Bergtragödie am Traunstein mit zwei Toten: Retter zusehends am Limit
Stundenlang sollten die Bergretter aus Gmunden am Wochenende unter widrigsten Bedingungen im Einsatz stehen. Immer wieder lösten sich kleine Lawinen aus der Nordwand des Traunsteins, dem sogenannten Nordwandkessel.
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Jener Bereich, in dem seit Samstag Abend zwei erfahrene Alpinisten als vermisst galten und unter Hochdruck von den Freiwilligen sowie von der Alpinpolizei und einem Hubschrauber gesucht wurden. Ein 32-Jähriger aus Pettenbach und ein 26-Jähriger aus Timelkam waren offenbar zu einer Eistour aufgebrochen. Als sie sich nicht meldeten, schlug die Freundin des 26-Jährigen Alarm.
Beide Männer tot
Am Sonntagnachmittag kam dann jene Meldung, die traurige Gewissheit brachte: Beide Männer wurden tot aufgefunden. Zunächst der 32-Jährige, wenig später auch sein Bergkamerad. Die Identität des 26-Jährigen war bis zu Redaktionsschluss noch nicht bestätigt. Ebenso wenig wie der Unfallhergang. Als sehr wahrscheinlich gilt, dass die Männer von einer Lawine erfasst wurden und keine Chance hatten.
Bergretter verletzt
Das Bergunglück lässt erneut eine Frage ins Zentrum rücken: Wie sehr stoßen Freiwillige bei Einsätzen wie diesen selbst ans Limit?
Am Traunstein wurde ein Bergretter am Samstagabend so schwer verletzt, dass er mit einem Beinbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. „Dem Kollegen geht es den Umständen entsprechend gut“, sagte Andreas Spitzbart, Ortsstellen-Stellvertreter der Bergrettung Gmunden, der auch am Traunstein im Einsatz war.
15-Stunden-Einsatz am Großglockner
Wie sehr Bergretter gefordert sind, war erst am vorvergangenen Wochenende auf Österreichs höchstem Berg, dem Großglockner, deutlich geworden. Drei Tschechen, die trotz Schlechtwetter die Erstbesteigung einer neuen Route versucht hatten, mussten bei Wind, Schnee und Kälte in einem 15 Stunden dauernden Einsatz gerettet werden.
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Die Bergretter, die wegen des schlechten Wetters nicht auf einen Hubschrauber zurückgreifen konnten, mussten sich über 200 Meter abseilen, um zu dem Trio zu gelangen. „Da darf man nicht vergessen, dass die Bergretter ja vor den 15 Stunden auch schon was getan haben“, erklärt Peter Tembler, Ortsstellenleiter von Kals und Chef jener Bergretter, die am Glockner im Einsatz waren.
Seit mehr als 40 Jahren ist er selbst Bergretter. Werden die Leute leichtsinniger?
„Sie trauen sich mehr zu als früher, gehen die Dinge unbekümmerter an“, sagt Tembler. „Aber die Menschen kennen auch ihre Grenzen weniger.“
Ego ist "eben ein Luder"
Bei den geretteten Tschechen sei eine Schuldeinsicht jedenfalls nicht vorhanden gewesen. „Was für mich schwer zu verstehen ist, weil wenn ich heute nicht mehr weiterkomme am Berg und Hilfe brauche, dann suche ich den Grund zuerst bei mir und nicht bei allen anderen. Aber das eigene Ego ist eben ein Luder“, sagt Tembler.
Nicht retten undenkbar
Fragt man Tembler, ob man umgekehrt als Bergretter erwägen würde, nicht rauszugehen, wenn die Bedingungen schwierig sind, kommt die Antwort schnell.
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„Nein, einen Menschen in Not nicht zu holen, kommt nicht infrage. Wer so denkt, muss von der Bergrettung weggehen. Man kann nicht vorher wissen, ob der Betroffene einen Fehler gemacht hat. Und selbst wenn – wir sind nicht da, um jemanden zu verurteilen oder einen Fehler zu bestrafen.“
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