Zahlreiche Nachbeben vor Kamtschatka, Entwarnung von Chile bis Japan

Zusammenfassung
- Nach dem schweren Erdbeben der Stärke 8,8 vor Kamtschatka gab es zahlreiche Nachbeben und vorübergehende Tsunami-Warnungen im Pazifik-Raum.
- In mehreren Ländern von Chile bis Japan wurde Entwarnung gegeben, dennoch blieben Vorsichtsmaßnahmen in Küstennähe bestehen.
- Das Hauptbeben war das stärkste weltweit seit Fukushima 2011, löste einen Vulkanausbruch aus und versetzte die Bevölkerung in Angst.
Nach dem heftigen Beben der Stärke 8,8 vor der Halbinsel Kamtschatka im Osten Russlands kommt die Erde dort weiter nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Donnerstag registrierten internationale Erdbebenwarten zahlreiche Nachbeben, viele mit einer Stärke von weit über 5 und in geringer Tiefe von nur etwa zehn Kilometern. Weitere Nachbeben könnten in den nächsten Wochen folgen.
Für Millionen Menschen aus mehr als ein Dutzend Staaten rund um den Pazifik - von Japan über die USA bis nach Ecuador - galten zwischenzeitlich Tsunami-Warnungen, bis zu vier Meter hohe Flutwellen wurden vorhergesagt. Zahllose Menschen verließen sicherheitshalber ihre Häuser in küstennahen Gebieten und brachten sich in Sicherheit. Häfen wurden geschlossen und Flüge abgesagt. Die befürchtete Katastrophe blieb aber aus, ein Land nach dem anderen nahm die Warnungen zurück.
Entwarnung von Chile bis Japan
Chile registrierte weder Schäden noch Opfer, an der Nordküste des Landes trafen 60 Zentimeter hohe Wellen auf Land. Auf den zu Ecuador gehörenden Galápagos-Inseln, wo bis zu drei Meter hohe Wellen befürchtet worden waren, stieg das Wasser lediglich um einen Meter an.
Auch Japan hob seine Tsunami-Warnung am Donnerstag auf. Es drohten keine Flutwellen mehr an den Küsten des Landes, erklärte der Wetterdienst. In dem Land waren zeitweise fast zwei Millionen Menschen zur Evakuierung aufgerufen. Einziges Todesopfer war eine Frau, die Berichten zufolge auf der Flucht vor dem befürchteten Tsunami mit ihrem Auto von einer Klippe stürzte.

Entwarnung gab es auch auf der bei Urlaubern beliebten Insel Hawaii. Und auch in den westlichen US-Bundesstaaten Alaska, Washington und Oregon wurden die Tsunami-Warnungen wieder aufgehoben. Im Raum Los Angeles in Kalifornien waren die Strände nach vorübergehender Sperrung wieder zugänglich.
Folgen in Russland
Schwerere Folgen hatte das Beben lediglich in Russland. In der Hafenstadt Sewero-Kurilsk traf ein Tsunami auf Land und überflutete eine Fischfabrik. Bilder im russischen Staatsfernsehen zeigten ins Meer gerissene Gebäude und Trümmer.
Wissenschaftlern zufolge brach kurz nach dem Beben auch der höchste Vulkan russische Vulkan aus. Am Kegel des 4.750 Meter hohen Kljutschewskoj sei ein starkes Glühen zu beobachten, hieß es. Die Erdbebenwarte meldete den Vulkanhang hinabfließende Lava und mehrere Explosionen.
"Wie die Heldin eines Katastrophenfilms"
In der Regionalhauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski mit etwa 170.000 Einwohnern versetzte das Beben die Menschen in Schrecken. "Es schien, als würde das Haus gleich zusammenfallen wie ein Kartenhaus", berichtete eine Russin dem unabhängigen Nachrichtenportal "Bereg". "Ich habe erstmals in meinem Leben ein so starkes Erdbeben erlebt und habe mich sehr erschrocken."
Eine andere Frau stieg mit ihren Nachbarn auf eine Anhöhe, um des befürchteten Tsunamis wegen vom Meer wegzukommen. "Ich kam mir vor wie die Heldin eines Katastrophenfilms, wenn Menschen mit Taschen oder Tieren im Korb irgendwohin laufen."
Das ist über das schwere Beben bisher bekannt
Mit 8,8 war das Hauptbeben laut der US-Erdbebenwarte USGS das weltweit stärkste seit der Katastrophe von Fukushima im März 2011 - und wurde seit Beginn der Messungen überhaupt nur von fünf Beben übertroffen. Laut der Russischen Akademie der Wissenschaften war es zudem das heftigste in der Region seit 1952. Das Zentrum des Bebens lag den Angaben zufolge in der offenen See, etwa 130 Kilometer vor der nur dünn besiedelten Küste Kamtschatkas.
Auch Nachbeben sind gefährlich
"Es wird in den kommenden Wochen und Monaten zu Nachbeben in der Region kommen, die aber sehr wahrscheinlich nicht mehr die Magnitude des Hauptbebens erreichen werden", sagte Heidrun Kopp vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel dem Science Media Center (SMC). Generell seien Nachbeben gefährlich, da sie bereits beschädigte Infrastruktur komplett zerstören können. "Im vorliegenden Fall wären weitere Schäden vermutlich auf die Halbinsel Kamtschatka begrenzt."
Erinnerung an Katastrophe von 2004
In zahlreichen Anrainerstaaten war die Sorge nach dem Beben groß, dass meterhohe Tsunami-Wellen schwere Schäden entlang der Küsten am Pazifik anrichten könnten - auch in Erinnerung an die verheerende Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004 im Indischen Ozean mit etwa 230.000 Todesopfern von Thailand bis Tansania.
Jedoch gab es damals noch keine Frühwarnsysteme und effektiven Strukturen, um die Bevölkerung vor der heranrollenden Flutwelle zu warnen.
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