Zuhältereiprozess in Innsbruck: Verhandlung wegen Zeugen vertagt
Am Innsbrucker Landesgericht hat am Donnerstag ein Prozess gegen sechs rumänische Staatsbürger und eine Österreicherin wegen Zuhälterei begonnen. Die Angeklagten sollen zwischen Anfang 2018 und Mai 2021 19 Frauen in Innsbruck der Prostitution zugeführt, ihnen die Hälfte des Lohns abgenommen sowie die Bedingungen zur Prostitutionsausübung vorgeschrieben haben. Der Prozess wurde wegen zwei Zeugen vertagt, die nicht erschienen sind.
Drei bisher einvernommene Angeklagten plädierten auf nicht schuldig, die Verteidiger beantragten Freisprüche für alle. Zwei der sieben Angeklagten waren dem Prozess unentschuldigt ferngeblieben. Zur Vermeidung einer weiteren Verfahrensverzögerung entschloss sich Richterin Sandra Presslaber dennoch zu verhandeln. Gegen einen im Anschluss von der Staatsanwältin eingebrachten Antrag, einen der ferngebliebenen Angeklagten festzunehmen, argumentierte sein Verteidiger. Es bestehe, im Gegensatz zur Behauptung der Staatsanwältin, „keine Fluchtgefahr“.
"Nicht schuldig"
Während die Staatsanwältin lediglich auf den Strafantrag verwies, versuchten die Verteidiger das Gericht von der Unschuld ihrer Mandanten zu überzeugen. Es seien „keine Personen ausgenützt worden“, meinte ein Rechtsbeistand, während ein anderer herausstrich, dass „in Sachen Prostitutionsausübung keiner Frau etwas vorgeschrieben wurde“. Die Frauen seien zudem einer „legalen Beschäftigung nachgegangen“, so die Argumentationslinie eines weiteren Verteidigers.
Der Zweitangeklagte bekannte sich im Anschluss in seiner Einvernahme zum Anklagepunkt der Zuhälterei „nicht schuldig“. „Ich war lediglich der Fahrer“, sagte der rumänische Staatsbürger, der in Innsbruck und außerhalb der Stadt die Prostituierten zu ihren Kunden brachte. Für diese Fahrten habe er nach den Kundenterminen pauschal 30 Euro vom Lohn der Frauen erhalten, so der Angeklagte.
Auch der Erstangeklagte argumentierte ähnlich und bekannte sich ebenfalls als „nicht schuldig“. Er habe, im Falle von Fahrten in Wien 20 Euro bekommen, in Innsbruck 30 Euro und habe „rund 40 verschiedene Mädchen gefahren“. Der dritte Beschuldigte, als Sechstangeklagter geführt, nannte für seine Innsbruck-Fahrten die exakt selben Zahlen.
Ständig erreichbar
Allen Beschuldigten sei bewusst gewesen, dass die Frauen pro Kunde zwischen 50 und 70 Euro an die ebenfalls angeklagte Chefin eines Escortservices abführen mussten. Diese habe auch dementsprechend mehr verdient, wenn es zu „Verlängerungsstunden“ gekommen sei, so die Rumänen. Für die Dienstleistung ohne Verlängerung hätten die Frauen bis zu 170 Euro pro Kunde bekommen. Geld für mit Kunden vereinbarte „Extras“ hätten die Prostituierten hingegen selbst behalten dürfen, betonten sie.
Eine als Zeugin aussagende Prostituierte, deren Dienste von der Escort-Chefin über einschlägige Plattformen angeboten wurde, bestätigte diese Rechnung. „Bei 170 Euro pro Stunde musste ich insgesamt 100 Euro abgeben“, erklärte sie. Es sei aber „psychischer Druck“ auf sie ausgeübt worden, etwa sei sie von einem Mann angeschrien worden, dass sie die „Regeln befolgen muss“.
So habe sie laut diesen Regeln etwa „Kunden nicht absagen dürfen“ und habe ständig über das Telefon erreichbar bleiben müssen. Sie sei mit Druck außerdem etwa zu „Geschlechtsverkehr ohne Kondom“ genötigt worden.
"Problematische" Zeugin
Die Chefin der Escort-Agentur widersprach in ihrer Einvernahme diesen Schilderungen vehement. Die Frauen hätten über die „Extras“ selbst bestimmen können und seien auch in Sachen Auftritt auf diversen Sex-Plattformen selbstbestimmt gewesen. „Ich habe stets mit den Mädchen darüber geredet, was sie anbieten können und wollen“, sagte sie. Die Zeugin, die zuvor von „psychischem Druck“ gesprochen habe, sei „schon immer problematisch gewesen“. Auch die vor der Escortagentur-Leiterin einvernommene Siebtangeklagte - eine Frau aus Rumänien, die ebenfalls wegen Zuhälterei angeklagt ist - hatte in Bezug auf etwaige erzwungene „Lesben-Shows“ klar widersprochen.
Zu einem Urteil kam es am Donnerstagabend nicht. Zwei der fünf Verteidiger beantragten die Ladung von zwei heute nicht erschienenen Zeuginnen und waren mit einer Verlesungen von deren Aussagen nicht einverstanden. Als möglichen neuen Termin nannte die Richterin den April dieses Jahres. Auch die heute nicht erschienen Angeklagten sollen dann wieder ins Verfahren aufgenommen werden.
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