Wahlen in Tirol: Pandemie und MGF könnten es ÖVP schwierig machen

Wahlen in Tirol: Pandemie und MGF könnten es ÖVP schwierig machen
Laut Experten könnte der Partei auch Rückenwind aus dem Bund fehlen.

Die Tiroler Gemeinderatswahlen könnten nach Einschätzung von Polit-Berater Thomas Hofer ein schwieriges Terrain für die ÖVP werden. Bei der ersten Wahl nach dem Abgang von Ex-Kanzler und Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz werde die Volkspartei keinen Rückenwind mehr von der Bundesebene haben - "im Gegensatz zur ersten Phase" der ÖVP unter Kurz. "Natürlich gibt es diesen Sebastian Kurz-Rückenwind nicht, das wird man vielleicht spüren", sagte auch Meinungsforscher Peter Hajek.

Grundsätzlich seien Lokal-Wahlen wie die Gemeinderatswahlen am 27. Februar aber "ganz stark geprägt von den Umständen vor Ort", betonte Hajek im APA-Gespräch. Die Frage sei immer, ob der jeweilige Bürgermeister die Lage im Griff habe, es Unzufriedenheit gebe oder etwa ein Generationswechsel anstehe. Sollte es ein "politisches Vakuum" geben, dann stehen jeweils die Chancen für die Opposition deutlich besser, so der Experte.

Polit-Berater Hofer verwies - wie auch Hajek - auf das Gemeinderatswahlergebnis im niederösterreichischen Waidhofen an der Ybbs vom 30. Jänner. Dort musste die ÖVP kräftige Verluste hinnehmen (von 60,2 auf 41,33 Prozent) und verlor ihre 2017 errungene absolute Mehrheit. Während die SPÖ und die Liste FUFU Zugewinne verbuchten, holte die impfkritische Partei MFG (Menschen-Freiheit-Grundrechte) auf Anhieb 17,08 Prozent und damit Rang drei.

"Anti-Establishment"

"MFG hat Möglichkeiten - nicht nur wegen des Corona-Themas an sich, sondern weil es ein gewisses Anti-Establishment gibt, das sie bedienen", so Hajek. Bisher habe hauptsächlich die FPÖ diese Bedürfnisse bedient, "jetzt gibt es halt eine Gruppierung, die das auch im Angebot hat, aber mit der FPÖ nichts zu tun hat". Auch Hofer glaubt, dass die Gruppierung bei den Gemeinderatswahlen Chancen hat. Zwar kenne man kaum deren Repräsentanten, die Impfgegner würden aber auf einer "Welle" schwimmen und eben Themenkonjunktur haben.

Inwiefern das Ergebnis auch Auswirkung auf die Bundesebene haben könnte, werde etwa bei der ÖVP auch von den Ergebnissen in wichtigen Gemeinden abhängen, sagte Hajek. Gleichzeitig betonte er den regionalen Charakter dieser Wahlen, man dürfe das daher auch nicht überbewerten.

"Stilwende" von Nehammer

Aus Hofers Sicht kann der Druck auf ÖVP-Chef Karl Nehammer trotzdem steigen - und zwar dahin gehend, dass er der nach außen signalisierten "Stilwende" auch eine inhaltliche Positionierung folgen lassen müsse. Die ÖVP befinde sich in einer Defensiv-Situation und mit dem U-Ausschuss lauere im Frühjahr "die nächste Defensiv-Situation", meinte der Experte. Der grüne Koalitionspartner werde - trotz des Dämpfers nach der Aufregung um den "Sideletter" zum Regierungsübereinkommen - "ihre neu gefundene Stärke in der Regierung" weiterhin zu nützen versuchen. "Da wird der Druck auf Nehammer steigen, ein eigenes Profil zu entwickeln." Das Leaken des Sideletters wertet Hofer - "von wem auch immer gesteuert" - als einen "Schuss vor den Bug der Grünen", nach dem Motto "Ihr seid auch verwundbar".

Auch steige bei den Parteien die Nervosität aufgrund der 2023 anstehenden Landtagswahlen. Mit den Urnengängen in Niederösterreich, Tirol und Salzburg (neben der Wahl in Kärnten) stehen für die ÖVP wesentliche Wahlen an. "Da werden die jeweiligen schwarzen Landeshauptleute natürlich vermeiden wollen, dass es dort zu 'Ventilwahlen' kommt - dass ein dominierendes Thema oder eine Stimmung sozusagen die eigene Performance massiv drückt", sagte Hofer mit Blick etwa auf die Corona-Politik.

"Markenkern FPÖ"

Der Aufstieg für Gruppierungen wie die MFG durch die Corona-Maßnahmen ist für Hofer auch einer der Gründe, dass auf der Bundesebene nicht nur die ÖVP, sondern auch andere Parteien vorgezogene Nationalratswahlen jetzt "nicht gerne sehen würden". Auch die FPÖ, die zwar auch auf der "Corona-Welle" schwimme, könne nach der Pandemie - wohl im Gegensatz zu MFG - mit anderen Themen punkten. Parteichef Herbert Kickl wisse, dass er es schaffen könne, die insgesamt negative Stimmung auf andere Bereiche auszudehnen - etwa die Migration oder Maßnahmen gegen den Klimawandel. Er versuche generell, den "ehemaligen Markenkern der FPÖ" (gegen "das System" zu sein) wiederzubeleben.

Auch für SPÖ, Grüne und NEOS würde ein erfolgreiches Antreten der MFG auf Bundesebene ein gewisses Problem darstellen, so Hofer. So wäre dann etwa eine allfällige Dreierkoalition schwieriger zu realisieren.

Für die FPÖ sieht Hajek in Tirol keine allzu großen Erfolgsaussichten, dort habe sich die Partei nie sonderlich leichtgetan, das Land sei immer schon ein "schwerer Boden" für die Freiheitlichen gewesen. Dasselbe gelte für die SPÖ, das "Heilige Land" sei auch für die Sozialdemokratie kein "einfaches Pflaster". Die Grünen hingegen haben für Hajek durch die langjährige Regierungsbeteiligung im Land mittlerweile ein "anderes Standing". Das und etwa auch der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi verschaffe den Grünen Rückhalt sowie auch Ressourcen. Für die NEOS erwartet Hajek hingegen bei den Tiroler Gemeinderatswahlen, dass sie sich eher "schwertun". Tirol sei ein ausgeprägt konservatives Land, da habe es eine liberale Partei schwer, so der Meinungsforscher.

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