Wieder Niederschlag in Unwettergebieten: "Wir haben Angst vor dem Regen"

Wieder Niederschlag in Unwettergebieten: "Wir haben Angst vor dem Regen"
Am Nachmittag sind erneute Regenfälle für Kärnten prognostiziert. Welche Bereiche den Einsatzkräften Sorgen bereiten.

"Dunkel ist es", sagt Walter Bistesnich, als er Mittwochmorgen gen Himmel blickt.

Seit 10 Jahren wohnt er mit seiner Familie in einem Haus auf einem aufgeschütteten Hang in Granitztal einem Ortsteil von St. Paul im Lavanttal. Seit Samstag droht genau dieser Hang abzurutschen. Und mit ihm das Haus und die Existenz von Bistesnich.

Angst, die Existenz zu verlieren

"Man kann sich nicht vorstellen, wie es einem geht, wenn man glaubt, die ganze Existenz zu verlieren." Und eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. Denn am Mittwochnachmittag sind erneut Regenfälle für Kärnten angekündigt. Punktuell sogar heftige Gewitter.

Mit Sorge im Blick haben die Experten die Pegelstände der Gurk und des Wörthersees, dessen Stand das Ausmaß eines 30-jährlichen Hochwassers erreicht hat. Sogar die Schifffahrt wurde eingestellt.

"Die Feuerwehr, die Pioniere des Bundesheers und das Rote Kreuz stehen bereit, falls sich die Lage zuspitzen sollte", sagt der Leiter des Landespressedienstes, Gerd Kurath. 130 Bundesheer-Soldaten stehen in Kärnten nach wie vor im Einsatz.

Lesen Sie im Folgenden, wie hoch die Schäden wirklich sind und wie sich das Land für den neuen Regen wappnet.

Eine Vorhersage, die für die Hänge, die drohen abzurutschen, die denkbar schlechteste ist.

"Wir sind auf der einen Seite noch mit dem Auspumpen der Keller beschäftigt und nun geht das Zittern wieder los", sagt St. Pauls Gemeindefeuerkommandant Siegfried Krobath. Nachsatz: "Heute kommt vom Wetter was daher, das sieht man jetzt schon."

Allein in der 3.200-Einwohner-Gemeinde St. Paul, in der sogar ein Damm drohte die gesamte Ortschaft zu fluten, sind rund 500 Haushalte von Wassereintritten betroffen.

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Weitere 50 Haushalte sind durch Hangrutschungen betroffen. Auch beim berühmten Stift St. Paul sind Mauern komplett eingestürzt. Die Hänge unter dem Stift wurden von der Feuerwehr St. Paul mit weißen Planen abgedeckt, um ein weiteres Eindringen von Feuchtigkeit ins Erdreich zu verhindern. "Aktuell ist die Lage aber stabil", sagt Krobath.

Stabil wie auch die Nachfrage nach einer Sache: "Die Leute kommen ständig zu uns und wollen Pumpen, damit das Wasser endlich weg geht."

Wieder Niederschlag in Unwettergebieten: "Wir haben Angst vor dem Regen"

Bei fünf Haushalten droht auch ein Abrutschen von Wohngebäuden bzw. Wirtschaftsgebäuden. Dazu zählt auch das Haus von Bistesnich und seiner Familie.

65 der 132 Gemeinden Kärntens sind von den Unwettern betroffen. Der Versicherungsverband schätzt den Schaden auf eine dreistellige Millionensumme. Wie hoch die Schäden tatsächlich sind, rechnet der Bürgermeister von St. Paul, Stefan Salzmann (SPÖ), vor.

1,5 Millionen Euro Schaden für eine 3.200-Einwohner-Gemeinde

"Die Instandsetzungsarbeiten an Straßen, Wasser-/Abwasserversorgung oder die Instandhaltung von Wildbächen und Schutzwasserbau, haben wir mit Stand Dienstag mit Experten auf 1, 5 Millionen Euro geschätzt."

Im gesamten Bundesland sind an der Verkehrsinfrastruktur geschätzt 15,4 Millionen Euro an Schäden entstanden. Mehr als 170 Straßen sind betroffen, hieß es am Dienstag aus der Landesregierung in Klagenfurt. 

Geld wird es auch wieder aus dem Katastrophenfonds des Bundes geben. Doch vorerst müssen alle Schäden erhoben werden. Und zunächst muss sich das Wetter beruhigen.

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Das Land Kärnten beriet am Mittwoch um 10 Uhr beim nächsten Krisenstab, wie man sich am besten für den neuerlichen Regen rüstet. Die Erkenntnisse:  Derzeit entspannt sich die Situation zunehmend. So gab es auch Zivilschutz-Entwarnung in den Gemeinden Bleiburg, Eberndorf, Sittersdorf, Bleiburg, St.Kanzian und in der Stadt Klagenfurt für den Stadtteil Viktring. Teilweise aufgehoben wurde die Warnung der Gemeinde Eisenkappel-Vellach mit Ausnahme der Bereiche Remschnigg, Leppen und Lobnig, sowie in der Gemeinde Neuhaus 
mit Ausnahme der Bereiche Heiligenstadt, Motschula, Graditschach, Illmitzen, Kogelnigberg und Wesnitzen.

Die Feuerwehren hatten gestern, Dienstag, noch 160 Einsätze abzuarbeiten – seit heute Mitternacht waren es rund 30.

Katastrophenzug voralarmiert

Für Donnerstag wurde der KAT-Zug IV voralarmiert, der im Bereich Völkermarkt eingesetzt wird. 

Bistesnich, im Granitztal, der nun mit selbst besorgten Planen versucht, sein Haus weiter abzudecken und vor dem Regen zu schützen, sagt: "Wir können bald nicht mehr. Wir haben Angst vor dem Regen."

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