Wie der Mehrwegbecher zum Festival-Liebling wurde

Bis zu 1.200-mal wird ein Mehrwegbecher an Durstige ausgegeben, bevor er aussortiert wird. Kein Wunder, immerhin gehören die milchigen Plastikbecher längst zur Standardausstattung unzähliger Veranstaltungen, von Festivals – wie dem Nova Rock, das am Mittwoch startet – bis hin zu Sportevents.
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Dass der Becher zu einem derartigen Erfolgsschlager werden würde, war zu seiner Geburtsstunde aber alles andere als klar. Entwickelt wurden sie nämlich aus der Not heraus. „Als der Life Ball Anfang der 2000er erstmals im Freien auf dem Rathausplatz stattfand, war dort Glas verboten“, sagt Christian Chytil, Gründer von „Cup Solution“, der österreichischen Firma, die die Mehrwegbecher verleiht und verkauft. Deshalb habe man nach Alternativen gesucht.
Zahlreiche Vorteile
Der Einwegbecher wäre in der Anschaffung zwar günstiger gewesen, die Vorteile eines Mehrwegbechers mit Pfandsystem seien aber auf der Hand gelegen. Eine edlere Optik und weniger Müll auf den Straßen. Das spare wiederum Kosten.

Von den normalen Halbliterbechern fehlen pro Veranstaltung durchschnittlich 0,5 Prozent. Bei den bedruckten sind es drei bis fünf Prozent
Endgültig überzeugt waren die Gastronomen allerdings erst mit der Zeit. Es zeigte sich nämlich, dass durch die Becher bis zu 10 Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet werden konnte. „Die Leute kommen zur Bar zurück, um den Becher abzugeben. Wenn sie dann schon einmal da sind, dann konsumieren sie auch eher noch etwas“, sagt Chytil.
Eineinhalb Becher pro Gast
Der Umweltaspekt dagegen war bei der Geburtsstunde der Mehrwegbecher weniger wichtig. „Mittlerweile aber spürt man den Druck der Konsumenten.“

Wie viele Becher am Nova Rock benötigt werden, darf Cup Solutions laut eigener Aussage nicht nennen
Das Geschäft mit den robusten Plastikbechern läuft also. Das zeigen auch die Zahlen: 4,5 Millionen Becher stehen im Lager von Cup Solutions. Und die werden auch benötigt. Vermietet werden sie sowohl an kleine Events mit nur 336 Bechern, als auch an Festivalbetreiber, bei denen 1,3 Millionen Becher benötigt werden. „Wir rechnen mit durchschnittlich eineinhalb Becher pro Besucher“, sagt Chytil. Schlussendlich aber hänge das von den Gästen, der Veranstaltung und der Dauer des Events ab.
Einige kommen nicht zurück
Um ein bis drei Euro Pfand gehen die Becher über den Tresen und zu den Kunden. Und meistens kommen sie auch wieder zurück, sagt Chytil. Von den normalen Halbliterbechern fehlen pro Veranstaltung durchschnittlich 0,5 Prozent. „Die bedruckten Becher sind beliebter. Da kommen drei bis fünf Prozent nicht mehr zurück.“
Kaffee im Mehrwegbecher
Apropos zurückkommen: Ein Pfandsystem mit Mehrwegbecher soll es bald nicht mehr nur auf Veranstaltungen geben. Christian Chytil will auch den Kaffee zum Mitnehmen revolutionieren. Schließlich würden täglich rund 800.000 Einweg-Kaffeebecher allein in Wien anfallen, sagt er.

So sehen die Mehrweg-Kaffeebecher aus
Das Konzept: Mit „MyCoffeeCup“, so der Name des Projekts, sollen Kunden ihren Kaffee in teilnehmenden Filialen im Mehrwegbecher kaufen und dafür rund einen Euro Pfand zahlen. Den leeren Becher kann man anschließend in jedem weiteren Partnerbetrieb oder beim Automaten zurückgeben. Begonnen hat das Projekt schon vor Corona, dann lag es für zwei Jahre still. „Das Thema Nachhaltigkeit hat sich aber doch wieder durchgesetzt, weshalb wir jetzt weiterarbeiten“, sagt Chytil.
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Mehr als 250 Betriebe österreichweit beteiligen sich derzeit. Für ein funktionierendes Pfandsystem müssen es aber noch mehr werden, sagt Chytil. Erst dann kann auch der Kaffeebecher durch mehrere Hundert Hände gehen.
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