seine (Ex-)Partnerin, sondern eine ihm bis zur Tat völlig unbekannte 24-Jährige. 

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Zusammenschluss weltweiter Frauenhasser

Im Februar 2020, im Alter von 17 Jahren, spazierte er in Toronto in den Massagesalon, in dem Ashley Arzaga arbeitete, metzelte sie mit einem 40 Zentimeter langen Schwert brutal nieder und verletzte eine zweite Frau schwer.

Während der Tat äußerte er frauenfeindliche Parolen, eine solche war auch in die Tatwaffe eingraviert. Zusätzlich fand sich bei Sert ein Zettel mit dem Text „Lang lebe die Incel-Rebellion“.

Incel, ein Mischwort aus den englischen Begriffen „involuntary“ und „celibates“, also „unfreiwillig Zölibatäre“, ist eine Bewegung von Männern, die Frauen dafür verantwortlich machen, dass sie keine Partnerinnen finden und daher quasi enthaltsam leben müssen. In den USA und Kanada werden Incels seit 2014 für Anschläge mit insgesamt rund 50 Toten verantwortlich gemacht, weltweit soll es rund 40.000 bekennende Incels geben.

Tat war ideologisch motiviert

Einer davon ist jener 20-Jährige, der nun in Toronto von Richter Sukhail Akhtar zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Bei einer Verurteilung wegen Mordes hätte Akhtar den Mann aufgrund seines jugendlichen Alters zum Tatzeitpunkt für maximal zehn Jahre hinter Gitter schicken können. Das wäre angesichts des furchtbaren Verbrechens jedoch „nicht ausreichend“ gewesen, sagte der Richter, und folgte daher dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft.

Bei der Tat habe es sich um einen Terrorakt, motiviert durch die Incel-Ideologie gehandelt, so der Richter. Michael Arntfield ist Kriminologe an der Universität von Western Ontario und sieht in dem Urteil einen Wendepunkt in der Bewertung der Bewegung, sagte er zum Radiosender CBC.

Das Urteil mache deutlich, dass es sich nicht nur um eine Gruppe von verschworenen Entrechteten im Internet handle, sondern um eine Ideologie. Und „ideologisch motivierte Gewalt mit der Absicht, die Öffentlichkeit einzuschüchtern“, sei eindeutig Terrorismus, sagte die Sicherheitsexpertin Leah West von der Carleton-Universität in Ottawa zu Global News.

Serts Tat war nicht der erste Incel-Anschlag in der jüngeren Vergangenheit Torontos. Bereits 2018 hatte der 25-Jährige Alek Minassian bei einer Amokfahrt mit einem gemieteten Lieferwagen elf Menschen getötet und 15 weitere verletzt, die meisten davon Frauen. Die Tat hatte er als „Aufstand zur Bestrafung von Frauen“ bezeichnet. Sert hatte sich bei seiner Tat auf ihn bezogen.

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