Erdbeben in Myanmar: Über 10.000 Tote befürchtet, Teil-Waffenruhe der Rebellen

Erdbeben in Myanmar: Über 10.000 Tote befürchtet, Teil-Waffenruhe der Rebellen
Die Katastrophe fordert viele Opfer, die Zahl geht noch immer nach oben. Hilfe gestaltet sich als äußerst schwierig. Ein Nothilfekoordinator ordnet ein.

Zusammenfassung

  • Die Militärjunta in Myanmar hat nach dem schweren Erdbeben um Hilfe gebeten.
  • Die hohen Temperaturen belasten die Einsatzkräfte zusätzlich.
  • Internationale Unterstützung wird u. a. durch Kommunikationsprobleme behindert. 

Nach dem schweren Erdbeben der Stärke 7,7 in Myanmar, das auch in China, Kambodscha, Vietnam, Bangladesch und Indien zu spüren war, ist die Zahl der Opfer den Samstag über rasant angestiegen. Gab es am Freitag noch 140 von der Militärjunta bestätigte Todesfälle, sind es nun bereits mehr als 1.600. Und es dürften noch viele, viele mehr werden. 

Die gegen die Militärregierung des Landes kämpfende Rebellen haben deshalb eine zweiwöchige Teil-Waffenruhe verkündet. Die oppositionelle Nationale Einheitsregierung erklärte am Sonntag, die sogenannten Volksstreitkräfte (PDF) würden in den von dem Erdbeben betroffenen Gebieten keine offensiven Militäreinsätze ausführen. "Aktionen zur Verteidigung" seien aber ausgenommen. Berichten zufolge setzte die Junta ihre Angriffe gegen die Rebellen fort. 

Die Bergungsarbeiten wurden indes fortgesetzt.

Die US-Erdbebenwarte USGS befürchtet gar, dass in den betroffenen Regionen insgesamt mehr als 10.000 Menschen gestorben sein könnten. Wolfgang Wedan, Globaler Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation Jugend Eine Welt, hält diese Schätzung für sehr realistisch. Der Steirer war bereits bei zahlreichen Erdbeben im Kriseneinsatz, etwa in Syrien, Marokko und auf den Philippinen.

Es fehle in Myanmar jetzt an Nahrung und medizinischer Hilfe: „Meinen Informationen nach sind die lokalen Märkte überrannt, weil viele versuchen, möglichst schnell noch an Lebensmittel zu kommen.“ Die Spitäler seien überlastet. Besonders die Leichtverletzten bekämen wenig bis gar keine medizinische Betreuung. „Das heißt: Wunden infizieren sich schneller, was wiederum zu schweren – möglicherweise tödlichen – Erkrankungen führen kann.“

Wie es um das Trinkwasser steht, sei noch unklar. Aber: „Es ist zu befürchten, dass die Versorgung im Epizentrum Mandalay nicht mehr funktioniert.“ Verunreinigtes Trinkwasser kann ebenfalls Krankheiten bedeuten, etwa Cholera. Die Traumata in der Bevölkerung, besonders von Kindern und Jugendlichen, seien außerdem nicht zu unterschätzen.

Erdbeben in Myanmar: Über 10.000 Tote befürchtet, Teil-Waffenruhe der Rebellen

Krisenkoordinator Wolfgang Wedan, hier beim Einsatz in Aleppo 2023

Viele Herausforderungen bei der Hilfe 

Die Militärjunta im Armutsland Myanmar hat – anders als beim verheerenden Zyklon „Nargis“ im Jahr 2008 – rasch um internationale Unterstützung gebeten. Die EU stellt erste 2,5 Millionen Euro für Soforthilfe bereit. Auch US-Präsident Donald Trump sagte Myanmar Hilfe zu. Russland, China und Indien ebenso.

Doch die Unterstützung gestaltet sich als äußerst herausfordernd, aus mehreren Gründen. „Das Kommunikationssystem ist praktisch zusammengebrochen, die Projektpartner vor Ort sind daher nur schwer zu erreichen und die Informationslage ist dementsprechend dünn“, sagt Wedan. Dazu kommt, dass Hilfsorganisationen nur langsam hinkommen. Das Beben hat etwa die Flughäfen in den Städten Naypyidaw und Mandalay schwer beschädigt.

Die hohen Temperaturen – tagsüber rund 40 Grad – erschweren den Einsatz zusätzlich, weiß Wedan: „Das belastet den Körper extrem. Man steckt ja in einem gepolsterten Overall, um sich nicht zu verletzten und hat Helm und Handschuhe an.“ Die Überlebenschancen der Verschütteten würden durch die Hitze ebenfalls geringer.

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Rettungseinsatz in Mandalay

Und zuletzt stellen sich auch die Überweisungen der Unterstützungsgelder als schwierig und kompliziert heraus. Die Junta in Myanmar gilt schließlich als extrem korrupt. „Banken vor Ort verlangen auch manchmal viel für den Umtausch“, erzählt Wedan, der ähnliche Erfahrungen in Syrien gemacht hat. Kleinere Hilfsorganisationen wenden sich daher an größere, etwa UNHCR, die das dringend notwendige Geld in der Regel besser und sicherer ins Land bringen können.

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