Wie in Linz ohne "Möchtegern-Rambos" für Ordnung gesorgt wird

Es gibt keine Routine. Wenn Daniela und Martina unterwegs sind, kann alles passieren. Die Frauen sind erfahrene Mitarbeiterinnen des Linzer Ordnungsdienstes, beide sind seit mehr als 10 Jahren in Uniform auf Tour, alle Sinne geschärft und auf das Geschehen rundum gerichtet.
Im Linzer Volksgarten herrscht striktes Alkoholverbot. Beim Rundgang bemerken die Frauen in einer Gruppe jemanden, der eine Bierdose in der Hand hält. Zügig marschieren sie in Richtung Zielperson. Die bemerkt die Ordnungsorgane und macht sich schnell aus dem Staub.
Nicht allen aus der Gruppe passt, was hier passiert. Eine Frau stänkert von der Parkbank aus, andere mischen sich ebenfalls ein. Zufällig ist die Polizei in der Nähe und übernimmt.

Ordnungsdienst im Einsatz
Faustschlag auf die Brust
„Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen. Es kommt immer wieder vor, dass wir sie in unguten Situationen anrufen“, erzählt Martina (die Nachnamen der Ordnungsorgane bleiben aus Sicherheitsgründen geheim, Anm.). Gehört und erlebt haben die Frauen schon vieles: „Ich wurde mit dem Umbringen bedroht, als ’unchristlicher Scheißhaufen’ und noch viel Schlimmeres bezeichnet“, sagt Martina.
Daniela bekam während einer Aktion einen Faustschlag auf die Brust. Weil Ordnungsorgane im Dienst wie Beamte gehandhabt werden, war das sofort schwere Körperverletzung. „Dafür ging der ’Copkiller’ – diesen Schriftzug hatte er im Gesicht tätowiert – ins Gefängnis.“
Der Linzer Ordnungsdienst ist seit 2010 im Einsatz, feiert heuer also 15-Jahr-Jubiläum. 2024 gab es in Linz 26 Mitarbeitende im Außendienst, es arbeiten ähnlich viele Männer wie Frauen in der Organisation.
2024 hatte der Ordnungsdienst mehr als 20.000 Einsätze im Linzer Stadtgebiet.
Aktuell gibt es ein spezielles Schulungsprogramm, in Kooperation mit der Volkshilfe. In fünf Modulen geht es um entsprechende Kommunikationsformen, Wege der Deeskalation und die Vermeidung von interkulturellen Missverständnissen.
Angst haben die Frauen trotzdem nicht. Sie haben viel Erfahrung und eine entsprechende Ausbildung, wie sie sich in Extremsituationen verhalten können und müssen. Oberste Prämisse ist immer: deeskalieren.
„Wir brauchen keine Möchtegern-Rambos im Team. Wir treten selbstsicher und stark, aber respektvoll auf“, sagt Martina. Daniela ergänzt: „Mensch ist für uns immer Mensch. Auch wenn wir es oft mit einem Klientel zu tun haben, mit dem wir privat nicht in Berührung kommen. Wir machen keinen Unterschied zwischen dem Doktor im Nobelviertel oder dem Bettler auf der Landstraße.“

Unterwegs auf der Landstraße
Wo gibt es Kuchen?
Großteils sind die Amtshandlungen negativ konnotiert. Der Hofrat am Linzer Pöstlingberg wird darauf aufmerksam gemacht, seine Hecke zurückzustutzen, weil sie auf öffentlichen Grund überragt und die Sicht einschränkt.

Falschparker werden gestraft oder abgeschleppt
Das Auto des Falschparkers wird abgeschleppt und der Bettler wird – je nach Bettelverbotszone – entweder angezeigt oder zum Gehen aufgefordert. Wobei: Die Ordnungsorgane sind auch Ansprechpersonen für Fragen aller Art: Wo ist die Mozartstraße? Wo kann man in Linz gutbürgerlich essen? Wo ist der Dom und wo gibt es den besten Kuchen?
Der Rahmen. Die Ordnungsorgane der Stadt Linz sind komplett unbewaffnet unterwegs. Sie haben nicht mal einen Pfefferspray zur Verteidigung dabei. In ihrem schweren Gurt haben sie unter anderem Handschuhe, eine Taschenlampe, das Diensthandy, Desinfektionsmittel, das Chiplesegerät für die Hunde und Sackerl für die Verwahrung der Strafzettel verwahrt.
Sie sind an sich Privatpersonen in Uniform, haben aber Organstatus. Sprich, sie dürfen Personalien kontrollieren und aufnehmen, Überprüfungen vornehmen, bei strafbaren Handlungen Personen auch festhalten und Anzeigen vornehmen.
Die Haupteinsatzgebiete sind in Linz die Überprüfung der gebührenfreien Kurzparkzonen (dort muss eine Uhr die Parkdauer anzeigen) und der Falschparker, die korrekte Hundehaltung (je nach Rasse mit Maulkorb, immer an der Leine), Bettelei, Grünschnitt sowie die Einhaltung des Alkoholverbots.
„Eigentlich gibt es nichts, wofür wir nicht zuständig sind“, lacht Daniela. Die Reaktionen aus der Bevölkerung sind meist positiv. „Wir hören sehr oft: Danke, dass es euch gibt! Manchmal beschimpft uns einer als ’teuerste Spaziergänger der Stadt’, aber das überhören wir“, ergänzt Martina.

Im Einsatz
Egal, ob Hitze oder Schnee – die Uniform, der Saison angepasst, samt Kopfbedeckung ist Pflicht. Der Dienstplan gibt vor: Sechs Tage Dienst zu je 9,5 Stunden, dann drei Tage frei. Pro Schicht verbringen die Ordnungsorgane mindestens sieben Stunden im Freien und legen dabei locker 10 bis 15 Kilometer zurück. Das ist körperlich fordernd und vor allem für alle, die neu dazukommen, anfangs belastend.
Aggression steigt
Alle Erlebnisse können im Team aufgearbeitet werden, „manchmal muss man Dampf ablassen, weil so viel passiert ist“, sagt die 53-jährige Martina. Gerade in den vergangenen Wochen seien viele Amtshandlungen eskaliert: „Die Menschen werden aggressiver.“ Als Ausgleich geht die eine ins Fitnessstudio, die andere ist mit ihrer Familie beschäftigt oder auf dem Motorrad unterwegs. Was sie motiviert: „Wir sind aus Linz nicht mehr wegzudenken.“
Kommentare