Wie Betreuung am Land funktionieren kann: Vier Dörfer und eine Krabbelgruppe

Wie Betreuung am Land funktionieren kann: Vier Dörfer und eine Krabbelgruppe
Von der Kooperation mehrerer Kommunen profitieren in Oberösterreich alle Beteiligten: Kinder, Eltern und Gemeinden.

Ein Kindergarten ist ein Gewinn für jede Kommune – selbst wenn er mit Kosten verbunden ist. Davon ist Nicole Leitenmüller, Bürgermeisterin der Marktgemeinde Lembach in Oberösterreich, überzeugt.

Doch viele Gemeinden sind zu klein, um eine Betreuung für Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren anzubieten – die Gruppen wären nicht ausgelastet und somit teuer.

„Doch Not macht erfinderisch“, sagt die 34-jährige Ortschefin (ÖVP). Deshalb hat sich Lembach mit seinen gut 1.500 Einwohnern mit den drei Gemeinden Putzleinsdorf, Niederkappel und Hörbich zusammengetan, um eine Krabbelgruppe anzubieten. Der Vorteil: „Die Eltern wissen, dass der Betreuungsplatz bei uns nachhaltig gesichert ist“, sagt Leitenmüller, die selbst an einer BAfEP unterrichtete – einer Schule, die angehende Kindergärtnerinnen ausbildet.

Die Gemeinde profitiert

Die Kinderbetreuung hat positive Auswirkungen auf die Kommunen, weiß Nicole Leitenmüller: „Wenn Eltern mehr arbeiten können, fließt auch mehr Geld ins Gemeindebudget.“ Viele Eltern können es sich zudem gar nicht leisten, zu lange zu Hause zu bleiben. „Ich erinnere mich an eine Mutter, die aus finanziellen Gründen bereits nach einem Jahr wieder zu arbeiten begonnen hat. Anfangs war sie etwas skeptisch, doch nach drei, vier Monaten stellte sie begeistert fest, was ihr Kind in der Krippe nicht alles gelernt hat – selber essen oder Schuhe mit dem Klettverschluss zumachen.“

Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung ist ein entscheidender Faktor, um junge Menschen in der Gemeinde zu halten oder sie zu motivieren, hierher zu ziehen – „für viele Familien ein ausschlaggebendes Kriterium bei der Wahl ihres Wohnorts.“

Als Bürgermeisterin erlebt sie auch, wie der Kindergarten den Zusammenhalt in der Gemeinde stärkt und es Zugezogenen ermöglicht, sich in die Gemeinschaft zu integrieren: „Wir machen hier viele Feste gemeinsam, wie den Martinsumzug oder Weihnachtsfeiern. Das gibt Eltern die Möglichkeit, auch andere Familien kennenzulernen.“

Der Oma winken

Außerdem ist der Kindergarten sichtbar in der Gemeinde: „Wenn die Kinder einen kleinen Ausflug machen, freuen sich die Omas und Opas, wenn sie die Buben und Mädchen sehen. Nebenbei stellen die Großeltern auch fest, dass der Kindergarten eine gute Einrichtung für die Enkel ist.“ Das Dorf als Familie.

Bei den Familienstrukturen hat sich viel geändert – auch auf dem Land. „Die Großfamilie, wo vom Enkel bis zur Uroma alle in einem Haus leben, gibt es im Dorf kaum noch. Auch bei uns sind die Eltern auf eine außerhäusliche Betreuung angewiesen.“

Leitenmüller hält übrigens nichts davon, zu erheben, wie viel Krippenplätze eine Kommune benötigt: „Wir müssen den Familien die Plätze anbieten. Die wissen oft erst später, ob sie ihn brauchen. Hat jemand zum Beispiel ein acht Monate altes Kind, kann er sich oft nicht vorstellen, dass er es in einem halben Jahr in die Krippe gibt. Ist es dann 14 Monate alt, hat es solche Entwicklungsschritte gemacht, dass die Eltern dann spontan einen Platz brauchen“, weiß die junge Bürgermeisterin aus Erfahrung.

Ein Segen für die Familien, aber eine Herausforderung für die Kommunen: „Kindergärten zu bauen und zu betreiben, ist für uns eine große Aufgabe. Die bürokratischen Hürden sind dabei nicht immer leicht zu überwinden.“ Auch finanziell sei eine Kinderkrippe nicht leicht zu stemmen: „Doch weil wir Gemeinden uns zusammengetan haben, haben wir vom Land eine höhere Förderung bekommen“, erzählt sie.

Das größte Problem sei aber nicht das Geld, sondern ausreichend Personal zu bekommen. Abhilfe würden bessere Rahmenbedingungen in den Kindergärten schaffen – etwa kleinere Gruppen.

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