"Brutaler Trend"? Debatte um das Verbot kinderfreier Hotels

Auch viele Mütter wollen dann und wann eine Auszeit von ihren Kindern
Sie werben mit „erholsamen Ferien in einem außerordentlichen Rahmen“ – und ganz ohne lästiges Kindergeschrei, auch wenn es nie so direkt formuliert wird: Wie in vielen anderen Ländern nimmt der Trend hin zu kinderfreien Hotels oder Ferienclubs auch in Frankreich seit Jahren zu. Mit ihm einher geht auch eine Debatte, ob es verboten werden sollte, Familien pauschal von bestimmten Urlaubsangeboten auszuschließen.
"Brutaler Trend"
Angestoßen hat sie in diesem Jahr Sarah El Haïry, frühere Familien-Staatsministerin und aktuell Hohe Kommissarin für Kinder. Sie halte diese Tendenz in der Gesellschaft für „erschreckend“, sagte sie: „Man zieht den Komfort der Erwachsenen zum Nachteil der Teilhabe der Jüngsten vor.“ Deshalb lasse sie von ihrem juristischen Dienst prüfen, ob eine gesetzliche Regelung möglich sei, um dem „brutalen Trend“, der aus dem Ausland komme, Einhalt zu gebieten.

Die frühere Familien-Staatsministerin Sarah El Haïry
Tatsächlich ist das Recht von Kindern auf Zugang in private Unterkünfte oder Hotels in Frankreich nicht festgeschrieben, auch wenn das Strafgesetzbuch „jede Unterscheidung auf Basis des Alters oder der familiären Situation“ verbietet.
Noch weiter als El Haïry ging die sozialistische Senatorin und frühere französische Familienministerin Laurence Rossignol. Sie hat einen Gesetzentwurf eingebracht, um Minderjährigkeit als Kriterium für Diskriminierung anzuerkennen. Kinderfreie Zonen würden Intoleranz legitimieren, begründete Rossignol ihre Initiative. „Wer keine Kinder mag, mag die Menschheit nicht“, sagte sie.

Ex-Familienministerin Laurence Rossignol macht mobil gegen "Adults Only"-Hotels
Tatsächlich gilt Frankreich als kinderfreundliches Land und hat eine vergleichsweise hohe Geburtenrate von 1,62 Kindern pro Frau. Genaue Zahlen zu den kinderfreien Hotels und Urlaubsresorts gibt es nicht, Schätzungen gehen von einer Prozentzahl im niedrigen einstelligen Bereich aus.
"Wettbewerbsmarkt"
Branchenvertreter weisen den Vorwurf der Diskriminierung zurück. Véronique Siegel, Präsidentin des Hotellerie-Bereichs beim Hotel- und Gaststättenverband Umih, zufolge handeln Reiseclubs und andere Ferienunterkünfte, die ein reines Erwachsenen-Angebot („Adults Only“) haben, nicht aus ideologischen, sondern geschäftlichen Gründen: „In einem Wettbewerbsmarkt geht es in erster Linie um eine kommerzielle Strategie, die es ermöglicht, auf eine bestehende Nachfrage einzugehen und sich von anderen abzuheben.“
Auch Vincent Lagarde, auf Unternehmertum spezialisierter Dozent an der Universität Limoges, der 2024 eine erste Studie über die Ausweitung des kinderfreien Freizeitangebots in Frankreich durchgeführt hat, warnt vor schnellen Vorverurteilungen.
In manchen Fällen handle es sich um als exklusiver geltende und daher teurere Premium-Angebote, die den Anbietern mehr Umsatz versprechen. Es finde eine Segmentierung der Tourismusleistungen statt, mit dem Ausschluss von Kindern auf der einen und speziell auf kleine Gäste angepassten Angeboten auf der anderen Seite.
Von einer kinderfeindlichen Gesellschaft oder von Kinderhass würde er nicht sprechen, so Lagarde, der zu verstehen gibt, dass er das Problem für künstlich aufgebläht hält: „Nach zwei Jahren heftiger Mediendebatten gab es keine einzige Klage von Familien und Vereinen.“
Auch seien die Nutzer von entsprechenden Angeboten „nur für Erwachsene“ nicht nur kinderlose Paare oder Rentner, sondern oftmals selbst Eltern, alleinerziehende Mütter, aber auch Lehrer oder Erzieher. „Sie brauchen eine Pause ohne ihre Kinder, um sich von der Erschöpfung vom Alltag zu erholen.“
Im Fall von Angestellten im Erziehungs- und Bildungssektor gehe es ebenfalls einfach um einen Urlaub ohne Kinder, um sich den Rest des Jahres gut um diese kümmern zu können.
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