Brände auf Sardinien: Flüchtende Badegäste, Dutzende Autos in Brand

Zusammenfassung
- Schwere Waldbrände in Südeuropa und der Türkei führen zu Evakuierungen, zerstörten Häusern und erheblichen Schäden, besonders auf Sardinien, in Bulgarien, Griechenland, Frankreich und der Türkei.
- Starke Winde, hohe Temperaturen und Trockenheit erschweren die Löscharbeiten und begünstigen die Ausbreitung der Feuer, während vielerorts Notstand ausgerufen und internationale Hilfe angefordert wird.
- Neben natürlichen Ursachen werden auch Brandstiftung und illegale Müllentsorgung als Gründe für die Brände genannt, mit tausenden Hektar zerstörter Vegetation und zahlreichen verletzten oder betroffenen Menschen und Tieren.
Sardinien hat am Sonntag einen weiteren Tag mit schweren Bränden erlebt. Am schlimmsten war die Lage in Villasimius im Süden der italienischen Insel, wo die Flammen bereits bis nahe an den Strand vorgedrungen sind. Das Feuer, das Wald und Gestrüpp zerstörte, loderte bis zum weißen Sandstrand, auf dem sich unzählige Badegäste aufhielten. Der Brand blockierte sämtliche Fluchtwege für die Touristen.
Die Hafenbehörde von Cagliari wurde mobilisiert, um eine Rettungsaktion über das Meer zu organisieren. Mit Booten wurden rund 100 Badegäste, darunter viele Kinder, in Sicherheit gebracht. Auch private Boote beteiligten sich an der Rettung. Verletzt wurde niemand. Hastig packten Badende Sonnenschirme und Handtücher, um zu flüchten. Dabei kam es zu chaotischen Szenen.
Verstärkter Kampf gegen Brandstifter
Viele Menschen suchten Zuflucht am Wasser, während dichte Rauchschwaden den Strand einhüllten, wie auf Videos zu sehen war. Viele Touristen rannten, um ihre Autos auf dem Parkplatz in Sicherheit zu bringen, damit begaben sie sich in Gefahr. Sie fuhren die Autos zum Strand, in der Hoffnung, sich vor den Flammen zu retten. Spezialkräfte mit Löschflugzeugen, Hubschraubern und Booten waren im Einsatz. Umweltschützer beklagten den Verlust eines großen Waldes, der den Flammen zum Opfer gefallen sei. "Ein Umweltjuwel ist zugrunde zerstört", schrieb die NGO GrIG.
Die Präsidentin der Region Sardiniens, Alessandra Todde, kündigte einen verstärkten Kampf gegen Brandstifter an. "Wir geben nicht auf. Nicht vor der Gewalt und dem Versuch, unser Land zu zerstören. Wir werden noch härter arbeiten, um die Schutzmaßnahmen zu verstärken und die Mittel zur Vorbeugung und zum Kampf gegen Brände auszubauen. Ich wiederhole es: Wer Sardinien zerstört, ist ein Feind unserer Gemeinschaft und wird auch als solcher behandelt", so Todde auf ihren Sozialnetzwerken.
Ein weiterer Brand entwickelte sich am Montag im Gebiet der Gemeinde Orosei im Norden Sardiniens. Die Flammen bedrohten einige Häuser und Urlaubressorts. Löschflugzeugen wurden eingesetzt. Ein weiterer Brand wurde in der Ortschaft Villacidro gemeldet, wo die Flammen am Freitag bereits Zitrusplantagen zerstört hatten, wie lokale Medien meldeten.
Da die Gefahr von Waldbränden in vielen Urlaubsländern derzeit sehr hoch sei, sei es für Reisende wichtig, sich im Vorhinein über Rücktritts- und Stornomöglichkeiten zu informieren. Ob es sich um Pauschalreisende oder Individualreisende handle, mache dabei jedoch einen Unterschied, hieß es am Montag in einer Aussendung des ÖAMTC.
Für Pauschalreisende gelte laut ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner: "Wenn aufgrund unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände - etwa Naturkatastrophen wie Waldbrände - die Durchführung der Reise oder die Anreise erheblich beeinträchtigt oder unmöglich wird, ist ein kostenfreier Rücktritt möglich." Bei Einschränkungen im Pauschalreiseverlauf, wie einer Sperre von Sehenswürdigkeiten ohne adäquaten Ersatz, könne eine Preisminderung in Frage kommen.
Rücktrittsmöglichkeiten vor und während der Reise
Im Vorhinein sei entscheidend, sich kurzfristig über die aktuelle Lage zu informieren. "Wenn ein Brandgebiet die konkrete Reiseroute oder den Urlaubsort betrifft und dadurch etwa Anreise oder Aufenthalt erheblich gestört werden, kann das einen kostenlosen Rücktritt rechtfertigen", so die Expertin. Bei Individualreisenden sei ein kostenfreier Rücktritt vom Flug nur dann möglich, wenn das Flughafengelände selbst betroffen sei. Ob die Unterkunft storniert werden könne, hänge vom jeweiligen nationalen Recht oder einer Kulanzlösung ab.
