Fünf Banküberfälle in Tirol: Erstangeklagter teilgeständig

FÜNF BANKÜBERFÄLLE IN TIROL: ZWEI MÄNNER VOR GERICHT
26-Jähriger soll 2023 und 2024 Überfälle in Innsbruck und Kufstein begangen haben. 33-Jähriger soll sein Komplize gewesen sein.

Zusammenfassung

  • Zwei Männer stehen wegen fünf Banküberfällen in Innsbruck und Kufstein mit einer Beute von rund 580.000 Euro vor Gericht.
  • Der 26-jährige Hauptangeklagte bekennt sich "teilweise schuldig", der 33-jährige Mitangeklagte bestreitet jede Beteiligung.
  • Die Überfälle waren besonders brutal, teils mit Geiselnahmen. Den Angeklagten drohen bis zu 20 bzw. 15 Jahre Haft.

Nach fünf Banküberfällen in Innsbruck und Kufstein von November 2023 bis Juli 2024 ist am Montag der erste Verhandlungstag gegen zwei Männer am Landesgericht Innsbruck zu Ende gegangen. Dem 26-jährigen Erstangeklagten wurde schwerer Raub und erpresserische Entführung vorgeworfen, dem 33-Jährigen Beitragstäterschaft zum schweren Raub in zwei Fällen. Letzterer stritt beim Prozess alles ab, der Erstangeklagte gestand teils und wollte den "eigentlichen Täter" kennen.

Dessen Verteidiger verlautete bereits in seinem Eröffnungsplädoyer, dass sich sein Mandant zu Beginn der auf zwei Tage anberaumten Verhandlung lediglich "teilweise schuldig" bekennen werde. Der letzte, besonders brutale Banküberfall gehe zwar auf sein Konto, die restlichen vier Überfälle jedoch nicht. "Mein Mandant kennt aber den Täter und wird in dieser Sache zur Wahrheitsfindung beitragen", kündigte er an.

Erstangeklagter kennt "eigentlichen Täter" persönlich

Er kenne den eigentlichen Täter persönlich, beteuerte schließlich der Erstangeklagte bei seiner Einvernahme. "Er hat mir außerdem von seinen Taten erzählt", führte der 26-Jährige aus. Man kenne sich einfach "aus der Kokain-Szene" und er wisse, dass der mutmaßliche Bankräuber "unberechenbar" sei. Zumindest drei der vier Banküberfälle seien von ihm begangen worden. Ein vierter Banküberfall - die Täterschaft an allen vieren bestritt der Mann vehement - sei wiederum von einer anderen Person begangen worden.

Der fünfte Banküberfall am 5. Juli, zu dem er sich geständig zeigte, sei zudem ein "Spontanüberfall" gewesen. "Ich war zuvor enttäuscht, dass mein Kokaindealer nicht auftauchte", sagte er. Er habe zwar Waffe, Maske und Handschuhe dabei gehabt, geplant sei hinsichtlich eines Banküberfalls allerdings "gar nichts gewesen". Vielmehr habe er mit den Utensilien eigentlich "den Drogendealer abziehen wollen". An die "spontane Tat" des Banküberfalls selbst könne er sich "überhaupt nicht mehr erinnern". "Ich war voll auf Benzos, Kokain und Alkohol", schilderte er. "Es tut mir jedenfalls sehr leid", schloss der Angeklagte seine Einvernahme und fügte noch hinzu: "Mama, Papa, ich habe Scheiße gebaut."

Zweitangeklagter: Nur flüchtige Bekanntschaft mit Erstangeklagtem

Die Gesamtbeute bei den gewaltsamen Überfällen belief sich auf rund 580.000 Euro. Eine ihm vorgeworfene Beteiligung an zwei Fällen stritt der Zweitangeklagte vehement ab. Der Hauptangeklagte und mutmaßliche Haupttäter habe zwar zum Teil bei ihm gewohnt, er kenne ihn jedoch "nur flüchtig", gab der 33-Jährige vor Richter Hofer und den Geschworenen zu Beginn der Verhandlung bei seiner Einvernahme an. "Er hat rund zweieinhalb Wochen in meiner Wohnung geschlafen. Er war dabei ständig auf Kokain und hatte auch eine Pistole", sagte der Russe. Selbst habe er aber weder zu den Banküberfällen beigetragen noch habe er von solchen wirklich Kenntnis gehabt. Es sei jedoch die Rede davon gewesen, dass der Erstangeklagte "am Innsbrucker Mitterweg irgendetwas machen will".

