Frau (33) am Großglockner erfroren: Freund wird angeklagt

AUSTRIA-CLIMATE-MOUNTAINS-ALPINE REFUGES
Dem 36-jährigen wird das "Vergehen der grob fahrlässigen Tötung" vorgeworfen. Er soll unter anderem die Frau mit Snowboard-Boots aufsteigen lassen haben, hatte keine Biwak-Notausrüstung dabei und die Tour sei zu spät gestartet worden.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat gegen den 36-jährigen Alpinisten, der seine 33-jährige Freundin im heurigen Jänner auf den Großglockner führen wollte, Anklage wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung erhoben. Das teilte die Behörde am Donnerstag mit. 

Die Frau war nach einem Aufstieg bei widrigsten Bedingungen, der sich bis in die Nacht zog, knapp unter dem Gipfel erfroren. Der Mann habe seine Freundin gegen 2 Uhr "schutzlos, entkräftet, unterkühlt und desorientiert zirka 50 Meter unterhalb des Gipfelkreuzes des Großglockner zurückgelassen", erklärt die Staatsanwaltschaft.

Als "Führer der Tour" anzusehen

Da der Angeklagte - er gilt als erfahrener Extremsportler - im Gegensatz zu seiner Freundin mit alpinen Hochtouren bereits sehr erfahren war und die Tour geplant hatte, sei er als "verantwortlicher Führer der Tour anzusehen", hieß es weiter. 

Kurt Jelinek, Anwalt des 36-Jährigen, erklärt in einer ersten Stellungnahme gegenüber dem KUIER erneut: "Es tut meinem Mandanten sehr leid, wie es gekommen ist." Der Strafverteidiger geht aber "nach wie vor von einem tragischen, schicksalshaften Unglück aus."

Von der Staatsanwaltschaft wird dem Mann hingegen eine ganze Reihe von Vorwürfen gemacht.

So soll der 36-Jährige "trotz der Unerfahrenheit der Frau, die noch nie eine alpine Hochtour in dieser Länge, Schwierigkeit und Höhenlage gemacht hat, und trotz der herausfordernden winterlichen Verhältnisse" mit ihr die alpine Hochtour auf den Großglockner über den Stüdlgrat im Winter unternommen haben.

Laut Staatsanwaltschaft hat der Beschuldigte nicht mit einem Notfall gerechnet und hatte daher keine Biwak-Notausrüstung dabei. Das Paar aus Salzburg sei zudem zwei Stunden zu spät gestartet. Der Notruf bei der Bergrettung ging, wie berichtet, erst um 4 Uhr in der Früh ein. 

Frau mit Snowboard-Boots unterwegs

Der Angeklagte habe es zugelassen, dass seine Freundin Splitboard und Snowboard-Softboots und damit eine für eine hochalpine Tour im kombinierten Gelände nicht geeignete Ausrüstung verwendet hat, lautet ein weiterer Vorwurf.

In Alpinsportkreisen gab es bereits unmittelbar nach dem Unglück große Verwunderung darüber, wie es zu dem tödlichen Vorfall kommen konnte. So war ein Polizeihubschrauber zu dem Paar aufgestiegen, als über die Webcam der Adlersruhe die Lichtkegel der Stirnlampen der beiden Kletterer gesehen wurden.

Dazu heißt es nun: "Obwohl der Angeklagte mir seiner Freundin de facto ab ca. 20:50 Uhr nicht mehr weitergekommen ist, hat er weiterhin keinen Notruf abgesetzt und auch beim Überflug eines Polizeihubschraubers um ca. 22:50 Uhr keine Notsignale abgegeben, sondern mit einer Verständigung der Rettungskräfte bis 03.30 Uhr zugewartet."

Stürmisch und gefühlt minus 20 Grad

Für eine unerfahrene und offenbar schlecht ausgerüstete Bergsteigerin wäre die gewählte Tour im Winter vermutlich jedenfalls eine Herausforderung gewesen. Aber aus Sicht der Anklage hätte der Mann "angesichts des starken bis stürmischen Windes mit Windgeschwindigkeiten bis zu 74 km/h sowie der Temperatur von ca. minus 8 Grad, was unter Berücksichtigung des „Windchill“-Effektes zu einem Kälteempfinden um minus 20 Grad führt, spätestens am sogenannten 'Frühstücksplatzl' umkehren müssen."

Anrufe der Alpinpolizei nicht entgegengenommen

Der Mann hätte schon vor Einbruch der Dunkelheit einen Notruf absetzen müssen, heißt es. Nach mehreren Versuchen der Einsatzkräfte, mit dem Angeklagten Kontakt aufzunehmen, habe er erstmals um 00:35 Uhr einen Alpinpolizisten angerufen. 

Obwohl der Inhalt des Gespräches unklar geblieben sei, nahm der Angeklagte nicht noch einmal Kontakt zu den Rettungskräften auf. Er habe sein Telefon auf lautlos gestellt und verstaut und daher weitere Anrufe der Alpinpolizei nicht mehr entgegen genommen.

Frau unversorgt zurückgelassen

Besonders schwer wiegt der Vorwurf, wie der 36-Jährige mit der Notsituation im Gipfelbereich umgegangen sein soll. Er habe es unterlassen, seine Freundin an einen möglichst windgeschützten Platz zu bringen, um sie vor Wärmeverlust zu schützen.

Und: "Bevor der Angeklagte seine Freundin gegen 2 Uhr zurückgelassen hat, hat er weder ihren Biwaksack noch die vorhandenen Alu-Rettungsdecken verwendet, um sie vor weiterer Auskühlung zu schützen oder ihr den schweren Rucksack samt Splitboard abgenommen."

Laut Staatsanwaltschaft hat der Beschuldigte - für den Mann gilt die Unschuldsvermutung - im Ermittlungsverfahren schriftlich Stellung genommen und dabei ein Fehlverhalten in Abrede gestellt. Dem Alpinsportler drohen im Falle einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft

Prozess im Februar

Die Hauptverhandlung vor einem Einzelrichter des Landesgerichtes Innsbruck ist für den 19. Februar 2026 anberaumt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde ein gerichtsmedizinisches Gutachten eingeholt, Mobiltelefone, die Sportuhren der Verstorbenen und des Angeklagten, Lichtbilder und Videos ausgewertet sowie Zeugen vernommen.

Abschließend hat ein alpintechnischer Sachverständiger unter Berücksichtigung sämtlicher Ermittlungsergebnisse ein Gutachten erstellt.

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