Treten Naturkatastrophen oder extreme Wetterlagen erst vor Ort auf, müsse laut Pronebner bei Pauschalreisen der Veranstalter den Rücktransport organisieren und dafür aufkommen. Auch eine Rückerstattung eines Teils der Kosten sei möglich. Bei Individualreisen sollte mit der Reiseversicherung Absprache gehalten werden, ob für den konkreten Fall die Kosten für den Reiseabbruch übernommen werden, hieß es in der Aussendung. Wer wegen gesperrter Flughäfen nicht nach Hause reisen könne, der habe Anspruch darauf, von Airlines oder Reiseveranstaltern betreut zu werden, etwa mit Mahlzeiten oder einer Unterkunft.
Zahl der Feuer hat in diesem Jahr stark zugenommen
Auch dieses Jahr ist Italien mit schweren Waldbränden konfrontiert. Die Zahl der Feuer hat in diesem Jahr stark zugenommen. Zwischen 1. Jänner und 18. Juli wurden im ganzen Land insgesamt 653 größere Brände registriert, die eine Fläche von 30.988 Hektar zerstörten - das entspricht etwa 43.400 Fußballfeldern. Damit brannten im Durchschnitt 3,3 Feuer pro Tag, wobei pro Brand rund 47,5 Hektar Fläche verwüstet wurden. Besonders stark betroffen sind der Süden Italiens sowie die Inseln Sardinien und Sizilien. Die Zahlen stammen aus dem neuen Bericht "L'Italia in fumo" ("Italien in Rauch") der Umweltorganisation Legambiente.
Legambiente fordert dringend politische Maßnahmen, um bestehende Mängel bei Vorbeugung und Kontrolle zu beheben. Außerdem sollen mit einem Maßnahmenpaket die Zuständigkeiten zwischen Staat, Regionen und lokalen Behörden besser koordiniert werden. Derzeit fehle es an einer einheitlichen, integrierten Strategie zur Brandbekämpfung, bemängelt Legambiente.

Waldbrände in Bulgarien
Feuerwehrleute kämpften am Sonntag auch an fast 100 Orten in Bulgarien gegen Waldbrände. Häuser verbrannten und Bewohner wurden evakuiert, wie lokale Medien berichteten. Ein Feuer am Fuße des Pirin-Gebirges im Südwesten Bulgariens breitete sich auf Tausende Hektar Wald aus, wie das bulgarische Nationalradio (BNR) berichtete.
Ein weiteres Feuer in der Stadt Simitli zerstörte mehrere Häuser, als es sich in Richtung des Maleschewo-Gebirges ausbreitete. Mehr als 200 Feuerwehrleute, die am Samstag in das Gebiet entsandt worden waren, wurden abgezogen, weil starke Winde ihr Leben gefährdeten, teilten die Behörden mit. Sie erwarteten Luftunterstützung aus anderen EU-Ländern.
In Westbulgarien breitete sich ein Feuer über die Grenze nach Serbien entlang des Miloslawska-Gebirges aus, das Dorf Rani Lug brannte fast bis auf die Grundmauern nieder, wie der Fernsehsender Nova berichtete. Die Behörden erklärten, drei Dörfer seien evakuiert worden und das Feuer habe erhebliche Schäden verursacht. In einer Erklärung beschrieb das Innenministerium die Situation der Waldbrände in Bulgarien als "dynamisch und schwerwiegend".
Brände in Griechenland
In Griechenland brachen am Sonntag binnen 24 Stunden 55 neue Feuer aus. Die schweren Brände sind inzwischen unter Kontrolle gebracht oder vollständig gelöscht worden. Lediglich in einem dünn besiedelten Gebiet im Nordwesten des Landes kämpfte die Feuerwehr am Montag noch gegen die Flammen, wie der Sender ERTNews berichtete. In den vergangenen drei Tagen waren im Norden Athens sowie auf den Inseln Kreta, Euböa und Kythira und auf der Halbinsel Peloponnes mehrere große Brände ausgebrochen.
Die griechische Regierung hatte Hilfe vom EU-Katastrophenschutz angefordert. "Wir haben sechs Löschflugzeuge beantragt", sagte Feuerwehrsprecher Vassilis Vathrakogiannis. Zwar verfügt Griechenland selbst über mehr als 80 Löschhubschrauber und -flugzeuge, doch diese sind wegen der andauernden hohen Waldbrandgefahr strategisch im ganzen Land verteilt.
