Blau-schwarze Kürzungen: Aus für steirisches Vorzeigeprojekt abgewendet

Die Einrichtung verfolgte auch Hasspostings (Symboldbild)
Zusammenfassung
- Die Antidiskriminierungsstelle Steiermark steht vor dem Aus, da die Landesregierung die Förderungen gestrichen hat und die Stadt Graz nur einen Notbetrieb bis Jahresende ermöglicht.
- Die Einrichtung war europaweit Vorreiter beim Melden von Hasspostings mit der App "BanHate" und bearbeitete 2023/24 rund 1.339 Diskriminierungsfälle.
- Mit dem drohenden Ende der Stelle entfällt auch wichtige Präventionsarbeit gegen Extremismus und Unterstützung für Betroffene von Altersdiskriminierung und Hass im Netz.
Als Daniela Grabovac im Juli den jüngsten Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle vorstellte, hatte die Leiterin der steirischen Einrichtung schon eine Vorahnung: Diese Bilanz könnte vermutlich die letzte sein.
Land strich Förderungen
Eine Zeit lang schien es so, dass die Vorahnung tatsächlich eintrifft: Die blau-schwarze Landesregierung hat der Einrichtung, die 2012 von Land Steiermark und Stadt Graz gemeinsam gegründet wurde, die Förderungen gestrichen. Begründet wurde das von FPÖ-Soziallandesrat Hannes Amesbauer mit der Notwenigkeit, sparen zu müssen.
Die Summe, um die es geht, ist für die Einrichtung, die mit ihrer App "BanHate" europaweit Vorreiter im unbürokratischen Melden von Hasspostings ist, aber überlebenswichtig: 150.000 Euro. Derzeit fahre sie auf "Sparflamme", bedauert Grabovac, die die Antidiskriminierungsstelle seit 2012 leitet.
KPÖ-Kritik an Blau-Schwarz
Die Stadt Graz, die jährlich mit 22.000 Euro fördert, sicherte mit einem weiteren Zuschuss von 30.000 Euro den Notbetrieb bis zum Jahresende. "Diese Institution der Menschlichkeit, die seit 13 Jahren wertvolle Dienste in der Rechts- und Sozialberatung sowie Hilfe bei Altersdiskriminierung bietet, darf nicht einer falschen Sparpolitik geopfert werden", kritisiert KPÖ-Bürgermeisterin Elke Kahr Blau-Schwarz im Land.
Doch ohne weitere Unterstützung vom Land muss die Einrichtugn mit Jahresende schließen. Das hieße das Aus für die App "BanHate", über die 2023/24 rund 7.600 Hasspostings gemeldet wurden - 3.000 von ihnen wurden an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter geleitet.
Gegen Diskriminierung im Alltag
Das Ende der Antidiskriminierungsstelle, die sich in den vergangenen Jahren auch immer mehr in Richtung Präventionsarbeit gegen Extremismus entwickelt hat, wäre dann auch das Ende der Verfolgung von Diskriminierung im Alltag: 2023/24 hat das Team 1.339 Fälle bearbeitet.
- Die Einrichtung wurde Ende Mai 2012 als gemeinsames Projekt von Stadt Graz und Land Steiermark eröffnet. Schwerpunkte der Antidiskriminierungsstelle sind Ungleichbehandlungen jeglicher Art, sei es aus religiösen Gründen oder des Alters.
- Zuletzt entwickelte sich die Einrichtung auch in Richtung einer Präventionsstelle gegen Extremismus: So gab das Team unter anderem einen Leitfaden heraus, der hilft, Radikalisierungssymbole zu erkennen und zu deuten.
- 2017 ging die Stelle mit der App "BanHate" online: Sie war die erste ihrer Art in Europa, die unkompliziertes Melden von Hasspostings im Internet möglich machte; 2020 wurde die Meldemöglichkeit auch auf Hate Crimes erweitert. Laut Bilanz des Vorjahres gingen seiter rund 18.500 Meldungen über Hasspostings ein. 2024 gab es 4.417 Meldungen, 38 Prozent davon wurden angezeigt und strafrechtlich verfolgt.
Entsprechend laut werden nun die Appelle an das Land Steiermark, die Streichung der Mittel zurückzunehmen. "Die Antidiskriminierungsstelle gilt als Vorbild für zahlreiche ähnliche Einrichtungen in Europa", mahnt der Menschenrechtsbeirat der Stadt Graz: "Sie ist leicht zugänglich, bietet hochwertige Rechts- und Sozialberatung und führt wirksame Kampagagnen für ein respektvolles Miteinander durch."
Kein Kredit als Pensionist? - Stelle hilft
Die Aufgaben der Einrichtung sind breit gefächert und reichen von Hasspostings im Netz bis zu Altersdiskriminierung: Wer etwa als Pensionist keinen Kredit mehr bekam, findet Unterstützung bei Grabovac und ihrem Team. Ebenso Menschen, die aufgrund von Vorerkrankungen keine Zusatzversicherung mehr fanden. Wer Opfer von Radikalismus oder Beleidigungen wird, findet ebenfalls Unterstützung.
Mittwochmittag steht dann aber fest - die Antidiskriminierungsstelle kann auch 2026 weitermachen. Die Stadt Graz bringt zusätzliche Mittel auf, wie Bürgermeisterin Kahr und Stadtrat Robert Krotzer mitteilen.
"Land nicht von Verantwortung entbunden"
Das Team um Daniela Grabovac kann somit vorerst aufatmen. "Die Möglichkeit der zusätzlichen Förderung und Unterstützung durch die Stadt Graz stellt eine große Erleichterung für uns dar", versichert Grabovac. Die KPÖ-Stadtpolitiker wollen indes die Kürzungen der Kollegen in der blau-schwarzen Landesregierung nicht einfach so stehen lassen: "Mit der nun gefundenen Lösung ist ein Mindestbetrieb gesichert, doch das entbindet das Land Steiermark nicht von seiner Verantwortung", mahnen Kahr und Krotzer.
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