Ein Spiel mit Klischees: Grundkurs "Tirol" im Kulturzentrum Innsbruck

Eine Gruppe von Schützen in Tracht feuert mit Gewehren in die Luft.
Zwischen Augenzwinkern und bierernsten Fakten wollen zwei Uni-Wissenschafter Tirol und seine Eigenheiten für jedermann zugänglich machen.

Die Redewendung hält sich beharrlich. Die einen verwenden sie im Scherz, andere meinen es ernst, wenn sie sagen: „Bisch a Tiroler, bisch a Mensch.“ Im Widerspruch zu dieser fragwürdigen Weisheit steht, „dass in Tirol Menschen aus 138 Nationen leben. Wir sind viel diverser, als wir glauben“, sagt Politikwissenschafterin Lore Hayek.

Gemeinsam mit ihrem – inzwischen pensionierten – Kollegen von der Universität Innsbruck, dem Soziologen Markus Schermer, will sie in den kommenden Monaten mit einer Reihe von „Vorlesungen“ der besonderen Art mit wissenschaftlichen Fakten Tiroler Eigenheiten, Selbstbilder und Klischees über das Bergvolk nachspüren.

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Politologin Lorey Hayek und Soziologe Markus Schermer vor dem Treibhaus in Innsbruck.

Politologin Lorey Hayek und Soziologe Markus Schermer.

„Keine Sciencebusters“

Dazu wechseln die beiden Wissenschafter vom Elfenbeinturm in den Turm des Treibhauses, wie es im Programm des Innsbrucker Kulturzentrums heißt, das unter anderem als Tempel der österreichischen Kabarettszene gilt. Aber Schermer stellt gleich klar: „Wir sind keine Sciencebusters.“ „Wir wollen mit Klischees über Tirol und die Tiroler Politik spielen. Das soll lustige Aspekte, aber auch einen Lerneffekt haben“, so Hayek.

Am Ende der mit heute startenden und an fünf Montagen im Herbst und Winter stattfindenden „Vorlesungen“, die „Tirol für Anfänger:innen und Fortgeschrittene, Einheimische, Mehrheimische und Zuagroaste“ vermitteln sollen, wird es sogar eine Prüfung geben – als Pub-Quiz.

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Die Idee, Wissenschaft im Treibhaus vor ein breites Publikum zu holen, hatte Schermer schon länger. Und Tirol als Thema liegt für das Duo auf der Hand. „Die Uni wird immer internationaler. Wir beide sind zwei waschechte Tiroler und müssen unseren internationalen Kollegen und Studenten immer wieder Fragen zu Dingen erklären, die sie in Tirol nicht verstehen“, so Hayek. Etwa was es mit der Aufregung um den Wolf auf sich hat. Oder was da eigentlich in der Stadtpolitik los ist.

Im Treibhaus wollen beide einen barrierefreien Zugang zu Wissenschaft bieten. „Die Idee ist schon, dass wir Leute erreichen, die nicht in die Unis gehen“, hat sich Schermer vorgenommen. Die Politikwissenschafterin beackert ein Feld, das in der Bevölkerung höchst emotional diskutiert wird. Die Politikverdrossenheit und die Unzufriedenheit mit den Akteuren ist bekanntlich groß: „Ich möchte zeigen, dass jeder seine politische Meinung haben kann, es aber auch einen analytischen Zugang gibt.

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Die Idee ist schon, dass wir Leute erreichen, die nicht in die Unis gehen und Wissenschaft barrierefrei zu machen.

von Markus Schermer

Soziologe, Uni Innsbruck

Gegen die Skepsis

Aber auch mit dem Vertrauen in die Wissenschaft ist es in Österreich nicht weit her. „Dieser Wissenschaftsskeptizismus ist eines der größten Probleme, das wir haben und ich möchte auf vielen Ebenen dagegen arbeiten“, nennt Hayek eine weitere Motivation für die nun startenden „Montagsvorlesungen“.

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