Wiener Spitäler: 37 Wochen Warten auf eine Hüfte

Überfüllte Spitäler und überlange Wartezeiten: Die Wiener Bevölkerung ist seit Jahren mit einer unbefriedigenden, ja für den Einzelnen mitunter sogar gesundheitsgefährdenden Situation konfrontiert. Wie dramatisch die Lage derzeit wirklich ist, zeigt eine Datenerhebung des KURIER zu Wartezeiten auf Operationstermine in Wiener Gemeindespitälern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Wartefristen in allen Bereichen seit Februar 2020 – und damit noch vor Corona – massiv verschlechtert haben: Teilweise müssen Patienten sieben Mal länger auf eine Bandscheibenoperation warten, mehr als fünf Mal so lang auf eine neue Hüfte, fast vier Mal so lang auf einen Kniegelenksersatz und doppelt so lang auf einen Eingriff beim Grauen Star.
Verglichen wurden dabei die aktuellen, durchschnittlichen Wartezeiten laut Homepage des Wiener Gesundheitsverbundes (Wigev) mit jenen der einzelnen Spitäler von 2020 – jeweils Februar mit Februar. Ausgewertet wurden die vier gängigsten planbaren operativen Eingriffe (siehe Grafik).

Steigerung um 582 Prozent
Besonders prekär scheint die Lage in der Klinik Landstraße zu sein: Wartete man im Februar 2020 nur 19,5 Tage auf eine Bandscheiben-OP, sind es nunmehr 19 Wochen (sic!) – das entspricht einer Steigerung um 582 Prozent respektive einer Versiebenfachung. Dass dies kein statistischer Ausreißer ist, zeigen die Zahlen der anderen Krankenhäuser: Denn ganz ähnlich ist die Situation in der Klinik Donaustadt: Bis zu einer neuen Hüfte dauert es 37 Wochen (absolut gesehen die längste Wartezeit), zuvor waren es gerade einmal 45 Tage (+476 Prozent); ein neues Knie bedeutet eine Wartezeit von 31 Wochen und damit vier Mal länger als zuvor (56 Tage/+288 %). Ähnlich lange wartet man in der Donaustadt auf einen Bandscheiben-Eingriff (32 Wochen), der vormals schon nach 66 Tagen möglich war (+239 %). Im Otto-Wagner-Spital bereiten Hüft-OPs derzeit die größten Sorgenfalten – hier hat sich die Wartezeit verdoppelt (von 89 Tagen auf 26 Wochen).
Übrigens: Wer in nächster Zeit unter Messer muss, sollte sich besser ans Wiener AKH wenden, wo es „Wartezeiten wie früher“ gibt: Im gemeinsam mit der Medizin-Uni betriebenen Spital dauert es bis zur Bandscheiben-OP nur drei Wochen, bei der Hüfte sechs, beim Grauen Star acht und beim Knie neun Wochen. (Vergleichbare 2020er-Daten liegen hier nicht vor.)
Druck aus Ostregion
Wien steht freilich auch unter dem Druck der Gastpatienten aus Niederösterreich und Burgenland – wo die Wartezeiten aktuell teilweise noch viel höher sind. Auf eine neue Hüfte wartet man im Burgenland im Schnitt sogar 47 Wochen, auf ein Knie gar 50 Wochen; in NÖ sind es jeweils 27 Wochen. Genau hier sieht man im Wigev auch einen der Gründe für die längeren Wartezeiten, zumal Wien dank der guten AKH-Zahlen auf einen Schnitt von derzeit „nur“ 23 Wochen komme. „Unsere Kliniken sind aufgrund ihrer hohen Expertise auch beliebte Anlaufstelle“, heißt es, nachdem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im Jänner mit der Drohung aufhorchen ließ, Gastpatienten künftig zu benachteiligen, um die Wartezeiten der Wiener zu verkürzen. Schließlich bleibe Wien jährlich auf rund 450 Millionen Euro sitzen, was allerdings von den betroffenen Ländern mit Hinweis auf den Finanzausgleich zurückgewiesen wurde.
Der KURIER wollte von Hacker wissen, wie es in so kurzer Zeit zu dieser Fehlentwicklung kommen konnte – liegt es am Personalmangel, am OP-Management, der Migration oder nur an den Gastpatienten? Doch das Büro des sonst so wortgewaltigen Politikers verwies umgehend an das Wigev-Management.
„Bankrotterklärung“
Dort erklärt man die Verschlechterung vor allem mit dem höheren Patientenaufkommen inklusive Anstieg bei Operationen – 2024 wurde ein Plus von 4,4 Prozent auf 140.466 Eingriffe verzeichnet. Allerdings: Vor Corona gab es schon mehr Operationen und eben kürzere Wartezeiten (2017 waren es 144.270 Operationen). Aber man will künftig Maßnahmen zur Verkürzung setzen: mit eigenen OP-Managern, mehr OP-Betriebszeiten und durch bessere Aufteilung im Klinik-Verbund.
Die Wiener ÖVP spricht dennoch von einer „katastrophalen Verschärfung der Lage“, die nur mit Ausreden kaschiert werde. „Die Zahlen sind der Beweis für die absolute Bankrotterklärung im Wiener Gesundheitssystem für SPÖ und Neos“, meint Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec.
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