41,8 Grad am Peloponnes
Auf der westlich von Athen gelegenen Halbinsel Peloponnes stieg die Temperatur am Sonntag auf 41,8 Grad. Vielerorts trugen heftige Winde in der ausgetrockneten Landschaft zur Ausbreitung der Flammen bei. Den Wetterprognosen zufolge sollten sie aber in den meisten Regionen abflauen.
Auf der bei Touristen beliebten 3600-Einwohner-Insel Kythira allerdings wurden weiter "besorgniserregende" Bedingungen vorhergesagt. Die halbe Insel sei bereits niedergebrannt, sagte Kythiras Vize-Bürgermeister Giorgos Komninos dem Sender ERT. "Häuser, Bienenstöcke, Olivenbäume sind verbrannt", sagte er.
Auf Kythira waren am Samstag mehrere Dutzend Menschen mit Booten von einem beliebten Strand vor den Flammen in Sicherheit gebracht worden. Die Behörden riefen zudem die Bewohner zur Evakuierung auf. Am Sonntag waren weiter dutzende Feuerwehrleute und mehrere Löschflugzeuge sowie Hubschrauber im Einsatz gegen den Waldbrand.
Lokal wurde Notstand ausgerufen
Tausende Ziegen und Schafe starben unterdessen auf der Insel Euböa bei Waldbränden. "Der Wind hat plötzlich gedreht, und alles ging in Flammen auf", berichtete der 38 Jahre alte Sotiris Angelou. "Unser Schlachthof ist komplett abgebrannt", sagte er, sichtlich schockiert. Einige Dörfer waren durch Brandschäden von der Wasserversorgung abgeschnitten. Die lokalen Behörden beantragten, den Notstand auszurufen, um schneller Hilfsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.
Auf Kreta zerstörten Flammen vier Häuser und eine Kirche. Dort ist der Brand inzwischen unter Kontrolle. In dem Athener Vorort Kryoneri verstärkte die Polizei ihre Präsenz, um die Häuser von wegen eines nahen Waldbrandes geflohenen Bewohnern vor möglichen Plünderungen zu schützen. "Der Wind war so heftig, wir waren von den Flammen umschlossen", sagte Petros Avramopoulos, ein Einwohner des Ortes.
In Griechenland herrscht seit Montag eine Hitzewelle mit Temperaturen über 40 Grad in weiten Landesteilen. Am Freitag war eine Höchsttemperatur von 45,8 Grad gemessen worden. Heftiger Wind trug zur Ausbreitung der Brände in der ausgetrockneten Landschaft bei. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sprach in Onlinediensten von einem "Titanenkampf" der Feuerwehr gegen Dutzende Brände.
Bewohner und Urlauber bei Narbonne evakuiert
Unterdessen zerstörte ein Waldbrand an der französischen Mittelmeerküste 630 Hektar Vegetation sowie mehrere Häuser und landwirtschaftliche Betriebe. Etwa 1.000 Bewohner und Gäste von zwei Campingplätzen in der Nähe von Port-la-Nouvelle bei Narbonne wurden zeitweise in Sicherheit gebracht. Am Sonntag war der Brand nach Angaben der Feuerwehr stabilisiert, aber noch immer nicht unter Kontrolle. Auch dort wurde das Feuer von heftigem Wind angefacht. Die Brandursache war zunächst unbekannt.
Mehr als 600 Feuerwehrleute, vier Löschflugzeuge und -hubschrauber sowie 180 Fahrzeuge waren in dem Gebiet im Einsatz. "Wir mussten unsere Ziegen und das Auto zurücklassen und sind ganz schnell weggelaufen", sagte der 24 Jahre alte Théo Balmigère aus Sigean. "Die Straße war schon vom Feuer abgeschnitten, es ging alles ganz schnell." Zwei Ziegen, drei Autos und eine Hütte sind verbrannt.
Mehr als 1.700 Menschen auf der Flucht in Bursa
Auch in der Türkei kämpfen Einsatzkräfte gegen mehrere Waldbrände. In der westtürkischen Provinz Bursa rückten die Flammen nah an Wohngegenden heran, mehr als 1.700 Menschen wurden laut Behörden in Sicherheit gebracht, ein Tierheim wurde evakuiert. Insgesamt sind nach offiziellen Angaben mehr als 1.000 Helfer gegen die Flammen im Einsatz. Das Feuer war am Samstagabend ausgebrochen und hatte sich aufgrund von Winden schnell ausgebreitet.
In der nordwesttürkischen Provinz Karabük kämpft die Feuerwehr schon den vierten Tag in Folge gegen Flammen. Dort wurden 18 Dörfer evakuiert. Die Ursache der Brände war zunächst unklar. 21 Menschen befinden sich nach Angaben des Justizministeriums wegen zahlreicher Waldbrände seit Ende Juni in Untersuchungshaft. Details wurden nicht genannt.
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