Wunschkennzeichen feiern Geburtstag: 35 Jahre und kein bisschen alt

Fest steht, dass nicht alle Österreicher glücklich wurden mit ihrem Wunschkennzeichen. Ein Salzburger Pfarrer etwa hatte sich AMEN 1 reservieren lassen. Als er schließlich bemerkte, dass er mit S-AMEN 1 durch die Gegend fuhr, verzichtete er lieber auf sein Taferl.
Auch TOD 1 hatte ein 18-jähriger steirischer Führerscheinneuling nur für eine sehr kurze Zeit, denn im März 1997 raste er mit seinem 170 PS starken BMW tatsächlich in den Tod.
Um die Einführung der weißen Kennzeichen gingen Ende der 80er-Jahre die Wogen gewaltig hoch, denn die nationale Identität schien in Gefahr zu sein. Die Kronen Zeitung kampagnisierte für schwarze, alternative Nummernschilder des Künstlers Friedensreich Hundertwasser und brachte damit den Verkehrsminister Rudolf Streicher gewaltig unter Druck, wie sich Zeitzeugen erinnern. Die SPÖ erklärte die neuen, weißen Taferln, die vor allem wegen ihrer besseren Sichtbarkeit im Straßenverkehr eingeführt werden sollten, daraufhin sogar zur Koalitionsfrage.
Schlangen vor Ämtern
Als am 2. Oktober 1989 die Registrierung startete, drängten sich vor den Kfz-Zulassungsstellen der Bezirkshauptmannschaften und Verkehrsämter die Menschenmassen. Jeder wollte seine ganz persönliche Nummerntafel bestellen. Ab Anfang 1990 prägten dann MAUSI 1 und Co erstmals das heimische Straßenbild.
Auffallen wollte der kleine Mann genauso wie manch Prominenter. Die ÖVP-Politikerin Benita Ferrero-Waldner ging beispielsweise mit B-ENITA 1 in den Präsidentschaftswahlkampf gegen Heinz Fischer. Dem Skispringer Andreas Goldberger wurde sein AM-GOLD 1 sogar gestohlen. SP-RUNG 1 zierte hingegen passenderweise das Auto des Kärntner Skisprungstars Thomas Morgenstern.
So manche Scherze gingen allerdings nach hinten los. S-HANF 1 hatte sich ein Salzburger Szenewirt zugelegt, der sich auf (vollkommen legales) Kochen von Hanfprodukten spezialisiert hatte. Die Folge war, dass ihn fast jede Polizeistreife aufhielt.
W-MOSE 1 hatte ein Wiener auf seinem Auto. Als er sich aber Ö-Striche auf das O malte, wurde die Behörde aktiv, verstand keinen Spaß und zeigte ihn wegen Urkundenfälschung an. VB-BIER 1 hingegen wurde bereits kurz nach der Auslieferung vermutlich von einem Souvenirjäger entwendet.
Manches sorgte auch für allgemeine Erheiterung, etwa L-ULLI 1 in Oberösterreich oder W-OLFIL 8, IM-BETT 6, W-OZU 6 und MI-LECK 5. Jener Lenker, der VI-AGRA 1 wählte, erntete hingegen ratlose Blicke.
Fragwürdige Anfragen
Immer wieder für Aufsehen sorgten auch Taferl mit NS-Bezug, denn anfänglich hatten die Bestimmungen noch Lücken – bei W-EHRM 8 war die Behörde machtlos. An anderer Stelle gab es Diskussionen mit den Lenkern. So wollte jemand W–NSDAP 1 als Kennzeichen haben. „Ich habe dem Mann erklärt, dass er sich damit der Wiederbetätigung schuldig machen würde. Der Pkw-Besitzer hat mir erklärt, das seien die Anfangsbuchstaben seiner besten Freunde“, berichtete ein Mitarbeiter vom Wiener Verkehrsamt. Die Tafel wurde dennoch nicht ausgeliefert.

Doch immer wieder rutschte auch etwas durch, in der Steiermark waren zeitweise SS 1 oder KZ 88 unterwegs, in Kufstein KU-KLUX 1. In Tirol wurde sogar irrtümlich serienmäßig das verbotene Kürzel HH (Heil Hitler) verteilt, was zu Diskussionen im Landtag führte.
Doch mittlerweile wurde das Gesetz zweimal – in den Jahren 2015 und 2024 – nachgeschärft, zahlreiche nationalsozialistische Codes wurden ebenso verboten wie Bezüge zum Islamischen Staat. Regelungen wie in Deutschland, wo auch Hinweise auf den russischen Angriffskrieg verboten wurden, gibt es hierzulande nicht.
Ein zweiter Frühling
Mittlerweile wurden laut Verkehrsministerium jedenfalls rund 783.000 Wunschkennzeichen ausgegeben. Waren früher vor allem Privatpersonen interessiert, so sind es mittlerweile eher Firmen, heißt es. Das hat auch damit zu tun, dass ein Antrag mittlerweile 435,30 Euro kostet. Nach einer Flaute in den 10er-Jahren mit nur noch rund 17.000 Anträgen, gab es ab 2020 wieder einen Boom mit um die 30.000 neuen Wunschkennzeichen.
- Kraftfahrzeugkennzeichen wurden in Österreich vergleichsweise spät, nämlich erst mit Verordnung vom 27. September 1905, eingeführt. Dieses war an jedem Auto und Motorrad vorne und hinten in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzubringen. Das erste Kennzeichen wurde am 7. Jänner 1906 in Wien zugewiesen.
- Insgesamt fünf Mal wurde das System reformiert, vor allem weil irgendwann auch die Nummern ausgingen. Vor den jetzigen weißen wurden von 1947 bis 1990 schwarze Tafeln ausgegeben. Hier gab es zwar keine Wunschkennzeichen, aber einen gewissen Nummern-Adel. Wer vier- oder sogar dreistellige Nummern ergattern wollte, brauchte Beziehungen. Dafür drückte dann auch so mancher Polizist ein Auge zu. 1967 bekamen Post (PT) oder Bahn (BB) eigene Kürzel, aber auch Polizei (BP) oder Gendarmerie.
- Mehr als 126.000 schwarze Kfz-Taferln sind noch auf Österreichs Straßen unterwegs, das entspricht einem Anteil von 1,7 Prozent. Vor fünf Jahren waren es noch 165.000 Fahrzeuge, vor zehn Jahren mehr als 220.000. Mit Abstand die meisten gibt es in Niederösterreich, dahinter folgen die Steiermark und Oberösterreich fast gleichauf. Allein diese drei Bundesländer stellen drei Viertel des übrigen Bestands.
- Dass Wien weit abgeschlagen ist, hat vor allem einen Grund – die meisten noch übrig gebliebenen schwarzen Taferln sind auf Traktoren und anderen landwirtschaftlichen Fahrzeugen, denn diese sind länger im Einsatz als Autos oder Motorräder.
Per Gesetz müssen die Einnahmen jedenfalls für Verkehrssicherheitsprojekte verwendet werden. Dass rund um das Jahr 2010 Millionen in Inserate mit Ministerfotos und an parteinahe Medienhäuser flossen, führte sogar zu Ermittlungen gegen die damalige Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ). Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren allerdings ein.
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