Versuchter Mord mit Traktor? 80-jähriger Landwirt vor Gericht

Der Angeklagte vor Gericht
Zusammenfassung
- Ein 80-jähriger Landwirt steht in Graz wegen versuchten Mordes an seinem Bruder vor Gericht, nachdem er diesen laut Anklage mit dem Traktor angefahren haben soll.
- Der Angeklagte bestreitet die Tat und behauptet, sein Bruder habe den Unfall absichtlich herbeigeführt; das Verhältnis der Brüder gilt als seit Jahren zerrüttet.
- Die Verteidigung kritisiert die Ermittlungen und sieht eher fahrlässige Körperverletzung als versuchten Mord, während es keine Zeugen für den Vorfall gibt.
Ein 80-jähriger Landwirt hat sich am Mittwoch im Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Mordes verantworten müssen. Er soll seinen 72-jährigen Bruder auf dessen Moped mehrmals mit dem Traktor angefahren haben.
Der Angeklagte bekannte sich vor den Geschworenen nicht schuldig, er sei "kein Mörder" und der Bruder habe den "Unfall" absichtlich verursacht. Zwischen den Brüdern herrscht laut Staatsanwaltschaft seit Langem ein "äußerst schlechtes" Verhältnis. Der Prozess wurde am Abend vertagt und soll im Oktober fortgesetzt werden.
Die beiden Männer sind Nachbarn, sie nutzen dieselben Zufahrtsstraßen, um zu ihren Häusern in Graz-Umgebung zu kommen.
"Du kommst dran"
Über die Jahre ist es immer wieder zu gegenseitigen Beschuldigungen und Vorwürfen gekommen, etwa, dass der eine Bruder dem anderen die Zufahrt zum Grundstück blockiere. Zur Anklage ist es bisher nie gekommen. Zwei Tage vor der Tat soll der Landwirt seinen Bruder bedroht haben: "Du kommst dran."
Am 4. November 2024 kam es laut Anklage dann zur Eskalation. Der Landwirt soll mit seinem Traktor in der Nähe der beiden Grundstücke den Bruder auf dessen Kleinmotorrad angefahren haben. Nach der ersten Kollision hat der 80-Jährige laut Staatsanwaltschaft auf das inzwischen am Boden liegende Moped zugesteuert, unter dem bereits der Bruder eingeklemmt war.
Zu diesem Zeitpunkt soll der Bruder "Hör auf" geschrien haben, der Angeklagte soll erwidert haben: "Jetzt bist du dran."
70 Tage im Spital
Der Traktor rammte abermals das Kleinmotorrad. Den Ermittlungen zufolge hat sich der 72-Jährige nur dadurch vor seinem Bruder retten können, indem er in ein nahes Bachbett flüchtete. Der Mann erlitt schwere Verletzungen, darunter zahlreiche Knochenbrüche, Serien-Rippenbrüche und Wirbelbrüche. 70 Tage verbrachte er stationär im Krankenhaus, fünf Tage davon auf der Intensivstation.
Der 80-jährige Angeklagte, der sichtlich zitternd in den Gerichtssaal kam, zeigte sich vor den Geschworenen nicht geständig.
"Ich bin kein Mörder"
"Ich bin nicht schuldig. Ich bin auch kein Mörder. Das, was dort passiert ist, hat der Bruder organisiert." Der Mann gab an, sein Bruder sei ihm bewusst in den Traktor gefahren, weil er ihm Schwierigkeiten bereiten habe wollen.
Schon jahrelang habe ihm der Bruder den Hof streitig machen wollen, den er von den Eltern übernommen hat. Er habe zurzeit überhaupt keinen Kontakt mehr zum Bruder. Zum Tathergang sagte der Angeklagte: "Ich bin umgedreht in der Kreuzung. Ich habe meinen Bruder nicht gesehen. Auf einmal ist er da gestanden und dann war er im Bachbett. Er hat das hundertprozentig absichtlich gemacht." Wie es zur Kollision gekommen ist, könne er nicht sagen.
Laut den beiden Verteidigern des Angeklagten steht kein versuchter Mord im Raum, sondern eine fahrlässige Körperverletzung.
Verteidiger kritisieren Ermittlungen
Die Kritik der Verteidigung: Es habe keinen Ortsaugenschein gegeben, "das ist eigentlich bei jedem Pimperl-Verkehrsunfall üblich." Die Verteidigung habe selbst mithilfe von privaten Gutachtern beim Nachkonstruieren der Tat festgestellt, dass der Vorgang nicht so habe ablaufen können, wie es die Staatsanwaltschaft darlegt.
Ein Antrag der Verteidiger auf Enthebung des Sachverständigen der Staatsanwaltschaft wurde nicht stattgegeben. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft, Zeugen des Vorfalls gibt es keine.
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