Schließlich schilderten zahlreiche Zeugen - größtenteils Bankangestellte - die besondere "Aggression und Gewalt" des Bankräubers. Der Täter sei regelrecht "hereingestürmt" und habe ihnen die Waffe zum Teil ohne wirklichen Anlass an die Schläfe gehalten, Personen unvermittelt in den Schwitzkasten genommen und an "ihnen herumgerissen", so die einheitlich lautenden Schilderungen. Unterschiede gab es in Hinblick auf die "Art" des Täters. Manche sprachen von einem "Südländer", andere wiederum von einem Einheimischen. Den Täter, der bei den Überfällen stets maskiert war, erkannte im Gerichtssaal keiner der Zeugen.

Zum Teil Geiseln genommen

Zudem wurden die Mutter des Angeklagten sowie der Chefermittler der Polizei als Zeugen einvernommen. Die Mutter schilderte etwa die "langjährige Suchtproblematik" ihres Sohnes, der Chefermittler die Gründe dafür, die dazu führten, dass man von einem Serien-Täter ausgehe. Vor allem die besondere Brutalität und das ähnliche Vorgehen spreche für einen Täter.

Am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt. An diesem zweiten Verhandlungstag sollen weitere Zeugen einvernommen werden. Darauf folgen die Schlussplädoyers und die Beratung der Geschworenen. Mit einem Urteil wird in den Abendstunden gerechnet.

Staatsanwalt sprach von brutalen Bankrauben

Zu Beginn der Verhandlung hatte Staatsanwalt Markus Grüner davon gesprochen, dass alles darauf hindeute, dass hinter den fünf Banküberfällen immer derselbe Täter stecke. "Der Bankräuber ging stets dermaßen brutal vor, dass einfach alles zusammenpasst", führte er aus. Aufgrund dieses Vorgehens und von DNA-Spuren liege nahe, dass der Erstangeklagte tatsächlich der Täter in allen fünf Fällen sei, so Grüner.

Der 26-jährige österreichische Hauptangeklagte ging, wie die Ermittler im Vorfeld der Verhandlung erklärt hatten, stets auf ähnliche Weise vor. Er marschierte maskiert in die Geldinstitute und bedrohte Bankmitarbeiter im Schalterbereich mit einer Schusswaffe. Schließlich forderte er auf Englisch die Herausgabe von Bargeld. Der Mann übte auch Gewalt aus, indem er Mitarbeiterinnen etwa aggressiv im Nacken- und Schulterbereich packte. Die Überfälle sollen blitzartig über die Bühne gegangen sein und nur zwischen 30 Sekunden und zweieinhalb Minuten gedauert haben. Bei einem Überfall, jenem am 20. März 2024 in Innsbruck, blieb es beim Versuch.

Hauptangeklagtem drohen bis zu 20 Jahre Haft

Sein 33-jähriger russischer Komplize soll zwei der Taten mit dem Erstangeklagten geplant, die Waffe in einem Fall übernommen und versteckt sowie in einem weiteren Fall in einem Fahrzeug in der Nähe des Tatorts auf den Erstangeklagten gewartet haben. Schließlich flüchtete er mit ihm. Dem 26-Jährigen droht im Falle einer Verurteilung durch das Geschworenengericht eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren, dem 33-Jährigen von bis zu 15 Jahren.

In Tirol hatte es seit November 2023 eine auffällige Häufung an Banküberfällen gegeben. Zwölf Mal wurden Geldinstitute in Kufstein, Fügen, Mieders und Innsbruck das Ziel von Räubern. Seit Juni waren alle Überfälle geklärt, zum Teil wurden die Täter bereits verurteilt. Zuletzt wurde ein 22-Jähriger festgenommen, der im November 2024 vermummt und bewaffnet eine Kufsteiner Bank ausgeraubt haben soll. Ein Raubüberfall in der Innsbrucker Reichenau wird dagegen einem bereits verstorbenen 28-Jährigen zur Last gelegt.

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