Abrissversuch eines denkmalgeschützten Gasthofs gerade noch gestoppt

Nach einem Brand vor zwei Jahren hat das Haus gelitten. Historisch wertvoll ist u. a. die Fassadengestaltung
2023 hat ein Großbrand den Dachstuhl eines fast 600 Jahre alten Tiroler Gasthofs in Gries am Brenner zerstört. Seither dringen Schnee und Regen ungehindert ins denkmalgeschützte Gebäude und nagen an der Substanz. Seit Mittwoch klafft nun auch noch ein Loch in der Seitenflanke des Hauses, das ein Bagger hineingerissen hat.
Die Malereien an der Fassade des Gebäudes sind ein Grund, warum das Bundesdenkmalamt den Gasthof als bewahrenswert eingestuft haben. Wie der ORF Tirol berichtet, hat der Eigentümer des historischen Gebäudes offenbar versucht, Tatsachen zu schaffen. Eine Anrainerin schritt ein. Die Abbrucharbeiten wurden vorerst eingestellt.
Jahrelanges Gezerre
Es ist ein weiteres Kapitel im Gezerre zwischen Bundesdenkmalamt und dem Besitzer, der mit Beschwerden gegen ihm auferlegte Schutzmaßnahmen für das „Weiße Rössl“ zuletzt, wie berichtet, beim Tiroler Landesverwaltungsgerichtshof einen Totalabbruch erwirkt hatte.
Es gelte „extrem knifflige Rechtsfragen zu klären“, hatte Landeskonservatorin Gabriele Neumann vor nicht einmal zwei Wochen gegenüber dem KURIER erklärt und gewarnt, dass ein Abriss einen Rechtsbruch darstellen könnte.
Die Sache ist verzwickt. Einerseits hat das Gericht mit Verweis auf die Tiroler Bauordnung angeordnet, dass bis 30. April ein Totalabriss des Gasthofs neben der Kirche des Dorfs an der Bundesstraße erfolgen muss. Die Baugebrechen seien inzwischen so groß, dass „eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen“ bestehe.
Nach wie vor unter Schutz
Andererseits betonte Neumann: „Das ,Weiße Rössl‘ steht nach wie vor unter Denkmalschutz. Der Eigentümer müsste auch bei uns einen Antrag für einen Abbruch stellen.“ Den Schutz regelt ein Bundesgesetz, das hier scheinbar im Widerspruch zur landesseitigen Bauordnung steht.

Inzwischen hat das Bundesdenkmalamt aber darauf hingewiesen, dass auch in der Bauordnung die Zerstörung eines geschützten Bauwerks untersagt wird. Tatsächlich heißt es dort, dass „der Abbruch von denkmalgeschützten Gebäuden oder Gebäudeteilen, für deren Abbruch eine rechtskräftige denkmalschutzrechtliche Bewilligung nicht vorliegt, unzulässig“ sei.
Die zuständige Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land sitzt gewissermaßen zwischen den Stühlen. Sie hatte erklärt, dass Gutachter prüfen sollen, wie die im „Weißen Rössl“ vorhandenen „Denkmalcharakteristika gesichert werden können“. Ein Teil dieser „Charakteristika“ ist nun bereits zerstört.

Der Dachstuhl des neben der Ortskirche stehenden Gasthofs wurde bei einem Brand zerstört
Für Bürgermeister Karl Mühlsteiger, dessen Gemeinde keine Parteistellung in der Causa hat, sind die Vorgänge „höchst dubios“. Er glaubt, dass eine Fortführung des Abrisses „nicht legal wäre“. Und zwar, weil es auch noch keinen Bescheid der BH für eine Straßensperre gibt. Ohne diese wären Abbrucharbeiten aufgrund der Nähe des Gasthofs zur Fahrbahn „ein Wahnsinn“.
Ein Postkartenmotiv
Im Ort gehen längst die Emotionen hoch. „Das ,Weiße Rössl‘ ist das schönste und kunsthistorisch wichtigste Gebäude in Gries. Es war immer schon auf Postkarten abgebildet und ist ein fixer Bestandteil des Ortsbildes“, so Mühlsteiger. Für ihn wäre es unverständlich, „wenn ausgerechnet ein solches Gebäude in dieser Schnelligkeit beseitigt werden kann.
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